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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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sein?«
    »Wir sind im Nu fertig«, versicherte Taneesha. »Heben Sie die Arme.«
    Ivy hob die Arme. Taneesha begann sie abzuklopfen.
    »Jetzt die Beine.«
    »Meine Beine?«
    »Sie müssen sie spreizen.«
    Ivy spreizte die Beine. Taneesha glitt mit der Hand an beiden auf und ab; langsam, sorgfältig, gründlich folgte sie den Säumen von Ivys Höschen.
    »Fertig«, verkündete Taneesha und richtete sich auf.
    Sie hatte nur ihren Job gemacht, und sie hatte ihn gut gemacht, aber Ivy konnte sie nicht länger auf dieselbe Weise ansehen. Taneesha erkannte das, und auch in ihrem Blick fand eine Veränderung statt.
    »Er ist hier hinten am Ende«, sagte Taneesha. Sie führte Ivy an fünf oder sechs leeren Zimmern vorbei, in denen die Betten bis auf die kahle Matratze abgezogen waren. Vor dem letzten Zimmer stand ein Klappstuhl, auf dem Boden davor lagen Zeitschriften verstreut.
    »Yo!«, rief sie. »Besuch.«
    Ivy zögerte vor der Tür.
    »Los, gehen Sie rein«, sagte Taneesha.

    Ivy trat ein. Kleines Zimmer, schmutziges Fenster, seltsamer Geruch. Nur ein Bett: Harrow lag darauf, an eine Infusion angeschlossen, mit nackter Brust, der Rest von ihm war mit einem Laken zugedeckt. Er wirkte zu dünn, seine Gesichtsmuskeln traten zu deutlich hervor, unter seinen Augen lagen violette Schatten. Die Augen selbst hatte er geschlossen, ein Lid zuckte ein wenig. Ivy war so damit beschäftigt, alle Einzelheiten aufzunehmen, dass sie das Offensichtliche beinahe übersehen hätte: Harrow war ans Bett gekettet.
    Ein oder zwei Sekunden hasste sie Taneesha.
    Ivy ging zum Bett.
    Harrow stöhnte im Schlaf. Er warf den Kopf hin und her, aufgeregt, wie jemand, der etwas abstritt oder zu vertreiben versuchte. Auf dem Kissen waren zwei kleine Blutflecke.
    Ivy stand am Bett. Sie wollte seine Stirn berühren, seine Temperatur fühlen. Sie hob die Hand.
    Harrows Lippen – rissig und trocken – öffneten sich. Er sprach, mit flüsternder, schwacher Stimme, fast nur ein Hauch. »Wie kann ich?«, sagte er. Seine Lippen bewegten sich weiter, doch tonlos. Dann kehrte der Klang zurück. »Wie kann ich das zulassen?« Erneut schwieg er. Von draußen hörte man ein Knarren, als Taneesha auf ihrem Stuhl herumrutschte. Harrow atmete tief ein und mit einem Seufzer wieder aus.
    »Felix«, sagte er.
    Seine Augen öffneten sich. Sie wanderten zu Ivy. Seine Augen: noch immer so überraschend dunkel, doch matt jetzt, wie die Kopie einer Kopie.
    »Hi«, sagte sie.
    »Prof«, sagte er. Seine Stimme klang jetzt ein wenig kräftiger, aber heiser und kratzig. Seine Hände waren links und rechts mit einer einen Fuß langen Kette an die Seitenteile des Bettes gefesselt. Die Kettenglieder an den Seitenteilen konnten ungefähr die gleiche Strecke zwischen zwei vertikalen Haltern hin und her gleiten. Harrow konnte sich ein wenig bewegen, doch vermutlich nicht genug, um sich auf die Seite zu drehen.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte Ivy.
    Er leckte seine Lippen: so trocken und rissig, seine Zungenspitze knochenweiß. »Ich habe nichts für Sie«, sagte er.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Keine Seiten, Prof«, sagte er. »Hatte in letzter Zeit keine Einfälle.«
    »Das ist in Ordnung«, sagte Ivy. Sie sah sich nach Wasser um, entdeckte einen Plastikbecher auf einem dieser hohen Rolltische aus Stahl, weit außerhalb seiner Reichweite. Und leer. »Möchten Sie etwas Wasser?«
    Harrow nickte, eine leichte Bewegung des Kopfes; an seinem Hals stand eine Sehne hervor. Ivy ging mit dem Becher in den Flur. Taneesha saß auf ihrem Stuhl, den sie gegen die Wand gekippt hatte, ihre Lider waren schwer. Sie öffneten sich flatternd.
    »Er braucht Wasser«, sagte Ivy.
    Taneesha wies auf einen Trinkbrunnen. Ivy füllte den Becher und kehrte in Harrows Zimmer zurück.
    »Hier.«
    Er stemmte sich auf die Ellbogen – jede Bewegung begleitet von metallischem Klirren – und drückte sich hoch, wobei sein Gesicht noch ein wenig bleicher wurde. Ivy hielt ihm den Becher an den Mund, aber das wollte er nicht. Stattdessen stützte er sich mit einer Hand auf dem Seitenteil ab und hob die andere. Ivy gab ihm den Becher.
    Harrow beugte sich zum Wasser, die Ketten spannten sich, sein Körper gekrümmt und verdreht. Er schaffte es gerade so, den Becher an den Mund zu führen. Harrow trank, sein Adamsapfel hüpfte auf und ab. Der Becher leerte sich. Ivy nahm ihn.
    »Gut?«
    »Ja.«
    »Mehr?«
    »Nein.«
    Er ließ sich zurück auf das Kissen fallen, aber nicht, ehe sie die Verbände auf seinem Rücken

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