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German für Deutsche

German für Deutsche

Titel: German für Deutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Wueller
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lernen hatten.
    Wer kann also Englisch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit? Jüngere und mittelalte Westdeutsche im Erwerbsleben mit normalen Schulkarrieren. Und die Alten, die qua Bildung und Status zum oberen Drittel der Gesellschaft gehören.
    Insgesamt sinkt der Anteil der Nichtsprecher bei uns langsam, aber beständig. Der immer früher einsetzende Englischunterricht in den Schulen, dazu immer mehr Fort- und Weiterbildungen in Sachen Englisch zeigen Wirkung. Englisch ist bei uns erst seit 1964 Pflichtfach an weiterführenden Schulen. Jahrgänge ab etwa 1955 haben also schon daher deutlich bessere Englischkenntnisse. Absehbar ist daher das Aussterben eines großen Teils der heutigen Nichtsprecher qua Alter.
    Der Rest ist Sache des Bildungssystems. Das hat seine Macken (oder strukturellen Probleme). Die zeigen sich aber auch in Schwächen bei Mathematik oder Naturwissenschaften. Nur weil unser Bildungssystem manches Wissen nicht wünschenswert breit oder tief oder vernetzt bei Schülern verankern kann, werden die betreffenden Fächer ja nicht auf eine Schwarze Liste gesetzt. Englisch ist und bleibt wichtiges Lernziel. Und die übergroße Mehrheit der Deutschen (82 Prozent nach einer Forsa-Umfrage von 2012) halten ordentliche Englischkenntnisse für unabdingbar.
    Daher: Das beste Mittel gegen schlechtes Englisch und falsch genutzte Anglizismen ist ein früher und intensiver Englischunterricht. Dazu ein passender Deutschunterricht samt Anglizismenkunde. Und, um den Anspruch noch höher zu schrauben: eine vergleichende Sprachkunde, in der vermittelt wird, wie Sprachen sich entwickeln und beeinflussen. Überforderung? Vielleicht. Aber das wäre nicht der Sprache anzulasten, sondern einer Welt, die uns überfordert. Ein anderes Thema. Vor allem Sprachkritiker sollten das bedenken, wenn sie viel zu tief zielen mit ihrer Kritik und die Kugeln nur Sand aufwerfen, der die Sicht aufs Schlachtfeld behindert.
    Müssen alle alles verstehen?
    » wer heute zu tag in unsere branch kein basic english kann … ist ganz schone verloren … oder?« Forumsbeitrag auf www-3d.worxx.com, einer Website zum Themenkreis 3-D-Graphikanwendungen ( 9-2 005).
    Ist es nun gleichgültig, dass von Englischunterricht abgeschnittene Menschen, gleich welchen Alters, heute etliche Anglizismen nicht verstehen? Nein, beileibe nicht. Ich bin sehr dafür, dass an unseren Volkshochschulen mehr Englischkurse für Erwachsene zu günstigen Preisen angeboten werden. Dass die betriebliche Weiterbildung Sprachkompetenz als wichtiges Ziel verankert. Ich bin allerdings dagegen, dass Anglizismen aus unserer Sprache verschwinden, nur weil bestimmte Gruppen damit nichts anfangen können.
    Der Anspruch, dass alle alles verstehen können müssen, was in der Öffentlichkeit an Botschaften abgesondert wird, ist einer der unsinnigsten. Er basiert auf einem naiven Verständnis von Demokratie. Ich nenne diese Haltung » Demokratismus«. Demokratistisch Gesonnene wollen meist nicht nur Anglizismen, sondern auch Fremdwörter vertreiben. (Im Moment hört man davon weniger; da müsste mal wieder irgendeine Zeitung im Themen-Sommerloch einen Trendredakteur zum Anheizen vorschicken.)
    Demokratisten sind auch gegen alle Formen von Kultur, die sie nicht verstehen. Und da sie vieles nicht verstehen, sind sie gegen experimentelles Theater, anspruchsvolle Filme oder Ausstellungen mit Gegenwartskunst, die man nicht sofort als Kunst erkennt. Meist argumentieren Demokratisten, dass » wir«, » der Staat« oder ähnliche Kollektivsubjekte, in so was keine Fördergelder stecken sollen. Sie argumentieren mit dem Marktprinzip: Musicals darf es demnach geben, weil die Karten nicht subventioniert sind. Das Stadttheater darf überleben, wenn es nicht übertreibt. Und die jungen Leute sollen lieber was Anständiges machen, als ihre subkulturellen Spielchen zu treiben, die eh kein Normalbürger versteht.
    Ich schweife ab. Es geht um Anglizismen. Aber gerade deren Auftreten wird nicht staatlich gefördert. Es wird bezahlt. Von Konsumenten, von Medienkäufern, die sich genau ihr Medium samt passendem Stil und Wortschatz aussuchen. Die übergroße Mehrheit nicht nur der Anglizismen, auch der Fremdwörter, der schwierigen Wörter, der komplizierteren Sätze, der gehobeneren Stilformen und dahinter auch: der anspruchsvolleren Gedankengänge wird von Menschen ganz bewusst gewählt, gekauft und rezipiert.
    Anglizismen, Fremdwörter, einfache oder schwierige Texte sind Teil des Marktes. Wer Anglizismen

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