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Germania: Roman (German Edition)

Germania: Roman (German Edition)

Titel: Germania: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Gilbers
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hinterließ. Gleichzeitig spürte er in sich auch den Reflex eines Mordkommissars, spürte, wie sein Gehirn auf altgewohnte Weise in die Gänge kam und seinen anfangs noch störrischen Augen den Befehl gab, genauer hinzublicken.
    »Erzählen Sie uns, was Sie sehen«, befahl Hauptsturmführer Vogler.
    Daran, dass der Körper dieser Frau zerstört war, blieb kein Zweifel. Als er die stählernen Markierungspfähle registrierte, die neben dem Leichnam in den Boden gerammt waren, wusste er, dass die Männer von der Spurensicherung längst mit ihrem Mordauto eingetroffen waren, um die ermittlungstechnische Untersuchung abzuwickeln. Unwillkürlich wollte Oppenheimer nach weiteren Hinweisen Ausschau halten, die den Spezialisten vielleicht entgangen waren, doch dann stutzte er.
    Plötzlich ging ihm die Frage durch den Kopf, was er hier eigentlich zu suchen hatte. Er war schon längst suspendiert. Nach Hitlers Machtergreifung hatte man ihn, wie alle anderen Juden, aus dem Staatsdienst entfernt. Ins Mordkommissariat durfte er offiziell keinen Fuß mehr setzen, und dennoch stand er jetzt vor einer toten Frau.
    Er blickte die Umstehenden fragend an. Panik kam in ihm auf. Wollten sie ihm einen Mord in die Schuhe schieben? Für so erfinderisch hatte er den Sicherheitsdienst nicht gehalten. Eine einfache Grube und ein Projektil in seinem Kopf hätten genügt, um Oppenheimer für immer verschwinden zu lassen. Warum dieser Aufwand?
    »Können Sie uns keine Hinweise geben?«, fragte Vogler. »Sie enttäuschen mich. Ich hatte gewisse Hoffnungen in Sie gesetzt.« Er reichte ihm seine Taschenlampe.
    Zögernd nahm Oppenheimer sie entgegen. Also Hinweise wollten sie von ihm. Er hatte keine andere Wahl, als mitzuspielen.
    Bedächtig wandte er sich der Toten zu. Mit rauher Stimme begann er zu sprechen.
    »Ich schätze sie auf vielleicht fünfundzwanzig Jahre. Es gibt Strangulationsmerkmale an ihrem Hals. Wahrscheinlich ist das die Todesursache.«
    War es das, was die Männer von ihm hören wollten? Ihre trüben Mienen zeigten Desinteresse. Nur Hauptsturmführer Vogler schien bemüht, den Ausführungen zu folgen. Oppenheimer wollte den Körper abtasten, doch er hielt inne und wandte sich fragend an den Hauptsturmführer. »Kann ich sie anfassen?«
    »Tun Sie, was Sie für richtig halten«, antwortete Vogler.
    Vorsichtig befühlte Oppenheimer den Unterkiefer. Er ließ sich nur schwer bewegen. Die Handmuskulatur war hingegen verhältnismäßig locker.
    »Die Totenstarre ist noch nicht sonderlich ausgeprägt. Körperabwärts hat sie teilweise noch nicht eingesetzt. Der Mord ist also erst vor kurzem geschehen. Ich schätze, etwa vor sechs Stunden. Aber ich könnte mich täuschen, bei Kälte setzt die Starre langsamer ein. Die Ärzte werden das exakter bestimmen können. Die Handgelenke sind wund gerieben. Wahrscheinlich war sie gefesselt.«
    Oppenheimer richtete sich auf, betrachtete den Leichnam wieder zur Gänze. Der Unterleib der jungen Frau war genau zum steinernen Stumpf des Denkmals ausgerichtet, ihre Beine waren wie zum Liebesakt gespreizt. Die Position der Leiche wirkte geradezu pedantisch ausgewählt. Der Täter hatte viel Zeit damit verbracht, den toten Körper in dieser obszönen Weise vor dem Mahnmal zu arrangieren.
    An der Innenseite eines Beins registrierte Oppenheimer plötzlich einen kleinen, verkrusteten Blutfleck. Er kniete neben der Leiche nieder, um zu ergründen, woher das Blut stammte. Der SD-Mann, der ihn hergebracht hatte, wandte sich schaudernd ab. Wollte er etwa nicht mit ansehen, wie ein Jude unter den Rock eines Mordopfers schaut? Oppenheimer wusste, dass die Toten keine Indiskretion empfinden, und hob den Saum in die Höhe.
    Der Anblick, der sich ihm nun darbot, ließ ihn unwillkürlich zurückzucken. Noch im selben Augenblick verstand er die Reaktion des SD-Mannes.
    »Ist etwas?«
    Oppenheimer schüttelte auf Voglers Frage hin nur den Kopf, obwohl er spürte, wie sich seine Eingeweide zusammenkrampften. Er sog die Luft ein und reagierte, wie er es auch früher in ähnlichen Situationen getan hatte. Er schob den Ekel beiseite und konzentrierte sich darauf, methodisch vorzugehen.
    Die Frau trug keine Unterwäsche. Ihr Schoß war eine einzige große Wunde.
    »Hier ist eine große Verletzung. Die Geschlechtsteile wurden verstümmelt, vielleicht sogar entfernt.«
    Als Oppenheimer glaubte, alles gesehen zu haben, richtete er sich auf und nahm zum ersten Mal wieder seine Umgebung wahr. Irgendwo über seinem Kopf raschelten

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