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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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ohne daß sie noch die Vorsicht gebraucht hätten, den Felsen zu stützen, unbekümmert um die Gefahr und geizend mit ihrer Zeit.
    »He, Aristokrat, reiche mir Holz herauf!« rief der junge Mann Etienne zu.
    Etienne, der von Katharina lernte, wie die Schaufel zu gebrauchen sei, mußte Holz nach dem Schlag hinaufschaffen. Es war noch vom gestrigen Tage ein kleiner Vorrat da. In der Regel wurde jeden Morgen das Holz hinabgeschafft, fertig geschnitten, je nach der Dichtigkeit der Schicht.
    »Spute dich doch, verdammter Faulpelz«, rief Zacharias, als er sah, wie der neue Eggenmann inmitten der Kohlen mühselig emporkletterte, die Arme mit vier Stück Eichenholz beschwert.
    Er machte mit seiner Spitzhacke einen Einschnitt in der Decke, dann einen zweiten in der Wand; in diese Einschnitte stemmte er die beiden Enden der Hölzer und so stützte er den Felsen. Des Nachmittags holten die Erdarbeiter den Schutt, den die Häuer in den Galerien zurückgelassen und füllten damit die ausgebeuteten Gänge der Ader, wobei sie nur den unteren und den oberen Weg zur Fortschaffung der Kohle frei ließen.
    Maheu hatte aufgehört zu stöhnen. Endlich hatte er seinen Block los. Er trocknete sich mit dem Rockärmel das schweißbedeckte Antlitz und schaute nach, was Zacharias machte, der hinter ihm heraufgekommen war.
    »Laß das.« sagte er »wir sehen nach dem Frühstück ... Es ist besser, im Schlag fortzufahren, wenn wir unsere Anzahl Hunde fertigbringen wollen.«
    »Die Decke senkt sich«, bemerkte der junge Mann. »Da ist ein Riß. Ich fürchte einen Einsturz.«
    Doch der Vater zuckte mit den Achseln. Ach was, Einsturz! Das wäre auch nicht zum erstenmal; man wird dabei nicht gleich die Knochen lassen. Er wurde schließlich böse und sandte seinen Sohn zum vorderen Schlag zurück.
    Übrigens benutzten alle die Pause, um die Glieder zu recken. Levaque, der auf dem Rücken liegen blieb, fluchte, weil ihm ein niederfallender Stein den linken Daumen verletzt hatte. Chaval zog wütend das Hemd aus und entblößte so seinen Oberkörper, um weniger durch die Hitze zu leiden. Sie alle waren schon von der Kohle geschwärzt, dicht überzogen von einem feinen Staube, den der Schweiß in schwarze Bäche und Tümpel an den Leibern verwandelte. Maheu ging zuerst wieder an die Arbeit, diesmal tiefer unten am Fuße der Felswand. Der Wassertropfen fiel ihm jetzt auf die Stirne mit solcher Beharrlichkeit, daß er glaubte, ihm werde schließlich der Schädel durchbohrt.
    »Achte nicht darauf,« sagte Katharina zu Etienne; »sie schreien immer so.«
    Als folgsames Mädchen nahm sie ihre Arbeit wieder auf. Jeder beladene Hund kam so zum Tageslichte empor, wie er vom Schlage abgefahren, mit einer besonderen Marke bezeichnet, damit der Aufnahmebeamte die Ladung auf die Rechnung des betreffenden Werkplatzes setzen könne. Man mußte darauf achten, den Hund ganz voll zu machen und nur reine Kohle zu nehmen, weil sonst die Ladung zurückgewiesen wurde.
    Der junge Mann, dessen Augen sich allmählich an die Dunkelheit gewöhnten, sah das Mädchen an; sie war noch weiß, mit ihrer blutleeren Farbe, und er hätte ihr Alter nicht angeben können; er hielt sie höchstens für zwölf Jahre alt, so schwächlich schien sie ihm. Indes fühlte er, daß sie älter sei und mit der Freiheit eines Jungen sich benahm, ja mit einer naiven Unverschämtheit, die ihm ein wenig lästig war. Sie gefiel ihm nicht; er fand sie zu keck mit ihrem blassen Hanswurstkopf, an dessen Schläfen die Mütze knapp auflag. Doch setzte ihn in Erstaunen die Stärke dieses Kindes, eine nervöse Kraft, die mit großer Behendigkeit gepaart war. Sie füllte ihren Karren schneller als er, mit regelmäßigen und flinken Schaufelwürfen; dann schob sie ihn bis zu der schiefen Bahn mit einem einzigen langsamen Stoß, ohne stecken zu bleiben, und huschte unter den niedrigen Felsen mit Leichtigkeit hinweg. Er hingegen stieß überall an, entgleiste und blieb zurück.
    Es war wirklich kein bequemer Weg; die Entfernung von dem Schlage bis zu der schiefen Bahn betrug an sechzig Meter. Der Weg, den die Erdarbeiter noch nicht erweitert hatten, war ein wahrer Schlauch, mit einer Decke von ungleicher Höhe und mit zahllosen Vorsprüngen; an gewissen Stellen war knapp so viel Raum, daß der beladene Karren hindurch konnte; der Schlepper mußte sich zu Boden werfen und auf den Knien fortbewegen, um sich nicht den Schädel einzurennen. Überdies begannen die Hölzer sich zu biegen und zu brechen; man sah sie

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