Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
hinunter! Da ist ja alles in Splittern.«
    Chaval wollte reden, aber er gebot ihm Schweigen.
    »Ich weiß schon, was ihr sagen wollt. Man soll euch mehr bezahlen, nicht wahr? Gut, aber ich sage euch, daß ihr in dieser Weise die Direktion zwingt zu handeln: man wird euch die Verzimmerung besonders bezahlen und den Preis des Karrens verhältnismäßig herabsetzen. Wir wollen sehen, ob ihr dabei besser fahret. Einstweilen verzimmert mir das sogleich von neuem. Morgen komme ich wieder.«
    Unter dem Schrecken, den diese Drohung hervorbrachte, entfernte er sich. Dansaert, in seiner Gegenwart so demütig, blieb einige Augenblicke zurück, um den Arbeitern in schroffem Tone zu sagen:
    »Euretwegen habe ich Tadel zu hören ... Nehmt euch in acht! Bei mir kommt ihr mit drei Franken Strafe nicht durch!«
    Als auch er fort war, brach Maheu endlich los.
    »Bei Gott! Unrecht bleibt Unrecht. Ich will Ruhe haben, weil man nur in Ruhe sich verständigen kann; aber schließlich wird man von diesen Leuten doch in Wut gebracht ... Habt ihr gehört? Der Preis des Karrens soll herabgesetzt und die Verzimmerung besonders bezahlt werden! ... Wieder eine Art, uns weniger zu bezahlen ... Daß doch Gottes Donner drein fahre!«
    Er suchte jemanden, an dem er seinen Zorn auslassen könne, und bemerkte Etienne und Katharina, die mit hängenden Armen dastanden.
    »Schafft Hölzer herbei!« schrie er sie an. »Was hat euch das zu kümmern? Ich werde euch mit Rippenstößen antreiben!«
    Etienne ging, um sich mit Hölzern zu beladen; er grollte dem Häuer nicht wegen seiner Rauhheit, denn er selbst war dermaßen wütend über die Vorgesetzten, daß er die Grubenarbeiter viel zu gutmütig fand.
    Levaque und Chaval hatten übrigens in derben Worten ihrem Zorne Luft gemacht. Alle, auch Zacharias, waren jetzt mit wütendem Eifer bei der Verzimmerungsarbeit. Eine halbe Stunde hindurch hörte man nichts als das Krachen der Hölzer, die mit Schlägelhieben festgemacht wurden. Sie sprachen kein Wort mehr und keuchten in ihrer Erbitterung gegen den Stein, den sie mit ihren Schultern zurückgestoßen und gehoben hätten, wenn sie es vermocht hätten.
    »Jetzt ist's genug!« sagte Maheu endlich, gebrochen von Zorn und Ermüdung. Es ist halb zwei Uhr. Ein sauberer Tag; wir haben keine fünfzig Sous verdient! ... Ich gehe, es ekelt mich an.«
    Obgleich man noch eine halbe Stunde zu arbeiten hatte, kleidete er sich an. Die anderen folgten seinem Beispiele. Der bloße Anblick des Schlages brachte sie außer sich. Da die Schlepperin sich wieder an die Arbeit gemacht hatte, riefen sie sie, gleichsam verdrossen über ihren Eifer; wenn die Kohle Füße habe, solle sie von selbst hinausgehen, sagten sie. Die sechs Leute brachen mit ihren Geräten unter dem Arme auf; sie hatten zwei Kilometer zurückzulegen, um auf demselben Wege, auf dem sie morgens gekommen, zum Aufzugsschachte zu gelangen.
    In dem Kamin verweilten Katharina und Etienne einen Augenblick, während die Häuer hinabglitten. Sie begegneten da der kleinen Lydia, die mitten im Wege anhielt, um sie vorbeigehen zu lassen, und ihnen erzählte, daß die Mouquette verschwunden sei; sie sei von einem solchen Nasenbluten befallen worden, daß sie seit einer Stunde -- man weiß nicht wo -- sitze, um ihr Gesicht zu baden. Als sie das Kind verließen, schob es seinen Karren weiter. Es war erschöpft, mit Schmutz bedeckt und streckte seine Insektenärmchen und Beinchen einer mageren, schwarzen Ameise gleich, die sich, mit einer allzuschweren Last abmüht. Katharina und Etienne ließen sich jetzt ebenfalls hinunter und zogen die Schultern ein aus Furcht, sich die Haut zu zerschinden; und sie rutschten so schnell den von den Hintern der Grubenarbeiter glatt gescheuerten Felsen hinab, daß sie sich von Zeit zu Zeit an der Verholzung festhalten mußten, damit nicht ihre Hinterbacken Feuer fingen, wie sie scherzweise sagten.
    Unten befanden sie sich allein. In der Ferne sahen sie bei einer Biegung der Galerie rote Lichter verschwinden. Ihre gute Laune war weg; sie gingen mit schweren, müden Schritten dahin, sie voraus, er hinterdrein. Die Lampen kohlten nur; er sah sie kaum, wie sie, in einen rauchigen Nebel gehüllt, sich fortbewegte. Der Gedanke, daß sie ein Mädchen sei, verursachte ihm ein Unbehagen; er fühlte, daß es einfältig von ihm sei, sie nicht zu küssen, und daß die Erinnerung an den andern ihn daran hindere. Sicherlich hatte sie ihn belogen: der andere war ihr Liebhaber, und sie lagen auf jedem

Weitere Kostenlose Bücher