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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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triffst,
    dann such nicht gleich das Weite.
    Komm ihnen auch nicht allzu nah.
    Wechsle die Straßenseite.
    Doch meistens treffen sie ja dich.
    Dann wird zu dritt geschritten:
    Primärkrebs links, Zweittumor rechts,
    das Schlachtkind in der Mitten.
    Asymmetrie
    Sie rieten mir zu.
    Ich spielte mit.
    Ich sagte: Nur zu.
    Zeigt euren Schneid!
    Sie haben mich geschnitten.
    Sie nähten mich mit Müh.
    Ich habe es erlitten
    Und nun ist es zu spät.
    Sie haben den Körper aufgetrennt
    mit elend scharfen Messern.
    Der ich bis dahin war, der Mensch,
    den taten sie verschlechtern.
    Sie schnitten in die Kreuz und in die Quere.
    Sie schnitten ins Gewebe und ins Fett.
    Was dann geschah, als sie das Fleisch vernähten,
    das war, bei Licht betrachtet, nicht so nachvollziehbar.
    Der Mann ist ein Muster an Symmetrie,
    Das gilt seit Kain und Abel.
    Brustwarze links, Brustwarze rechts,
    und mittendrin der Na Sie wissen schon.
    Der hängt an alter Stelle.
    Kein Grund, das groß zu loben,
    denn meinen Nabel hat es
    zwei Zoll nach rechts verschlagen.
    Ich spiegle mich:
    Du armes Mensch!
    Wie heißt dein Schöpfer?
    Frankenstein?
    Von viel zu viel
    Ich bin viel krank.
    Ich lieg viel wach.
    Ich hab viel Furcht.
    Ich denk viel nach:
    Tu nur viel klug!
    Bringt nicht viel ein.
    Warst einst viel groß.
    Bist jetzt viel klein.
    War einst viel Glück.
    Ist jetzt viel Not.
    Bist jetzt viel schwach.
    Wirst bald viel tot.
    Vom Paar
»Wenn ich einen Stoff eintrage, von dem
ich nicht weiß, wie er beschaffen ist,
öffnen sich mir nur die Tore des Indus und Samarkands,
und die Dichtung Persiens, die weder mit dem einen
noch dem anderen Ort etwas zu tun hat,
liefert mir mit ihren Vierzeilern, deren dritter Vers reimlos ist,
eine ferne Stütze für meine Unruhe.«
Fernando Pessoa
    Über unserm Leben liegt ein Schatten.
    Tag für Tag läßt er mich mehr ermatten.
    Nacht für Nacht läßt er sie stärker fühlen,
    was wir jetzt sind und was wir mal hatten.
    Niemals, hör ich, wird der Schatten weichen.
    Was als Wink begann, ist nun ein Zeichen,
    das uns Nacht für Nacht die Richtung anzeigt:
    Was euch früher einte, könnt ihr streichen.
    Welt im Wandel
    Ich bin nicht mehr, der ich mal war.
    Das wird mir täglich schmerzhaft klar.
    Doch daß ich weiß, wer ich mal war,
    verdank ich dem, der ich heut bin:
    Die Zeit macht dich nicht nur zur Sau,
    sie macht auch schlau, macht sogar Sinn.
    Wunsch
    Ach, gebt mir irgendwas,
    was mich vergessen läßt,
    daß ich vergessen will
    und nicht vergessen kann.
    Der Haufen dessen wächst,
    was ich vergessen muß.
    Wächst nirgendwo ein Kraut,
    das dem Erinnern wehrt?
    Ich fräß es büschelweis,
    solang bis ich vergeß,
    was dieses Kraut bewirkt
    und wie es heißt:
    Bratwurst?
    Strategien
    Die Krankheit greift den Menschen an:
    Hierhin. Dahin.
    Bis er's nicht mehr mit ansehn kann:
    Dies hierhin. Dies dahin.
    Bis er sich nicht mehr ansehn kann:
    Nicht hierhin. Nicht dahin.
    Bis er begreift: Bin abgetan.
    Bin hier hin. Geh dahin.
    Von den Nebenwirkungen
    Gut und schlecht
    Die gute Nachricht
    macht nichts verkehrt.
    Sie wird überbracht,
    und die Welt scheint verklärt.
    Aber die schlechte Nachricht!
    Die schlechte Nachricht
    macht's niemandem recht.
    Wie du sie auch drehst,
    sie ist und bleibt schlecht–:
    So klingt keine gute Nachricht!
    Abschied und Willkomm
    Es war in Frankfurt. Mir gings gut,
    wie einem, der verreisen tut.
    Ich packte grad die Koffer mein,
    da traf die schlechte Nachricht ein.
    Ich reiste ab und hatte Glück:
    Die schlechte Nachricht blieb zurück.
    Vier Tag lang lag sie hinter mir,
    jetzt fahr ich heim. Das meint: Zu ihr.
    Noch sitz ich in der Eisenbahn,
    bald wird die Haustür aufgetan.
    Und mich lacht als wie ihren Mann
    die treue schlechte Nachricht an.
    Als er von Tag zu Tag
1 kg weniger wog
    Sollst dich nicht am Durchfall stören.
    Sollst auf ihn hören:
    Abnehmen, abnehmen -
    oder willst du noch etwas ins Grab nehmen?
    Abspecken, abspecken -
    oder willst du rund und feist im Grab stecken?
    Abmagern, abmagern -
    oder willst du mehr als nur den Rest ins Grab lagern?
    Na also!
    Bald bist du ein Gerippe
    Fehlt nur noch eine Hippe
    Und schon schafft der Freund Hein
    Nicht mehr so ganz allein.
    Bis dahin aber heißt es:
    Abnehmen, abnehmen -
    du kannst nun mal nichts mit ins Grab nehmen.
    Nicht einmal deinen Durchfall…
    Vom Fall ins All
    Was ich auch immer nehme auf,
    beim Durchfall geht es drauf und drauf.
    Und nähm ich noch mehr auf und aufer,
    auch das ging laufend drauf und draufer.
    So

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