Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006
voller Wunder,
staunend nehme ich sie wahr:
So die Alpen und die Berge
So die Sterne hell und klar
So die Weser und die Flüsse
So die Himmel hoch und hehr -
doch das größte aller Wunder
sind die Ostsee und das Meer.
Namensfindung
Der Vornami ward rasch gefunden:
Als Tsunami wurd sie entbunden,
die Woge, die im Dunkel ließ,
wie sie wohl mit Nachnami hieß.
Ein Vergleich
Das Innre der Walnuß,
das menschliche Hirn:
Ein Vergleich erlaubt seltsame Schlüsse.
Ach da kommt sie her,
die Wendung, die heißt:
Mein Freund, gleich gibts eins auf die Nüsse.
Couplet-Fragment
Aus Stockholm kam der Anruf,
Nobelpreis stünde an.
Verleihung wäre Samstag.
Die Frau sagt: Lieber Mann,
wir warn schon zweimal auswärts,
und dreimal hat kein Stil–:
Drei Abende in Reihe
sind meiner Frau zuviel.
Für Sabine
Sabine, Sabine,
du bist wie 'ne Lawine:
Wenn haltlos die Lawine rollt,
ist mir, als ob Sabine tollt.
Wenn donnernd die Lawine kracht,
klingt es, als ob Sabine lacht.
Wenn nach mir die Lawine faßt,
glaub ich, daß die Sabine spaßt.
Und wenn mich die Lawine deckt,
denk ich, daß mich Sabine neckt:
Lawine, Lawine,
wie gleichst du der Sabine!
Mittagsfragen an die Katz
Haste jut jefuttert?
Wurdste jern bemuttert?
Haste jut jefressen?
Wars jerecht bemessen?
Haste jut jetafelt?
Wurd nich rumjeschwafelt?
Hast jenug vom Atzen?
Jeht et jetzt ans Ratzen?
Na denn penn ma jut!
Nachbarhundehalter
»Wir mußten unsern Hund verhauen.
Der Töle fehlt's an Grundvertrauen!«
Der Tag unseres Hundes
1. Gute Gefühle beim Erwachen des Herrchens
Nu reckt er sich
Nu streckt er sich
Heut morgen, da
Verreckt er nich
Stattdessen: Schau!
Bewegt er sich
Und pflegt er sich
Viel fehlt nicht und
Dann trägt er mich
Zum Fressen.
2. Erwachen fröhlicher Gedanken
beim Betreten der Hundewiese
Hier bin ich Hund
Hier darf ichs sein
Hier seich ich ab
Hier scheiß ich rein
Hier lauf ich aus
Hier halt ich ein
Hier treff ich Hund
Mensch, halt dich raus.
3. Vorfreude auf den Mittagsschlaf
Man gönnt sich ja sonst nichts.
Nach dem Gerenne
ist angesagt,
daß ich mir
das hier
gönne:
Ein Näpfchen zum Schlabbern
Ein Schälchen zum Sabbern
Ein Bettchen zum Liegen
Ein Deckchen zum Schmiegen
Ein Herrchen zum Schmeicheln
Ein Frauchen zum Streicheln
Ein Abdunkeln des Lichts
Totale Stille–:
Soweit mein Wille.
Sonst gönnt man sich ja nichts.
4. In Erwartung des Abendganges
Der nutzt dem Herrn
Den braucht der Hund
Der führt ums Eck
Da geht es rund:
Alles, was ringsum markiert
Wird im Eilschritt dekodiert.
5. Vom Glück des Rückblicks
Ins Dunkel sinkt die Helligkeit
In Seelenruh die Schnelligkeit
Mein Tagwerk ist vollbracht.
Und leise zieht durch mein Gemüt
Der schöne Satz vom alten Lied:
Was habe ich
nur heute
wieder alles
richtig
gemacht?
Variationen über ein Thema von
Christian Friedrich Daniel Schubart
samt einem Fazit
Thema:
In einem Bächlein helle,
Da schoß in froher Eil
Die launige Forelle
Vorüber wie ein Pfeil.
Variationen:
In einem Flusse trübe,
Da treibt in fauler Ruh
Die runzelige Rübe
Vorüber wie ein Schuh.
In einem Teiche bleiern,
Da treibt nicht, nein da kreist
Der Müll diverser Feiern
Vorüber wie ein Geist.
In einem Meere ölig,
Da schwimmt in tiefster Not
Ein Vogel, doch was nöl' ich?
Das Tier ist eh schon tot.
Fazit:
Um diese Welt zu bessern,
Da sorge jedermann,
Daß wieder in Gewässern
Tierleben herrschen kann.
Nachdem er am Abend zuvor lange in
der roten Gesamtausgabe der Joachim-
Ringelnatz-Gedichte gelesen hatte
Ich bin so ringelnatz erwacht!
Ich greife nach dem Büchlein
und halte es vor meine Scham
als wie ein rotes Tüchlein.
Es ist der »Ringelnatz« ein Buch
mit mehr als einem Siegel.
Er wirkt als wie ein rotes Tuch
nur auf die Schweineigel.
Ich bin kein Schweineigel nicht,
mein bester Schatz, ich wasch mich.
Und wenn ich sauber bin, dann leg
ichs Buch ab und vernasch dich.
Blanker Neid auf rote Sommer
Eine Klage für Peter Hacks nach Motiven von Peter Hacks
Derweil im großen Haufen wir auf überfüllten,
Erhitzten Straßen schrittweis in den Süden fahren,
Erblüht in meinem Kopf, dem reichlich zugemüllten,
Ein jähes Bild vom Schönen, Guten, Wahren–:
Erstehn vor meinem Auge Preußens Kommunisten
Auf raschem Weg in ihre Sommerresidenzen,
In Linnen leichtgewandet, duftenden Batisten,
Und auf dem Rücksitz Phlox, die Freundin zu bekränzen.
So bremsen sie vor den Parterren
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