Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
Vom Netzwerk:
voller Wunder,
    staunend nehme ich sie wahr:
    So die Alpen und die Berge
    So die Sterne hell und klar
    So die Weser und die Flüsse
    So die Himmel hoch und hehr -
    doch das größte aller Wunder
    sind die Ostsee und das Meer.
    Namensfindung
    Der Vornami ward rasch gefunden:
    Als Tsunami wurd sie entbunden,
    die Woge, die im Dunkel ließ,
    wie sie wohl mit Nachnami hieß.
    Ein Vergleich
    Das Innre der Walnuß,
    das menschliche Hirn:
    Ein Vergleich erlaubt seltsame Schlüsse.
    Ach da kommt sie her,
    die Wendung, die heißt:
    Mein Freund, gleich gibts eins auf die Nüsse.
    Couplet-Fragment
    Aus Stockholm kam der Anruf,
    Nobelpreis stünde an.
    Verleihung wäre Samstag.
    Die Frau sagt: Lieber Mann,
    wir warn schon zweimal auswärts,
    und dreimal hat kein Stil–:
    Drei Abende in Reihe
    sind meiner Frau zuviel.
    Für Sabine
    Sabine, Sabine,
    du bist wie 'ne Lawine:
    Wenn haltlos die Lawine rollt,
    ist mir, als ob Sabine tollt.
    Wenn donnernd die Lawine kracht,
    klingt es, als ob Sabine lacht.
    Wenn nach mir die Lawine faßt,
    glaub ich, daß die Sabine spaßt.
    Und wenn mich die Lawine deckt,
    denk ich, daß mich Sabine neckt:
    Lawine, Lawine,
    wie gleichst du der Sabine!
    Mittagsfragen an die Katz
    Haste jut jefuttert?
    Wurdste jern bemuttert?
    Haste jut jefressen?
    Wars jerecht bemessen?
    Haste jut jetafelt?
    Wurd nich rumjeschwafelt?
    Hast jenug vom Atzen?
    Jeht et jetzt ans Ratzen?
    Na denn penn ma jut!
    Nachbarhundehalter
    »Wir mußten unsern Hund verhauen.
    Der Töle fehlt's an Grundvertrauen!«
    Der Tag unseres Hundes
    1. Gute Gefühle beim Erwachen des Herrchens
    Nu reckt er sich
    Nu streckt er sich
    Heut morgen, da
    Verreckt er nich
    Stattdessen: Schau!
    Bewegt er sich
    Und pflegt er sich
    Viel fehlt nicht und
    Dann trägt er mich
    Zum Fressen.
    2. Erwachen fröhlicher Gedanken
beim Betreten der Hundewiese
    Hier bin ich Hund
    Hier darf ichs sein
    Hier seich ich ab
    Hier scheiß ich rein
    Hier lauf ich aus
    Hier halt ich ein
    Hier treff ich Hund
    Mensch, halt dich raus.
    3. Vorfreude auf den Mittagsschlaf
    Man gönnt sich ja sonst nichts.
    Nach dem Gerenne
    ist angesagt,
    daß ich mir
    das hier
    gönne:
    Ein Näpfchen zum Schlabbern
    Ein Schälchen zum Sabbern
    Ein Bettchen zum Liegen
    Ein Deckchen zum Schmiegen
    Ein Herrchen zum Schmeicheln
    Ein Frauchen zum Streicheln
    Ein Abdunkeln des Lichts
    Totale Stille–:
    Soweit mein Wille.
    Sonst gönnt man sich ja nichts.
    4. In Erwartung des Abendganges
    Der nutzt dem Herrn
    Den braucht der Hund
    Der führt ums Eck
    Da geht es rund:
    Alles, was ringsum markiert
    Wird im Eilschritt dekodiert.
    5. Vom Glück des Rückblicks
    Ins Dunkel sinkt die Helligkeit
    In Seelenruh die Schnelligkeit
    Mein Tagwerk ist vollbracht.
    Und leise zieht durch mein Gemüt
    Der schöne Satz vom alten Lied:
    Was habe ich
    nur heute
    wieder alles
    richtig
    gemacht?
    Variationen über ein Thema von
Christian Friedrich Daniel Schubart
samt einem Fazit
    Thema:
    In einem Bächlein helle,
    Da schoß in froher Eil
    Die launige Forelle
    Vorüber wie ein Pfeil.
    Variationen:
    In einem Flusse trübe,
    Da treibt in fauler Ruh
    Die runzelige Rübe
    Vorüber wie ein Schuh.
    In einem Teiche bleiern,
    Da treibt nicht, nein da kreist
    Der Müll diverser Feiern
    Vorüber wie ein Geist.
    In einem Meere ölig,
    Da schwimmt in tiefster Not
    Ein Vogel, doch was nöl' ich?
    Das Tier ist eh schon tot.
    Fazit:
    Um diese Welt zu bessern,
    Da sorge jedermann,
    Daß wieder in Gewässern
    Tierleben herrschen kann.
    Nachdem er am Abend zuvor lange in
der roten Gesamtausgabe der Joachim-
Ringelnatz-Gedichte gelesen hatte
    Ich bin so ringelnatz erwacht!
    Ich greife nach dem Büchlein
    und halte es vor meine Scham
    als wie ein rotes Tüchlein.
    Es ist der »Ringelnatz« ein Buch
    mit mehr als einem Siegel.
    Er wirkt als wie ein rotes Tuch
    nur auf die Schweineigel.
    Ich bin kein Schweineigel nicht,
    mein bester Schatz, ich wasch mich.
    Und wenn ich sauber bin, dann leg
    ichs Buch ab und vernasch dich.
    Blanker Neid auf rote Sommer
    Eine Klage für Peter Hacks nach Motiven von Peter Hacks
    Derweil im großen Haufen wir auf überfüllten,
    Erhitzten Straßen schrittweis in den Süden fahren,
    Erblüht in meinem Kopf, dem reichlich zugemüllten,
    Ein jähes Bild vom Schönen, Guten, Wahren–:
    Erstehn vor meinem Auge Preußens Kommunisten
    Auf raschem Weg in ihre Sommerresidenzen,
    In Linnen leichtgewandet, duftenden Batisten,
    Und auf dem Rücksitz Phlox, die Freundin zu bekränzen.
    So bremsen sie vor den Parterren

Weitere Kostenlose Bücher