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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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jungen Frauen.
    Sie kommen in all ihrer Schönheit zuhauf,
    um die Bilder der Alten zu schauen.
    Das Gute an jungen Frauen,
    ist ihr heißes Interesse fürs Alte.
    Zumal wer selber altert, erhofft,
    daß diese Glut niemals erkalte.
    Das wahre Vermächtnis der Alten,
    das sind all die jungen Frauen,
    die sie als Jünglinge malten und die
    nun junge Frauen beschauen.
    Diese Alten liebten die Jungen.
    Nun lieben die Jungen die Alten.
    Ach mög› diese Brück‹ zwischen Alt und Jung
    noch all mein Leben lang halten.
    Von der Schönheit
    Wie immer dann, wenn Schönheit uns packt,
    zieht sie uns an, entläßt sie uns nackt,
    läßt sie uns fühln, wie hilflos wir sind:
    Wie wir uns auch wehren – Schönheit gewinnt.

II
    Spielbein
    Lied vom Lachen
    Der Durchschnittsmensch hat durchschnittlich zwei Beine.
    Die tragen seinen Körper ganz alleine.
    Mit denen kann er jeden Berg bezwingen:
    So siehts mal aus.
    Zum Lachen aber muß man Menschen bringen.
    Was folgt daraus?
    Wie klänge das: Der bringt mich nicht zum Jodeln?
    Der bringt mich nicht zum Kraxeln? Nicht zum Rodeln?
    Der bringt mich nicht zum Nichtstun? Nicht zum Machen?
    Das klänge dumm.
    Ganz anders klingt: Der bringt mich nicht zum Lachen.
    Ich frag: Warum?
    Wer lädt sich sowas auf wie Lachtransporte?
    Wer weiß, wo's langgeht? Wer kennt jene Orte,
    wo Witze zünden und Pointen krachen
    in einer Tour?
    Wo alles juchzt: »Der brachte uns zum Lachen!«–?
    Ich frag ja nur.
    Fest steht allein: Der Dumme ist der Bringer.
    Denn die Gebrachten rühren keinen Finger.
    Wir sind am Ziel. Und niemand hat gelacht?
    Ihr schreckt mich!
    Was muß ich hörn: Mein Lied hätt's nicht gebracht? -
    Ach, leckt mich…
    Lied der Toscana-Deutschen
    Schwarze Zypressen in Bläue gefaßt
    Grün der Olive vor Stein
    Mauern à secco laden den Gast
    wärmend als Ruhesitz ein:
    Land unter einem besonderen Stern -
    So kennwa die Toscana
    So schätznwa die Toscana
    So hamwa die Toscana gern.
    Gleißender Lichtsturz in steinalte Stadt
    Stolzes Getürme im Dunst
    Kühlende Pieven, jedwede ein Blatt
    heilger Geschichte der Kunst:
    Land du gesegnet im Namen des Herrn -
    So kennwa die Toscana
    So schätznwa die Toscana
    So hamwa die Toscana gern
    Wimmelndes Heute in dauerndem Hier
    Corso füllt Piazza und Park
    Vor schönem Abbild von Gott, Mensch und Tier
    macht sich die Wirklichkeit stark:
    Land voll in Blüte aus fruchtbarem Kern -
    So kennwa die Toscana
    So schätznwa die Toscana
    So hamwa die Toscana gern
    Dampfende Schüsseln auf leuchtendem Weiß
    Rot akkordierender Wein
    Pinienbeschatteter fröhlicher Kreis
    feiert beseligt das Sein:
    Land nah dem Glück und dem Unglück so fern -
    So kennwa die Toscana
    So schätznwa die Toscana
    So hamwa die Toscana gern.
    So gern!
    Ein breiter Reiter
    Gemeinhin bin ich ziemlich breit,
    wenn ich zu meiner Liebsten reit.
    Verflüchtigt sich des Tages Brast,
    mach ich zunächst im Wirtshaus Rast,
    und lasse mir nach kurzem Ringen
    so drei, vier Gläschen Obstler bringen.
    Spür ich die auf der Zunge brennen,
    dann laß ich rasch nach Nachschub rennen
    sowie, schon winkt das Abendbrot,
    nach einem Wein, und zwar in rot,
    gepaart mit – nicht sehr schwer zu raten -
    ganz ausgesuchtem Schweinebraten.
    Drauf fang ich an, mich laut zu brüsten,
    ich müsse mich zur Liebe rüsten,
    wär auch gewillt, bald aufzubrechen,
    würd sich nicht Eile meistens rächen
    bei Frauen, welche Liebe brauchen.
    So red ich, fange an zu rauchen
    und trink in Mengen, sprich: in rauhen,
    vom Bier, das sie im Wirtshaus brauen.
    Dann halt ich ein. Nun bin ich randvoll
    und frag, wohin ich mit dem Brand soll,
    um mich sodann nach längrem Brabbeln
    zu raschem Aufbruch aufzurabbeln,
    indem ich Sattel und Schabracke
    geschwinde auf das Rößlein backe,
    und mich dazu. Aus voller Brust
    sing ich von Lieb, sing ich von Rust,
    ich eile voller Trieb und Brunst,
    schon bin ich da, ich steige runst
    und herze lachend meine Braut,
    da sagt sie, daß ihr vor mir raut.
    Ich werde wild, ich brause auf,
    ich knöpfe ihre Rause auf -
    da schickt sie mich, den edlen Retter,
    per Faustschlag auf die Dielenbretter.
    Ein uppercut, nach Art der Briten–:
    O wär ich niemals fortgeritten!
    Fünf Vokalvertauschungsgedichte
    1
    Als ihr euch in die Hände schlugt,
    weil man in Wales die Hunde schlägt,
    begrifft ihr: Wo der Kelte ragt,
    meint das, daß sich das Kalte regt.
    2
    Wenn eine, welche Wanda heißt,
    erklärt, daß sie den Wein da haßt,
    weil sie viel lieber Karlchen preßt,
    der seinerseits

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