Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006
jetzt heißt es
Au revoir!
Der Wandrer wendet
sich zum Gehn.
Die Wandrerin
läßt es geschehn.
Erst als er Richtung
Westen hinkt,
hat sie ihm zögernd
nachgewinkt.
Uumgang mt Tieren aus der Tiefe
Und es kommen Tiere aus der Tiefe,
Tiere, die, wenn man sie riefe,
schweigend in der Tiefe blieben,
nie gesehen, nie beschrieben:
Nur dein Rufen läßt sie schlafen.
Rufe! Schrei zum Steinerweichen!
Und du wirst den letzten Hafen
ohne Zwischenfall erreichen.
Ebbe und Flut
In meinem Kopf herrscht Ebbe,
in meinem Herzen Flut.
Kann dir nur eines sagen:
Ich bin dir ja so gut!
Ich bin dir – ja! – so gut, so gut,
ich bin – ja! – dir so gut!
Ja! Dir bin ich so gut, so gut!
Ja! Ich bin dir so gut!
Ja, ja! Ich bin dir gut, so gut,
so gut, so gut, so gut -
in meinem Kopf herrscht Ebbe…
Der rätselhafte Geistergast
Der rätselhafte Geistergast
gastiert sich bei dir ein,
und was du bist und was du hast,
das ist nicht länger dein.
Der rätselhafte Geistergast
will mehr als nur Quartier,
sein kleiner Reisebeutel faßt
dein Herz und dein Klavier.
Der rätselhafte Geistergast
der nimmt dir Kopf und Leib.
Er bleibt, solange es ihm paßt,
und geht, wenn du sagst: Bleib.
Ich selbst
Selbstaussage
Ich mach mir nichts aus Marschmusik,
ich mach mir nichts aus Schach.
Die Marschmusik macht mir zuviel,
das Schach zuwenig Krach.
Selbstkritik
»Ich trage, wo ich gehe,
mein Antlitz im Gesicht«:
Ich schriebe gerne einfach
und schreib ganz einfach schlicht.
Selbstbefragung
Ich horche in mich rein.
In mir muß doch was sein.
Ich hör nur »Gacks« und »Gicks«.
In mir da ist wohl nix.
Selbstfindung
Ich weiß nicht, was ich bin.
Ich schreibe das gleich hin.
Da hab'n wir den Salat:
Ich bin ein Literat.
Selbstbewusstsein
Und kommt von euch auch keiner auf den Trichter -
verlacht mich ruhig! Eines bleibt gewiß:
Als Mensch bin ich wie ihr. Jedoch als Dichter
bin ich ein Wesen mui generis.
Selbstverteidigung
Die alte Frage »Wer bin ich?«
hebt wieder mal ihr Haupt.
»Du bist viel blöde, Frage!
Hau ab, sonst ich dich schlage!«
Da läuft sie, daß es staubt!
Die kaiserliche Botschaft
Ein Nonzenzgedicht
So hört mich an, o meine Knappen:
Ab jetzt sind alle Schimmel Rappen.
Und alle Rappen heißen Bären,
womit wir schon beim Thema wären.
Denn Bären ist ab heut' verboten,
bei Tag zu mähen und zu schroten,
sowie das Schroten und das Mähen
bei Nacht, weil sie dann eh nichts sehen.
Befehl ist auch, daß sie ab nun
nicht das, was ich befehle, tun,
denn die Befehle gelten nur
von kurz vor zwölf bis tausend Uhr
und sollen zu nichts weiter führen,
als an den Schlaf der Welt zu rühren.
Doch sollte dieser Plan nicht klappen,
sind alle Bären wieder Rappen
und alle Rappen wieder Schimmel,
das gilt auf Erden wie im Himmel,
im Jenseits und in dieser Welt
und ganz speziell für Bielefeld.
So. Stellt das Radio etwas leiser,
ich will jetzt schlafen
Euer Kaiser
Am Abend
Wenn ich vom Abendlärm der Städte
getrieben in die Schenke trete
um erst mit innigstem Behagen
so ein, zwei Klare einzujagen
um dann mit freudigstem Begreifen
diverse Bierchen einzupfeifen
um drauf mit holdestem Entzücken
rasch drei, vier Obstler zu verdrücken
um noch mit dankbarstem Verstehen
verschiedne Weine einzudrehen -
dann pfleg ich mit gespieltem Klagen
»Ach, ach« und auch »Doch, doch« zu sagen.
Lied der Männer
Die Trauer beim Betrachten großer Hecken
gleicht jener, die wir sonst nur dann empfinden,
wenn wir den Lorbeer aus dem Haare winden,
weil es heißt »Fertigmachen zum Verrecken« -
Die Trauer beim Betrachten großer Hecken.
Das Frösteln beim Betasten kühler Eisen,
wir kennen es, seitdem wir jene sahen,
die in den Zug einstiegen, der sein Nahen
nur unterbrach, um kurz drauf zu entgleisen -
Das Frösteln beim Betasten kühler Eisen.
Die Sehnsucht beim Betreten feuchter Planken,
sie wird uns bis an jenen Tag begleiten,
an dem wir schweigend durch die letzte Pforte reiten,
zu schwach zum Fluchen, doch zu stolz zum Danken -
Die Sehnsucht beim Betreten feuchter Planken.
Usw. usf.
Viele Sommersprossen sind
auf dem Kinde, doch das Kind
sieht sie nicht. Es sieht stattdessen
einen Amtmann Suppe essen.
Dieser wiederum beschaut
grad ein Foto seiner Braut,
die auf einen Seemann blickt,
der sich nach dem Anker bückt,
da der Anker was verdeckt,
das in einer Tüte steckt,
und sich, falls der Maat nicht irrt,
gleich das
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