Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
Vom Netzwerk:
ein Herr/Frau/Fräulein ins Gemach,
    ein seltsam Wesen, das die Worte sprach,
    sie war'n so schaurig:
    »Ich bin ein Geist, ich finde niemals Frieden.«
    Und damit ist er ledig/verh./geschieden
    in Richtung Aurich.
    Zum Muttertag
    Ein Liedfragment
    Mama -
    kein einziges Wort auf der Welt
    das so viele Mas enthält
    wie Mama.
    Ja -
    Kaktushecke hat mehr Kas
    Braunbärbabies hat mehr Bes
    Erdbeerbecher hat mehr Es
    Schamhaaransatz hat mehr As -
    Aber Mas?
    Koblenz hat keine Ma
    München hat so gut wie keine Ma
    Mannheim hat nur eine Ma
    doch welche Stadt hat zwei Ma?
    Na?
    Göttingen
    Ja!
    Denn dort wohnt meine
    Mama.
    Banger Moment
    Liebling, horch, die Zeit bleibt stehn -
    sei mal ruhig, bitte!
    Eben waren da noch Schritte,
    eben noch schien sie zu gehn,
    doch nun steht sie. Sprungbereit?
    Selbstversunken? Lauernd?
    Angelehnt? Verschnaufend? Kauernd?
    Horchend? Ach, du liebe Zeit -
    aber still, mein Schatz, da sind
    wieder Laute. Heftig
    strömt da was. Ein frisches Fließen
    wird zu stetigem Ergießen,
    unbeirrt und kräftig -
    Liebling, horch! Die Zeit verrinnt.
    Setzen, stellen, leben u.a.
    Was hast du denn da angestellt
    mit dem, was ich da aufgestellt?
    Du hast dich nicht nur drangestellt
    du hast dich auch noch draufgestellt.
    Der Deckel war schon draufgemacht
    ich dachte, nun sei's eingemacht
    du hast es wieder aufgemacht
    dich draufgestellt und reingemacht.
    Ich hatte alles drangesetzt
    ich hatte mich so eingesetzt
    doch kaum war alles angesetzt
    da hast du dich schon reingesetzt.
    Was heißt das, ich sei aufgebracht?
    Wer hat das Zeug denn reingebracht?
    Ich selber hab es raufgebracht -
    und was hat mir das eingebracht?
    Wie schön war alles eingelegt!
    Wie hatte ich mich krummgelegt!
    Einmal hast du mich reingelegt.
    Noch mal – und du wirst umgelegt!
    Ach Erika
    Ach Erika, mein Kind, mein Reh,
    schon wenn ich dich von weitem seh,
    zieh ich mein Messer.
    Mein Messer ist sehr nackt und breit,
    es hat nicht Schuh, nicht Strumpf, nicht Kleid,
    und nun sieh dich an.
    Du bist so schön wie Schnee und Blut,
    Hast Schuh und Strumpf und Kleid und Hut,
    die leg mal ab, Schatz.
    Jetzt stehst du da, wie Gott dich schuf,
    ganz ohne Schweif und Horn und Huf,
    und nun sieh mich an.
    Ach Erika, mein Reh, mein Kind,
    die Menschen sind so, wie sie sind,
    doch ich bin keiner.
    Der Tag, an dem das     verschwand
    Am Tag, an dem das     verschwand,
    da war die uft vo Kagen.
    Den Dichtern, ach, verschug es gatt
    ihr Singen und ihr Sagen.
    Nun gut. Sie haben sich gefaßt.
    Man sieht sie wieder schreiben.
    Jedoch:
    Soang das     nicht wiederkehrt,
    muß aes Fickwerk beiben.
    Trost und Rat
    Ja wer wird denn gleich verzweifeln,
    weil er klein und laut und dumm ist?
    Jedes Leben endet. Leb so,
    daß du, wenn dein Leben um ist,
    von dir sagen kannst: Na wenn schon!
    Ist mein Leben jetzt auch um,
    habe ich doch was geleistet:
    Ich war klein und laut und dumm.
    Die Nacht, die Braut, der Tag
    Die Nacht steht um das Haus
    die Nacht sieht finster aus
    die Nacht hat einen schwarzen Hund
    den führt die Nacht nicht ohne Grund
    am Kettchen
    Die Braut ist bleich und weint
    die Braut liegt wie versteint
    die Braut hat einen Bräutigam
    der ihr das Allerliebste nahm
    das Bettchen
    Der Tag ist hell und lacht
    der Tag vertreibt die Nacht
    der Tag hat rundherum gesiegt
    und alles schweigt nur ferne quiekt
    ein Frettchen.
    Und es gibt Tiere
    Und es gibt Tiere, die im Dunkeln schreien,
    nicht schreien, krächzen,
    nein, nicht krächzen, lallen,
    nicht lallen, bellen, nein nicht bellen,
    wimmern, nicht wimmern, singen!
    Singen: Nachtigallen.
    Geständnis
    Ihr fragt nach meinem Lieblingssport?
    Nun gut, es ist der Mord.
    Ja, ich sag's laut, ich morde gern,
    besonders, wenn es heiß ist,
    und wenn das Wasser in dem See
    so klar und kalt wie Eis ist.
    Dann ziehe ich die Kleider aus
    und springe in die Wellen,
    um dort mit Karpfen, Barsch und Aal
    durchs kühle Naß zu schnellen.
    Ja Bürger, lache nur getrost
    und bleib in deinem Bette -
    ich morde derweil frisch und froh
    mit Fischen um die Wette.
    Wie? Was?
    Ich hör' ein Widerwort?
    Der Sport heißt Schwimmen?
    Und nicht Mord?
    Wie war das nochmal?
    Schwimmen?
    Moment – ihr seht mich sehr verwirrt…
    Mein Gott – vielleicht hab' ich geirrt…
    Doch – Schwimmen könnte stimmen.
    Dreissigwortegedicht
    Siebzehn Worte schreibe ich
    auf dies leere Blatt,
    acht hab' ich bereits vertan,
    jetzt schon sechzehn, und
    es hat alles längst mehr keinen Sinn,
    ich schreibe lieber

Weitere Kostenlose Bücher