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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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rächend
    ins eigne Bett sie heimschickt, um dort
    der Ehfrau vorzuseufzen: Zur Zeit ist
    die Firma die Hölle.
    Gott straft die Männer. Läßt sie ächzend
    das Nachtlicht löschen, um ins Dunkel
    zu seufzen: O Gott, wenn sie wüßte, wie schwer
    es mir fällt, sie anzulügen.
    Gott straft die Männer. Doch der andre
    läßt sie schon anderntags in den Hörer
    seufzen: Wir sehn uns, Liebling! und denken:
    Bin ich des Teufels?
    Gespräch mit dem Wolf
    Wo kommst du her?
    Ich? Aus dem hohen Norden.
    Wo gehst du hin?
    Ich? In die tiefe Nacht.
    Wen stellst du dar?
    Ich? Bin ein Wolf geworden.
    Wem stellst du nach?
    Ich? Alles taugt zum Morden.
    Wen frißt du auf?
    Dich! Was hast du gedacht?
    Einer überdenkt einiges
    Und er dachte an die Fraun in seinem Leben
    Und befand: Sehr viele waren's nicht
    Und er fragte, was sie ihm gegeben
    Und erinnerte sich dunkel: Licht
    Und er dachte, ob sie seiner dächten
    Und befand: Wahrscheinlich ist das kaum
    Und er fragte, was Gedanken brächten
    Und erinnerte sich hellwach: Traum
    Und er dachte, was sie ihm genommen
    Und befand: Die Glut aus meiner Brust
    Und er fragte, was er selbst bekommen
    Und erinnerte sich seufzend: Lust
    Und er dachte an die Folgen all der Lieben
    Und befand: Sie gingen reichlich weit
    Und er fragte, was davon geblieben
    Und erinnerte sich lächelnd: Leid.
    Idiotische Fragen
    Wie oft schon hast du so geschaut
    und dem, den du ansahst, jeden Fluchtweg verbaut,
    du Schöne?
    Wie oft schon hast du so gelacht
    und den, dem dein Lachen galt, wehrlos gemacht,
    du Starke?
    Wie oft schon hast du so getan,
    als gingen dich deine Opfer nicht das geringste an,
    du Schlimme?
    Wie oft schon habe ich mir geschworn:
    Die siehst du nie wieder, sonst bist du verlorn,
    du Armer?
    Wie oft noch werde ich mich beschwörn:
    Wann wirst du denn endlich auf meine Warnung hörn,
    du Idiot?
    Hinter der Tür
    Du öffnest die Tür,
    da siehst du das Mädchen,
    halbnackt im Karton
    schließt sie geblendet
    die Augen, das obere und das untere.
    Da wirfst du die Tür zu,
    gehst aber nicht weiter.
    Du verharrst an der Stelle,
    denn die willst du noch mal sehn,
    die Augen, das obere und das untere.
    Doch dann siegt die Rücksicht
    auf die da hinter der Tür,
    halbnackt im Karton und
    mit weitaufgerissenen
    Augen, dem oberen und dem unteren.
    Die Geburt
    Als aber in der finsteren Nacht
    die junge Frau das Kind zur Welt gebracht,
    da haben das nur zwei Tiere gesehn,
    die taten grad um die Krippen stehn.
    Es waren ein Ochs und ein Eselein,
    die dauerte das Kindlein so klein,
    das da lag ganz ohne Schutz und Haar
    zwischen dem frierenden Elternpaar.
    Da sprach der Ochs: »Ich geb dir mein Horn.
    So bist du wenigstens sicher vorn.«
    Da sprach der Esel: »Nimm meinen Schwanz,
    auf daß du dich hinten wehren kannst.«
    Da dankte die junge Frau, und das Kind
    empfing Hörner vorn und ein Schwänzlein hint.
    Und ein Hund hat es in den Schlaf gebellt.
    So kam der Teufel auf die Welt.

II
    persönlich
    Gehen und schreiben
und fernsehen
    Zur gleichen Zeit, da ich von meinem Hügel,
    die Beine lustig werfend, talwärts wandre,
    an dem Gehöft vorbei, das an den Weg grenzt,
    liegt dort der Bauer und hat grad Probleme,
    vom Bauch sich auf den Rücken zu verlagern:
    Seit jenem Sommerabend, als sein Traktor
    ihn unter sich begrub, läuft wenig.
    Zur gleichen Zeit, da ich den schlichten Vorgang,
    die Feder eilig führend, niederschreibe
    und ein Gefühl verspüre, das an Scham grenzt,
    geht's vielen ähnlich. Mancher hat Probleme,
    den Bauch mit seinem Herzen zu versöhnen:
    Doch dank der Schreckensbilder, deren Fülle
    das Mitleid täglich lähmt, läuft nichts mehr.
    Ankunft in Montaio ( 23 .  8 .  1995 )
    Und wieder mal an jenem Tisch,
    an dem ich schrieb »Und wieder mal
    an jenem Punkt, an dem man sa-
    gen muß: Es reicht«, doch dieses Mal
    will ich nicht hadern, kann nicht klagen,
    muß lediglich: So sei es! sagen.
    Einer liest einen Briefwechsel
    Ach, so geht das Nacht für Nacht:
    Eine schläft, einer wacht.
    Einer liest, wie Jahr um Jahr
    Schiller schlaf- und kraftlos war,
    Indes Goethe, ungequält,
    frisch von Hinz und Kunst erzählt.
    Einer legt den dicken Band
    schließlich seufzend aus der Hand
    Und erhofft vom Rest der Nacht:
    Alles schläft, keiner wacht.
    Die Schwachheit der Wachheit
    Ausgesetzt im Meer der Wachheit
    winke ich den Schlafgaleeren,
    doch die ziehn vorbei und scheren
    sich nicht darum, daß da »Ach« schreit
    irgendwer im Meer der Wachheit.
    Festgetäut ans Floß der

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