Gesammelte Wanderabenteuer
an und verlief dann auf einem Kamm. Von dort hat man eine herrliche Aussicht und kann bei gutem Wetter, und das hatten wir, bis zum ungefähr 50 Kilometer entfernten Weserbergland schauen. Leider deutschtümelte es auf den letzten Kilometern noch einmal heftig. Erst sahen wir den so genannten Lönsstein, ein Denkmal für Hermann Löns, den Heidedichter, der immer so begeistert für die deutschen Landschaften schwärmte. Dass er auch hier tätig war, wusste ich nicht. Ich brachte ihn immer mit der Lüneberger Heide in Verbindung.
Dann sind auf einigen Steinen am Wegesrand große Metalltafeln befestigt, auf denen die römischen Tugenden gelobt werden. »Temperatia – Macht und Zucht« konnten wir dort unter anderem lesen. Das war aber alles noch nichts gegen ein riesiges Mahnmal für den unbekannten Soldaten, das sich kurz vor Oerlinghausen breit machte. Mächtige dorische Säulen in offener Atrium-Form umgaben hier einen aufgebahrten unbekannten Soldaten. Hier wurde dem sechsten lothringischen königlichen Infanterieregiment mit folgenden Worten gedacht:
|212| »Wanderer hemme den Schritt
Schirmend der Heimat heiligen Boden
Starben die Tapferen unbesiegt
Beuge dich vor des Opfers Größe«
Das saß.
Wir gingen abwärts nach Oerlinghausen und wollten mit dem Bus zum Bahnhof fahren. Oerlinghausen nennt sich nämlich Bergdorf Oerlinghausen und liegt auf dem Kamm des Teutoburger Walds. Der Bahnhof liegt in der Ebene. Die Bushaltestelle lag genau vor dem Alten Gasthaus »Nagel«. Und das gastronomische Angebot ließ uns schwach werden. Mit Spargel, Sauce béarnaise, Rindermedaillons mit Bärlauch-Mozzarella überbacken und Franziskaner Weizen feierten wir den neuen »39-Kilometer-an-einem-Tag-gegangen«-Rekord von Markus und ließen den Hermannsweg hochleben.
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Wegstrecke:
39 Kilometer
Wanderzeit brutto:
8 Stunden, 47 Minuten
Wanderzeit netto:
6 Stunden, 57 Minuten
WDG:
5,61 km/h
Autokennzeichen:
LIP (Kreis Lippe)
Tja, lange Wanderung, aber nur ein Auto kennzeichen. Man sieht zwischendurch auch noch öfters das veraltete DT (Detmold). Detmold gehört aber seit 1992 zu LIP. Die Wanderung beginnt kurz hinter HX (Höxter) und PB (Paderborn). Im Ziel Oerlinghausen schrammten wir knapp an BI (Biele feld) und GT (Gütersloh) vorbei. Schade.
Wanderkarte:
Wanderkarte NRW, Hermannsland, 1:25.000
Die Biere der Region:
Herforder Pils, Detmolder Pils und Detmolder Weizen
Höchster Punkt der Wanderung:
441 m (Velmerstot)
Niedrigster Punkt der Wanderung:
164 m (Dunoper Teich)
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Harz
|215| Im Herzen des Harzes
Mit Victor auf dem Brocken und unter Tage
Oktober 2004
Vor über 30 Jahren war ich schon einmal im Harz gewesen, in einer Hütte von engen Freunden meiner Eltern. Doch hatte ich daran nur noch eine Foto-Anekdoten-Erinnerung. Ich hatte die mich betreffenden Harz-Geschichten so oft gehört und die dazu gehörenden Fotos so oft gesehen, dass sie jede wirkliche Erinnerung überlagerten.
Mit Bussi-Bär-Heft im Harz
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Fast hätte ich ins Auto »gekotzt«. Links Mama, rechts Tante Elvira
»Das war so süß, als wir dir in Braunlage das Bussi-Bär-Heft gekauft haben und du es falsch herum gelesen hast.«
»Ja, und dann mussten wir ja alle zwei Kilometer anhalten und aussteigen, weil du beinahe in Onkel Rudis Auto gespuckt hättest.«
Das war der Bussi-Bär-und-im-Auto-schlecht-geworden-Harz meiner Kindheit.
Als Kind wirkte der Harz groß und gewaltig auf mich, jetzt kam er mir kleiner vor. Und er ist auch ein eher kleines Mittelgebirge. Schon bei der Anfahrt sieht man, wie sich die Höhenzüge des Harzes über die niedersächsische Tiefebene erheben. Ich war morgens von Köln mit dem ICE nach Hannover gefahren. Im Bahnhof musste ich mit Rucksack auf dem Rücken sprinten, um noch die Regionalbahn nach Bad Harzburg zu erreichen. Hinter |217| Hildesheim rückte der Harz am Horizont immer näher, und anderthalb Stunden hinter Hannover erreichte ich die alte Kaiserresidenz Goslar. Dort stieg Victor zu. Der drehte gerade in Clausthal-Zellerfeld im Oberharz einen Fernsehfilm für die ARD, in dem er einen Pfarrer spielt. Am Kopfbahnhof von Bad Harzburg stiegen wir aus und fuhren mit dem Bus in den Harz hinein nach Torfhaus.
Torfhaus ist der amtliche Treffpunkt für Biker und Wanderer und liegt schon 800 Meter hoch. Bis zum Brocken, der mit 1142 Metern die höchste Erhebung des Harzes ist, ist es von dort nicht mehr weit. Im Café-Restaurant »Brockenblick« stärkten wir uns erst mal für
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