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Gesammelte Wanderabenteuer

Titel: Gesammelte Wanderabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Andrack
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diese Schmalspurbahn mit Dampfloks betrieben. Victor und ich stellten uns auf den Perron eines der Wagen und genossen die Fahrt nach unten. Man konnte vom Brocken aus bis weit in die Ebene des Nordharzes hinausblicken. Und wir hatten Glück mit dem Wetter – an zwei Dritteln aller Tage im Jahr ist es entweder nebelig am Brocken, oder der Gipfel liegt über den Wolken. Nach den ersten Zugkilometern ging es in dunkle Tannenwälder. Die großen Ausblicke wurden ersetzt durch intimere Einblicke in kleine Schluchten. Da der Zug sehr langsam fuhr und wir im Freien standen, stellte sich schnell das Gefühl ein, mit dem Zug zu wandern. Nach 19 Kilometern kamen wir am Waldbahnhof Drei Annen Hohne an. Der Zug hatte bis dorthin eine knappe Stunde benötigt und über 500 Höhenmeter überwunden. Von dort wanderten wir nach Elbingerode. Zwei entgegenkommende Mountainbiker grüßten uns. Ich war nach dem langen Tag ziemlich müde und grüßte zurück. Das war natürlich ein Fehler, denn Mountainbiker grüßt man ja nicht. Victor sprach den ganzen Abend kein Wort mehr mit mir. So ein Fauxpas darf einfach nicht passieren.
     
    Wir hatten in einer Pension in Elbingerode übernachtet und machten uns am nächsten Tag auf den Weg in den Nachbarort Rübeland. Der Name hat nichts mit Rübezahl zu tun, obwohl der Riese sich außer im Riesengebirge |223| auch in den Erzgruben des Harzes herumgetrieben haben soll.
    Vor allem aber ist Rübeland für seine Höhlen bekannt. Tropfsteinhöhlen begegnen dem Wanderer in deutschen Mittelgebirgen häufiger. Im Kölner Raum sind die Tropfsteinhöhlen von Wiehl und Attendorn beliebte Ausflugsziele. Selten findet man aber zwei große Höhlensysteme in direkter Nachbarschaft wie in Rübeland. Dort gibt es die Hermannshöhle und die Baumannshöhle. Wir hatten uns für die Baumannshöhle entschieden, weil sie als Erste am Wegesrand lag.
    Die Baumannshöhle wurde von einem Bergknappen namens Baumann im 16. Jahrhundert entdeckt, der sich der Sage zufolge von einer Elfe in die Spalte der Höhle locken ließ. Dort verlosch sein Grubenlicht, und er irrte drei Tage in der Höhle umher. Er fand schließlich heraus, starb aber wenige Tage nach seinem Abenteuer.
     
    Da die erste geführte Höhlentour schon 1646 stattfand, brüstet sich die Baumannshöhle, die älteste Schauhöhle der Welt zu sein. Wir mussten noch fast eine halbe Stunde auf unsere Führung warten. Denn: In diese Höhle kommt man nur mit Führung rein. Mit Frau Krüger und zwei nervigen Schulklassen ging es dann in die Welt der Stalaktiten und Stalagmiten. Seit Max Goldt kann ich mir das mit diesen beiden Sorten von Kalksteinablagerungen merken. Die Mieten steigen, also sind Stalagmiten die Dinger, die auf dem Boden stehen. Dagegen hängen Titten für gewöhnlich, daher sind Stalaktiten die von den Decken herabhängenden Zapfen.
    Die Führung von Frau Krüger verlangte nach sehr viel Phantasie, um die diversen Igel, Schildkröten, Zwerge |224| und Weihnachtsmänner zu erkennen. Und auch Goethe, der sich dreimal in dieser Höhle aufgehalten hat, musste ganz schön einen im Tee gehabt haben, als er in einem unförmigen Stalagmiten einen Mönch erkannte. Seither heißt dieser Klumpen Stein »Der Mönch«.
    Gleich fahren wir ins Bergwerk ein
    Als Vorsitzender der Bergwerkskommission, zu dem ihn sein Herzog Carl August 1779 gemacht hatte, ist Goethe auch oft unter Tage gewandert. Wobei wandern unter Tage nicht wandern, sondern fahren heißt. Der Bergmann fährt ein, auch wenn er sich zu Fuß bewegt. Das lernten wir bei unserer zweiten Führung an diesem Tag im Besucherwerk »Drei Kronen & Ehrt« zwischen Elbingerode und Rübeland. Stilecht wurden wir mit einem Lorenzug in die Sole 800 Meter tief in den Berg hineingefahren. In diesem Bergwerk wurde bis zur Wende Eisenerz und Schwefelkies gefördert. Seit 1990 ist der Betrieb geschlossen und nur noch Besuchern zugänglich. Uns wurden diverse Höllenmaschinen ab 180 Dezibel aufwärts vorgeführt. Kleine Kinder mussten schreiend vorzeitig aus dem Bergwerk herausgefahren werden. Die Maschinen sahen aus wie Kampfroboter aus dem Krieg der Sterne.
     
    |225| Der Tag war schon fortgeschritten, aber wir wollten natürlich noch ordentlich wandern. Also ließen wir uns recht dekadent mit dem Taxi vom Besucherbergwerk zum ungefähr 20 Kilometer entfernten Ort Altenbrak fahren. Das Bodetal musste noch sein. Die Bode entspringt im Harz und mündet nördlich von Halle in die Saale. In Altenbrak trafen wir auch wieder

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