Gesammelte Wanderabenteuer
potenziellen Betrachterinnen entgegen. Was die beiden wollten, schrieben sie ziemlich unverblümt: »Wir sind beide Singles, die gerne wandern und die Natur lieben. Wir würden dies Erlebnis gern mit aufgeschlossenen Frauen teilen wollen.«
|347|
Hermann Hesse aus Calw
|348| Ich weiß nicht, welche Frau keine weichen Knie und einen sehnsuchtsvoll-schmachtenden Blick bekommt, wenn sie liest, dass André (25) mit seiner romantischen Ader »eine Bergfee sucht«.
Weniger auf ätherische Wesen, als auf handfeste Hochleistungs-Frauen steht Roger: »Bin der Roger, 55 Jahre jung. Welche durchtrainierte belastbare Sie will mich begleiten. Tagesetappen von 40 Kilometer sollten ihnen nichts ausmachen. Auch jüngere Damen angenehm.« Ist doch ein klares Anforderungsprofil.
Andreas sagt: »Hallo! Ich, 45, verheiratet (finde es trotzdem anregender mit einer Frau zu wandern), suche Wanderpartnerin.« Vielleicht sollte mal jemand die Frau von Andreas fragen, ob sie das auch »anregender« findet.
Auch Freunde der gleichgeschlechtlichen Liebe meldeten sich im Wanderpartnerforum von fernwege.de: Britta, Vanessa, Dudi und Detlef (die Namen habe ich mir ehrlich nicht ausgedacht) laden ein zum Schwulen- & Lesbenwandern. »Hi Boys and Girls, wir haben viel vor. Es sollen etwas andere Touren werden.« Klar.
Anscheinend ist Wandern ein Aphrodisiakum. Ich habe eine Zuschrift zu meinem ersten Wanderbuch erhalten, in der der Absender begeistert beschrieb, dass er seine besten |349| Touren immer mit Frauen gewandert wäre. Besonders schön wären die Nächte gewesen, schwärmte er. Und ein Bekannter aus meinem engeren Freundeskreis hat mir glaubhaft versichert, den tollsten Sex der Welt während einer mehrwöchigen Wandertour gehabt zu haben.
Es sollte aber nicht der Eindruck entstehen, dass im Internet nur jüngere und ältere Herren ihren Hormonstau beim Wandern auflösen wollen. Auch zwei Frauen aus der Pfalz suchten männliche Wanderbegleitung. Es ist ihnen von Herzen zu gönnen, dass sie Erfolg hatten.
Eher selten kommt es vor, dass Wanderinnen und Wanderer auf die doch zum Teil unmissverständlichen Kontaktanzeigen direkt antworten. Anders im Fall von Wolfgang. »Suche dauerhaft Wanderpartnerin für alles, was Spaß macht. Ich bin männlich, 56/170/86 (stark abnehmend). Noch ein Jahr arbeiten und dann dauerhaft frei.« Eine Frau mit dem Spitznamen Wander-Woman antwortete prompt begeistert und interessiert. Ich wünsche Wander-Woman und Wolfgang, W-W & W, eine lange und dauerhafte Wanderbeziehung und alles Gute, sollte sich mehr daraus ergeben.
|350|
Bayerischer Wald
|351| Zwölf Tausender
EIN BERGDRAMA
Personen
Victor
Schauspieler
Robert de Niro
Kellner
Stefan
Geo-Cacher aus Schiltach im Schwarzwald
Norbert
Stefans Kumpel
Schauplatz ist der Bayerische Wald, die Zeit März 2006.
Das deutsche Mittelgebirge in einer Höhe zwischen 1.000 und 1.500 Metern sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Viele, die das taten, mussten ihren Hochmut mit dem Leben bezahlen. Und wer kann denn schon von sich behaupten, alle deutschen Tausender bestiegen zu haben? Na also. Victor und ich hatten vor zwei Jahren den Brocken im Harz geschafft, was ein guter Anfang war.
Nun hatten wir uns vorgenommen, in zwei Tagen zwölf Tausender im Bayerischen Wald zu bezwingen. Höhepunkt sollte der zweithöchste deutsche Mittelgebirgsberg, der Große Arber, mit 1.456 Meter Höhe sein (der Feldberg im Schwarzwald ist 1.493 Meter hoch). Es hatte schon viele Erstbesteigungen des Großen Arbers gegeben, der erste Mensch, die erste Frau auf dem Arber, der erste Chinese usw. Wir wollten riskieren, als erste bartlose Nichtraucher aus Köln, die früher zusammen in der KSJ waren, den Großen Arber |352| zu besteigen. Mit dem Zug über Nürnberg und Cham fuhren wir nach Watzlsteg in der Oberpfalz. Ich hatte lange Jahre nicht kapiert, wo genau Oberpfalz, Oberfranken und Oberbayern liegen. Wenn man mal da gewesen ist, fällt die geographische Einordnung nicht mehr schwer.
Wir starteten also am Haltepunkt Watzlsteg in 439 Meter Höhe. Kann eine Wanderung in Bayern an einem Ort mit schönerem Namen beginnen? Am ersten Tag unseres mörderischen Projekts wollten wir vier Tausender besteigen und zehn Kilometer zum Basislager, dem Berggasthof Eck, zurücklegen. Wir waren guten Mutes, doch als wir aus dem Schienenbus ausstiegen, trauten wir unseren Augen nicht. Die bestellten Sherpas waren nicht gekommen. Man hatte
Weitere Kostenlose Bücher