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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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mit rußigen Rändern. Dort lebte sicher nichts mehr.
    »Ist das ein weißes Submarine?«, fragte Maxim. »Hast du schon mal welche gesehen?«
    »Meiner Meinung nach ist es eins«, antwortete Gai. »An der Küste habe ich nie gedient, aber uns wurden Fotos gezeigt und Mentogramme. Man hat sie uns auch beschrieben. Sogar einen Mentofilm gab es - ›Panzer bei der Küstenverteidigung‹. Es ist eins. Man kann es sich so vorstellen: Es wurde bei Sturm in die Bucht getrieben, ist dort gestrandet, und dann kam eine Patrouille. Siehst du, wie sie es zerschossen haben? Das ist keine Außenhaut mehr, das ist ein Sieb.«
    »Sieht ganz so aus«, murmelte Maxim, während er es eingehend betrachtete. »Schauen wir’s uns an?«
    Gai wurde verlegen. »Wir könnten, natürlich«, sagte er unsicher.
    »Was ist?«
    »Wie soll ich’s dir erklären?«
    Wirklich, wie sollte er es erklären? Einmal nachts, in der dunklen Kaserne, hatte Korporal Serembesch, der alte Haudegen, erzählt, auf den weißen Submarines befänden sich keine gewöhnlichen Seeleute: Es seien Tote, die entweder eine zweite Dienstzeit ableisteten, oder im Dienst so feige gewesen waren, dass sie vor lauter Angst gestorben seien und jetzt auf diese Weise ihren Dienst zu Ende bringen mussten. Meeresdämonen durchstöberten den Meeresgrund, um die Ertrunkenen
aufzulesen und Mannschaften aus ihnen zusammenzustellen. Aber so etwas konnte er Mak nicht erzählen; der würde nur lachen, obwohl es da gar nichts zu lachen gab. Soldat Leptu, zum Beispiel, ein degradierter Offizier, hatte einmal im Rausch erzählt: »Ist alles Unsinn, Jungs: All eure Missgeburten, die Mutanten, die radioaktive Strahlung - all das überlebt man, damit wird man fertig. Aber betet zu Gott, dass es euch nicht auf ein weißes Submarine verschlägt. Besser gleich absaufen, Jungs, als so eins auch nur mit der Hand zu berühren. Und glaubt mir, ich weiß es.« Sie hatten keine Ahnung, warum Leptu degradiert worden war, doch zuvor hatte er ein Küstenschutzboot befehligt …
    »Weißt du«, begann Gai eindringlich, »es gibt manchen Aberglauben, alle möglichen Legenden. Ich will sie dir nicht erzählen, aber Rittmeister Tschatschu hat einmal erwähnt, die Submarines seien verseucht und es sei strikt verboten, an Bord zu gehen. Es existiert sogar ein solcher Befehl. Es heißt, abgeschossene Submarines würden …«
    »In Ordnung.« Maxim ließ ihn nicht ausreden. »Du bleibst hier, und ich gehe. Mal sehen, was das für eine Seuche ist.«
    Gai öffnete den Mund, doch ehe er ein Wort sagen konnte, war Maxim ins Wasser gesprungen und untergetaucht. Er blieb verschwunden; Gai stockte schon der Atem vom langen Warten, als der schwarzhaarige Schopf endlich wieder zum Vorschein kam - vor der abgeblätterten Bordwand, genau unter einem Einschussloch. Gewandt und mühelos, wie eine Fliege die Wand, erklomm Maxim das schiefe Deck, schwang sich im Nu auf den Bugaufbau - und verschwand. Gai schnappte nach Luft, trat von einem Fuß auf den anderen und ging dann am Wasser hin und her, ohne die Augen von dem Unterseeboot abzuwenden.
    Es war still, nicht einmal Wellen gab es in dieser leblosen Bucht, nur einen leeren weißen Himmel, unbelebte weiße Dünen - alles heiß, trocken und starr. Hasserfüllt musterte
Gai den verrosteten Kadaver. Dass wir aber auch so ein Pech haben: Andere dienen Jahre und bekommen kein einziges Submarine zu Gesicht; wir aber brauchen nur vom Himmel zu fallen, ein Stündchen zu marschieren - und schon haben wir eins vor der Nase. Hervorragend. Wie konnte ich mich nur auf so etwas einlassen? Nur wegen Maxim. Für ihn ist alles immer einfach, als hätte man nichts zu bedenken oder zu fürchten. Vielleicht hatte ich auch deshalb keine Angst, weil ich mir das Submarine in voller Funktion ausgemalt hatte, weiß, schnittig, auf Deck Matrosen, ebenfalls in weiß. Stattdessen nun diese eiserne Leiche. Auch die Gegend hier ist tot, kein Lüftchen regt sich. Dabei war es vorhin windig, ich erinnere mich genau: Als wir gingen, blies mir eine erfrischende Brise entgegen. Gai blickte beklommen umher, setzte sich dann in den Sand, legte die Maschinenpistole neben sich und begann, langsam seinen rechten Stiefel abzustreifen. So eine Stille aber auch! Was, wenn nun Mak nicht mehr zurückkehrte? Wenn dieses eiserne Aas ihn verschluckte und nicht einmal mehr sein Geist da wäre … Nur nichts herbeischreien, toi, toi, toi …
    Plötzlich zuckte er zusammen, der Stiefel fiel ihm aus der Hand, denn er hörte

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