Gesammelte Werke 1
Dünen, hinter denen immer wieder zerzauste Spitzen von Waldbäumen hervorlugten.
Sie legten etwa drei Kilometer zurück, und die ganze Zeit über grübelte Gai, wohin sie gingen und wo sie sich überhaupt befanden. Fragen wollte er nicht, er wollte es selbst herausfinden. Aber auch nachdem er sich alle Details ins Gedächtnis gerufen hatte, erriet er nur, dass irgendwo vor ihnen das Mündungsgebiet der Blauen Schlange lag und sie sich nach Norden bewegten - und er verstand bis jetzt weder
wohin noch wozu. Vom Nachdenken hatte er bald genug. Seine Waffe umklammernd, fiel er in leichten Trab, hatte Mak schnell eingeholt und fragte geradeheraus, was sie für Pläne hätten.
Maxim antwortete bereitwillig, sie hätten keine konkreten Pläne und könnten nur auf Zufälle und Gelegenheiten warten. Zudem bliebe die Hoffnung, dass ein weißes Submarine sich dem Ufer näherte und sie es eher erreichten als die Gardisten. Da es jedoch ein sehr zweifelhaftes Vergnügen sei, im heißen trockenen Sand auf diesen Moment zu warten, müssten sie versuchen, den Kurort zu erreichen, der ganz in der Nähe liegen müsse. Die Stadt sei natürlich längst zerstört, aber die Brunnen würden sicher noch funktionieren, und sie hätten ein Dach über dem Kopf. Sie würden im Kurort übernachten und dann weitersehen. Möglich, dass sie viele Dutzend Tage an dieser Küste verbringen müssten.
Vorsichtig wandte Gai ein, der Plan erscheine ihm etwas merkwürdig. Mak stimmte ihm zu und fragte ihn seinerseits, ob nicht er, Gai, einen anderen, besseren wüsste? Gai verneinte, vergaß aber nicht, Mak vor den Panzerpatrouillen der Garde zu warnen, die, soweit er wisse, die Küste entlang weit nach Süden vordrangen. Maxims Miene verfinsterte sich. Er knurrte, das sei schlecht, und sie dürften sich keinesfalls überrumpeln lassen; dann befragte er ihn detailliert nach der Taktik der Patrouillen. Als Gai ihm berichtete, dass die Panzer weniger das Ufer als vielmehr das Meer kontrollierten und man sich in den Dünen leicht vor ihnen verbergen konnte, beruhigte sich Mak und pfiff sogar einen kleinen Marsch vor sich hin, den Gai noch nicht kannte.
Im Takt dieses Marsches stapften sie weitere zwei Kilometer. Inzwischen überlegte Gai, was sie tun konnten, würden sie tatsächlich von einer Streife bemerkt. Dann legte er seinen Plan Maxim dar.
»Wenn sie uns entdecken«, begann er, »erzählen wir ihnen, die Missgeburten hätten mich entführt, du hättest sie verfolgt und mich ihnen wieder abgejagt. Dann wären wir durch den Wald geirrt und seien schließlich hier gelandet.«
»Und was nützt uns das?« Maxim schien nicht sonderlich begeistert.
»Das nützt uns«, antwortete Gai verärgert, »dass sie uns wenigstens nicht an Ort und Stelle erschießen.«
»Nein«, sagte Maxim bestimmt. »Erschießen lasse ich mich nicht mehr, und auch dich wird keiner erschießen.«
»Und wenn sie einen Panzer haben?«
»Ja, na und? Pah, ein Panzer …«
Maxim schwieg kurze Zeit und fügte dann nachdenklich hinzu: »Weißt du, es wäre gar nicht schlecht, einen Panzer zu kapern.«
Offensichtlich gefiel ihm dieser Gedanke.
»Ausgezeichnete Idee, Gai«, fuhr Maxim fort. »So machen wir’s. Wir nehmen ihnen einen Panzer weg. Sobald sie auftauchen, ballerst du mit der MP in die Luft, ich lege die Hände auf den Rücken, und du treibst mich direkt zu ihnen. Der Rest ist meine Sache. Aber halte dich im Hintergrund, komm mir nicht in die Quere, und gib vor allem keinen Schuss mehr ab.«
Gai fing Feuer und schlug gleich vor, auf den Dünen weiterzugehen, damit man sie schon von fern sehen könnte. Sie kletterten nach oben.
Und erblickten sofort ein weißes Submarine.
Hinter den Dünen lag eine kleine flache Bucht, und das Unterseeboot ragte etwa hundert Meter vom Ufer entfernt aus dem Wasser. Einem Submarine ähnelte es allerdings gar nicht, noch weniger war es weiß. Gai vermutete zunächst, es handle sich um den Kadaver eines riesigen zweihöckrigen Tieres oder um einen bizarren Felsen. Maxim aber begriff gleich, was sie
da vor sich hatten und meinte, das Submarine liege sicher schon einige Jahre dort, verlassen und in den Grund gesunken.
So war es auch. Als sie die Bucht erreichten und zum Wasser hinunterstiegen, sah Gai die Rostflecken, sowohl am langen Rumpf als auch an den Aufbauten. Die weiße Farbe war abgeblättert und der Geschützstand seitlich weggekippt, so dass die Kanonenmündung auf das Wasser wies. In der Panzerung klafften schwarze Löcher
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