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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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komponiert - zwar keine Symphonien, aber kleine Lieder und Melodien, die für das menschliche Ohr durchaus hübsch klingen. Und nun noch etwas …
    Er schielt mit einem gelben Auge zu mir herüber. »Wie hast du das mit dem Feuer erraten?«, erkundigt er sich.
    Ich horche auf. Ich habe also etwas mit dem Feuer erraten? Wann war das wohl?
    »Kommt darauf an, was für ein Feuer«, sage ich aufs Geratewohl.
    »Verstehst du nicht, wovon ich spreche? Oder willst du nicht darüber sprechen?«
    Feuer, Feuer, überlege ich hastig. Ich habe das Gefühl, vielleicht gleich etwas ganz Wichtiges zu erfahren. Wenn ich nichts übereile. Wenn ich die richtigen Antworten gebe. Wann habe ich denn etwas von Feuer gesagt? Ja! Genau, »schreckt sie mit Feuer ab.«
    »Jedes Kind weiß, dass Tiere sich vor Feuer fürchten«, sage ich. »Deshalb bin ich auch darauf gekommen. War es denn in diesem Fall so schwer, das zu erraten?«
    »Ich finde schon«, brummt Wepl. »Früher bist du jedenfalls nicht darauf gekommen.«
    Er schweigt und hört auf zu schielen. Ende des Gesprächs. Wie klug er doch ist. Ihm ist klar, dass ich entweder nicht verstehe, worum es geht, oder aber nicht darüber sprechen möchte, wenn uns andere hören. In beiden Fällen aber ist es
besser, das Gespräch zu beenden. So, so, er meint also, ich hätte das mit dem Feuer erraten. In Wahrheit habe ich gar nichts erraten, sondern bloß zu Vanderhoeze gesagt: »Schreckt sie mit Feuer ab.« Wepl aber hat daraus gefolgert, ich hätte etwas erraten … Feuer, Feuer … Wepl hatte natürlich kein Feuer bei sich … Oder doch? Ja, doch! Nur ich habe es nicht gesehen! Aber die Hunde sahen es. So war das also! Oh, dieser Wepl …
    »Und du … Du hast die Hunde angesengt, nicht?«, frage ich ein wenig einschmeichelnd.
    »Das Feuer sengt«, erwidert Wepl trocken.
    »Und das kann jeder Kopfler?«
    »Kopfler nennen uns nur die Erdenmenschen. Bei den Missgeburten des Südens heißen wir Vampire. Und an der Mündung der Blauen Schlange nennen sie uns Blender. Und auf dem Archipel - ›zsehu‹. Im Russischen gibt es dazu keine Entsprechung. Es bedeutet, ›der unter der Erde wohnt und mit der Kraft seines Geistes zu unterwerfen und zu töten vermag‹.«
    »Verstehe«, sage ich.
    Nur fünf Jahre habe ich also gebraucht, um herauszufinden, dass mein engster Freund, vor dem ich nie etwas verborgen habe, die Fähigkeit besitzt, mit der Kraft seines Geistes zu unterwerfen und zu töten. Hoffentlich nur Hunde, denke ich, aber - wer weiß. Fünf Jahre Freundschaft! Zum Teufel, warum kränkt mich das eigentlich so?
    Wepl bemerkt den bitteren Unterton in meiner Stimme sofort, deutet ihn aber auf seine Weise: »Sei nicht neidisch«, sagt er. »Ihr besitzt dafür sehr vieles, was wir nicht haben und auch niemals haben werden. Eure Maschinen und eure Wissenschaft zum Beispiel.«
    Wir kommen zu einem Platz und bleiben sofort stehen, als wir dort, links hinter der Ecke, eine Kanone entdecken: tief, wie zu Boden geduckt; ein langer Lauf mit dem schweren
Aufsatz einer Mündungsbremse; ein niedriger, breiter Schild, mit Tarnstreifen im Zickzack bemalt; gespreizte Rohrholme; dicke Räder mit Gummireifen. Aus dieser Stellung ist so mancher Schuss abgefeuert worden … vor langer, sehr langer Zeit. Die ringsum verstreuten leeren Hülsen sind von grünem und rotem Rost völlig zerfressen, die Sporen der Holme haben den Asphalt bis zum Erdboden aufgerissen und versinken jetzt in dichtem Gras; am linken ist sogar ein kleines Bäumchen gewachsen. Der durchgerostete Verschluss ist zur Seite geschwenkt, das Visier fehlt völlig, und hinter der Stellung sind angefaulte, halb zerfallene, leere Munitionskisten zu sehen - allesamt leer. Hier ist bis zur letzten Granate geschossen worden.
    Ich schaue über den Schild und sehe, wohin geschossen wurde. Genauer gesagt, entdecke ich zuerst große, vom Efeu überwucherte Einschüsse an der Hauswand gegenüber. Erst danach fällt mir am Fuß dieses Hauses ein kleiner, schmutzig gelber Pavillon mit flachem Dach auf, der hier völlig deplatziert wirkt. Jetzt wird mir klar, dass nicht das Haus, sondern der Pavillon beschossen wurde - aus nur fünfzig Meter Abstand, fast auf Tuchfühlung. Die klaffenden Löcher in der Hauswand dahinter sind bloß Fehlschüsse, obwohl es fast unmöglich scheint, aus so geringer Distanz das Ziel zu verfehlen. Die Fehlschüsse sind allerdings nicht allzu zahlreich, und man kann nur über die Standfestigkeit dieser Anlage staunen, die so viele

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