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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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ich endgültig begreife: Es hat alles keinen Sinn, da kann man nichts machen, nur wieder nach Hause zu gehen …
    Mit großer Anstrengung reiße ich mich zusammen und schalte den verdammten Scheinwerfer aus. Wepl bricht eine
lange, sorgsam durchdachte Schimpftirade mitten im Wort ab und geht vorwärts, als sei nichts gewesen. Ich folge ihm und höre, wie Vanderhoeze an Bord für Ordnung sorgt: »Eine Schande! Die Einsatzgruppe zu stören! Ich lasse sofort die Kabine räumen! Jage euch raus! … Zustände!«
    »Macht dir das Spaß?«, frage ich Wepl leise.
    Er schielt mit dem kugeligen Auge herüber.
    »Ziemlich intrigant«, sage ich. »Ihr Kopfler seid überhaupt alle Intriganten und Streithammel …«
    »Es ist feucht«, sagt Wepl unpassenderweise. »Und jede Menge Frösche. Man weiß nicht, wohin man den Fuß setzen soll … Wieder Lastwagen«, teilt er mit.
    Aus dem Nebel dringt deutlich und streng der Gestank von nassem rostigem Eisen zu uns, und eine Minute später stehen wir inmitten einer riesigen, ungeordneten Ansammlung unterschiedlichster Autos.
    Da stehen offene Lastwagen und geschlossene Lastwagen mit Kofferaufbau, riesige Tieflader, winzige, tropfenförmige Sportwagen, aber auch grässliche Konstruktionen mit Autosteuerung und acht mannshohen Rädern. Sie stehen mitten auf der Straße, auf den Fußwegen, kreuz und quer, die Stoßstangen ineinandergerammt, manche hängen halb übereinander - und sind so verrostet, dass sie beim geringsten Stoß gewiss auseinanderfallen werden. Hunderte Autos. Schnell voranzukommen ist unmöglich; wir müssen um sie herumgehen, über sie drüberklettern, uns zwischen ihnen hindurchzwängen. Alle Wagen sind zudem mit Hausrat beladen, und auch der ist längst bis zur Unkenntlichkeit verfault, verrottet und verrostet …
    Irgendwo, ganz am Rande meiner Wahrnehmung, plappern noch die zurechtgewiesenen Experten, tönt Vanderhoeze mir aufgeregt ins Ohr; aber ich habe gerade keine Zeit für sie: Fluchend ziehe ich meinen Fuß aus dem stinkenden Morast halbverwester Lumpen und breche gleich danach, wieder fluchend,
in riesige Kisten ein, wo nackte, rosige Rattenjunge inmitten von Bergen vergammelten Papiers verzweifelt vor sich hin fiepen. Dann breche ich, wieder fluchend, mit der Schulter durch eine verfaulte Holzwand und stehe auf einmal im Freien, im Regen, mitten in einer Pfütze, und die Frösche springen erschrocken zur Seite. Ich gehe weiter. Unter den Füßen knirscht und klirrt zerbrochenes Glas; Dosen (oder was ist das?) rollen zur Seite. Ein Stück vernickeltes Eisen zerfällt zu Staub, als ich versuche, meine Hand darauf zu stützen. Und einmal bricht plötzlich die Wand eines Kastenwagens, so groß wie ein Interkontinental-Container, von selbst in der Mitte durch. Mit fauligem Schmatzen quellen Ströme von undefinierbarem Müll hervor. Darüber hängen dicke, widerlich stinkende Dunstwolken …
    Aber dann, ganz plötzlich, hört das chaotische Labyrinth auf.
    Ringsumher stehen zwar noch immer Autos, Hunderte von Autos, jetzt aber relativ geordnet, zu beiden Seiten der Fahrbahn und auf dem Fußweg aufgereiht, wobei die Mitte der Straße wieder völlig frei ist.
    Ich schaue Wepl an. Der schüttelt sich wütend, kratzt sich mit allen vier Pfoten zugleich, leckt sich den Rücken, spuckt, flucht … und fängt wieder an, sich zu schütteln, zu kratzen und zu lecken.
    Vanderhoeze erkundigt sich besorgt, warum wir abseits der Marschroute gingen und was das für ein Warenlager gewesen sei. Ich erkläre, dass es gar kein Warenlager gewesen sei. Wir haben eine Diskussion zum Thema: Wenn das Spuren einer Evakuierung sind, warum ist die Bevölkerung dann vom Stadtrand zum Zentrum hin evakuiert worden?
    »Zurück gehe ich auf diesem Weg aber nicht«, erklärt Wepl, hebt seine Pfote und zerdrückt mit einem wütenden Schlag einen vorbeihüpfenden Frosch auf der Fahrbahn.
    Um zwei Uhr nachmittags verbreitet der Stab die erste zusammenfassende Meldung. Es hat hier eine ökologische Katastrophe
gegeben; zugrunde gegangen ist die Zivilisation aber infolge einer anderen, bislang unbekannten Ursache. Die gesamte Bevölkerung verschwand quasi binnen einer Stunde, aber sie hat sich weder in einem Krieg vernichtet noch ist sie in den Weltraum geflüchtet - die Technik ist nicht dementsprechend. Und überhaupt: Der Planet ist kein Friedhof, sondern eine einzige Müllkippe. Die traurigen Reste der eingeborenen Bevölkerung fristen ihr Dasein auf dem Lande, bearbeiten mehr schlecht als recht

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