Gesammelte Werke 1
Entrüstung, Mentogramme von sich selbst zu demonstrieren, und seine Reaktionen auf Maxims Mentogramme waren ebenso sonderbar. Maxim hatte sich extra ein ganzes Programm von Erinnerungen zurechtgelegt, um den Einheimischen eine möglichst umfassende Vorstellung vom sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben auf der Erde zu vermitteln. Auf Mentogramme dieser Art reagierte Professor Megu jedoch ausgesprochen gelangweilt. Er verzog das Gesicht und brummte vor sich hin, entfernte sich zwischendurch, telefonierte oder setzte sich an den Tisch und nörgelte an seinem Assistenten herum; dabei wiederholte er immer wieder den Ausdruck »Massaraksch«. Sprengte aber Maxim auf dem Bildschirm einen Eisberg in die Luft, der ein Schiff eingeklemmt hatte, zerfetzte er mit dem Scorcher einen Panzerwolf oder entriss einem gigantischen Pseudokraken sein Expresslabor, war Nilpferd total fasziniert und wich keinen Meter vom Mentoskop. Er quietschte vor Vergnügen, schlug sich begeistert auf die
Schenkel und brüllte den erschöpften Assistenten an, der die Aufzeichnung der Bilder überwachte. Der Anblick einer Chromosphärenprotuberanz versetzte Megu geradezu in Ekstase, als hätte er nie im Leben etwas Derartiges gesehen. Sehr angetan zeigte er sich auch von den Liebesszenen, die Maxim größtenteils Spielfilmen entlehnte, um den Einheimischen einen Eindruck vom Gefühlsleben der Menschheit zu vermitteln.
Nilpferds abstruse Reaktionen auf die Mentogramme brachten Maxim auf trübe Gedanken: Vielleicht war dieser Mann gar kein Professor, sondern nur ein Mentoskop-Ingenieur, der das Material für die eigentliche Kontaktkommission aufbereitete. Das Treffen mit den entscheidenden Leuten stünde Maxim also noch bevor, und es wäre völlig ungewiss, wann es stattfände. So gesehen wäre Megu eine recht einfältige, kindische Person - wie ein kleiner Junge, der sich in »Krieg und Frieden« nur für die Schlachtenschilderungen interessierte. Dieser Gedanke aber war demütigend: Immerhin vertrat Maxim die Erde und hatte damit das Anrecht auf einen ernsthafteren Kontaktpartner.
Möglicherweise lag der Planet aber auch am Schnittpunkt ihm unbekannter interstellarer Trassen, und das Auftauchen von Fremdplanetariern war hier etwas Alltägliches. So alltäglich, dass man nicht für jeden einzelnen Neuankömmling hochrangige Spezialkommissionen einberief, sondern einfach die wichtigsten Informationen aus ihm herauszog und es dabei bewenden ließ. Für diese Möglichkeit sprach das routinierte Vorgehen der Leute mit den hellen Knöpfen, die ja offenbar keine Spezialisten waren und den Ankömmling ohne großes Brimborium zu der für ihn zuständigen Stelle geschickt hatten. Oder aber es waren früher einmal Nichthumanoide hier aufgetaucht, die einen so schlimmen Eindruck hinterlassen hatten, dass man nun allen Fremdplanetariern gehöriges Misstrauen entgegenbrachte. In diesem Fall wäre
Professor Nilpferds Theater mit dem Mentoskop nur ein Ablenkungsmanöver, eine Kontaktaufnahme zum Schein sozusagen, bis gewisse hohe Instanzen über sein Schicksal entschieden hätten.
So oder so sitze ich in der Tinte, dachte Maxim, während er den letzten Bissen hinunterwürgte. Ich muss schnellstens die Sprache lernen, dann werde ich bald wissen, woran ich bin.
»Gut«, lobte Fischi und räumte den Teller ab. »Gehen wir.«
Maxim seufzte und stand auf. Sie traten in den langen, schmutzig blauen Gang hinaus. Rechts und links reihten sich verschlossene Türen aneinander, genau solche wie die zu Maxims Zimmer. Nie hatte er hier jemanden getroffen, zweimal allerdings seltsame, erregte Stimmen durch die Türen gehört. Womöglich saßen dort auch Fremdplanetarier, die darauf warteten, dass über ihr Schicksal entschieden würde?
Mit langen Männerschritten und steif wie ein Stock ging Fischi ihm voraus, und Maxim hatte plötzlich Mitleid mit ihr. Anscheinend gab es hierzulande keine Kosmetikindustrie, und so musste sich die arme Fischi mit ihrem Äußeren abfinden. Mit diesen fettigen, farblosen Haaren, die unter der weißen Haube hervorschauten, den hässlich dürren Beinen und den großen, eckigen Schulterblättern, die sich deutlich unter dem Kittel abzeichneten, konnte sie sich unmöglich wohlfühlen - höchstens bei Fremdplanetariern, und auch da nur bei den nichthumanoiden. Der Assistent des Professors behandelte Fischi von oben herab, und Nilpferd beachtete sie gar nicht und sprach sie nie anders an als mit »Yyyj …« - sicher eine Variante des
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