Gesammelte Werke 1
interkosmischen »Ey …« Maxim fiel ein, dass er sie allerdings auch nicht gerade vorbildlich behandelte, und verspürte Gewissensbisse. Er holte Fischi ein, streichelte ihr über die knochige Schulter und sagte: »Nolu ist prima Mädchen. Gut.«
Als sie ihm nun das hagere Gesicht zuwandte, ähnelte sie mehr denn je einem erstaunten Karpfen von vorn. Sie schob
seine Hand zurück, zog die dünnen Brauen zusammen und erklärte in strengem Ton: »Maxim nicht gut. Mann. Frau. Geht nicht.«
Verlegen blieb Maxim wieder ein Stück zurück. So erreichten sie das Ende des Flurs. Fischi stieß eine Tür auf und sie betraten einen großen hellen Raum - Maxim nannte ihn das Wartezimmer. Vor den Fenstern hingen geschmacklose Gitter aus dicken Eisenstäben; eine hohe, lederbezogene Tür führte in Nilpferds Labor, und neben der Türe hockten - warum auch immer - zwei groß gewachsene Einheimische, die nicht reagierten, wenn man sie ansprach, und den Eindruck machten, als befänden sie sich in fortwährender Trance.
Wie immer begab sich Fischi sofort zu Nilpferd und ließ Maxim im Wartezimmer zurück. Und wie immer grüßte er die beiden an der Tür, bekam aber - wie immer - keine Antwort. Die Tür zum Labor blieb halb offen; so konnte Maxim die dröhnende, zornige Stimme Professor Megus hören und das helle Knacken des eingeschalteten Mentoskops. Er trat ans Fenster und betrachtete die trübe, regennasse Landschaft, sah die bewaldete, von der Autobahn zerschnittene Ebene, den hohen, im Nebel kaum zu erkennenden Metallturm. Doch bald wurde ihm langweilig. Und ohne abzuwarten, dass man ihn rief, ging er ins Labor.
Hier roch es wie gewohnt angenehm nach Ozon, die Synchronbildschirme flimmerten. Der abgekämpfte, kahlköpfige Assistent mit dem unaussprechlichen Namen, den Maxim immer »Stehlampe« nannte, tat so, als stellte er die Geräte ein; in Wirklichkeit aber lauschte er neugierig. Denn im Labor tobte ein Streit.
An Nilpferds Tisch, in Nilpferds Sessel saß ein unbekannter Mann mit quadratischem, schuppigem Gesicht und roten, verquollenen Augen. Nilpferd stand vor ihm, breitbeinig, die Hände in die Hüften gestemmt und leicht vornübergebeugt.
Er brüllte. Sein Hals war blau angelaufen, die Glatze leuchtete dunkelrot, und aus seinem Mund spritzte nach allen Seiten Spucke.
Maxim wollte keine Aufmerksamkeit erregen, schlich an seinen Platz und begrüßte halblaut den Assistenten. Stehlampe, ein nervöser und schreckhafter Typ, sprang entsetzt zur Seite und stolperte dabei über ein dickes Kabel. In letzter Sekunde fing Maxim ihn an den Schultern auf, aber Stehlampe verdrehte die Augen und klappte zusammen. Kein Tröpfchen Blut war mehr in seinem Gesicht. Was für ein seltsamer Mensch: Er hatte panische Angst vor Maxim. Schon eilte Fischi herbei, mit einem geöffneten Fläschchen in der Hand, das sie Stehlampe sofort unter die Nase hielt. Er erwachte langsam wieder zum Leben, und bevor er noch einmal das Bewusstsein verlieren konnte, lehnte Maxim ihn an einen Eisenschrank und entfernte sich.
Er ging zu seinem Platz, setzte sich auf den Stuhl der Mentoskopanlage und bemerkte plötzlich, dass der Unbekannte Professor Megu gar nicht mehr zuhörte, sondern ihn, Maxim, musterte. Maxim lächelte freundlich. Der Unbekannte neigte leicht den Kopf. In diesem Augenblick donnerte Nilpferd mit der Faust auf den Tisch und griff nach dem Telefon. Der Unbekannte nutzte die eingetretene Pause für einige Worte, von denen Maxim aber nur »muss sein« und »nicht nötig« verstand, nahm dann ein hellblaues Papier mit grünem Rand vom Tisch und wedelte damit vor Nilpferds Gesicht. Der winkte ärgerlich ab und blaffte gleich darauf ins Telefon. »Muss sein«, »nicht nötig« und das nicht entschlüsselbare »Massaraksch« sprudelten aus seinem Mund, außerdem verstand Maxim das Wort »Fenster«. Alles endete damit, dass Nilpferd wütend den Hörer hinwarf, den Unbekannten noch einige Male anschnauzte, ihn dabei von Kopf bis Fuß mit Spucke bespritzte, völlig außer sich aus dem Zimmer rannte und die Tür hinter sich zuschlug.
Der Fremde wischte sich mit einem Taschentuch das Gesicht ab, stand auf, öffnete eine große flache Schachtel, die auf dem Fensterbrett lag, und holte einige dunkle Kleidungsstücke heraus.
»Kommen Sie her«, wandte er sich an Maxim. »Ziehen Sie das an.«
Maxim blickte zu Fischi hinüber.
»Ziehen Sie es an«, sagte sie. »Muss sein.«
Maxim begriff: Das war die langersehnte Schicksalswende. Endlich hatte
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