Gesammelte Werke 1
nicht kommen.«
Jetzt blickte sie mich an, als traute sie ihren Augen nicht. »Wie das … Woher wissen Sie?«
»Warten Sie auf mich«, sagte ich. »Ich erzähle Ihnen alles. In ein paar Minuten bin ich da.«
»Was ist mit ihm passiert?«, schrie sie durchdringend und voller Angst auf.
»Ihm fehlt nichts. Machen Sie sich keine Sorgen. Warten Sie, ich komme gleich.«
Zwei Minuten fürs Anziehen. Drei Minuten bis zur nächsten Null-T-Kabine. Verdammt, eine Schlange vor der Kabine … Freunde, ich bitte Sie, lassen Sie mich vor, es ist sehr wichtig. Danke, vielen Dank! … So. Eine Minute für die Suche nach dem Index. Was die dort in der Provinz für Indexzahlen haben! Fünf Sekunden, um den Index zu wählen. Und ich trete aus der Kabine hinaus in das leere, mit Holzbalken verkleidete Klubhaus-Vestibül des Kurorts. Stehe noch eine Minute lang auf der breiten Vortreppe und blicke mich um.
Aha, dort muss ich hin. Ich bahne mir einen Weg durch das Gestrüpp von Ebereschen und Brennnesseln. Bloß nicht dem Doktor Goannek über den Weg laufen …
Maja Glumowa erwartete mich im Eingangsbereich - sie saß an dem niedrigen kleinen Tisch mit dem Bärchen und hielt das Videofon auf den Knien. Als ich eintraf, sah ich unwillkürlich zu der angelehnten Wohnzimmertür hin, und sofort beeilte sie sich zu sagen: »Wir werden uns hier unterhalten.«
»Ganz wie Sie möchten«, antwortete ich.
Betont gelassen schaute ich mir Wohnzimmer, Küche und Schlafzimmer an. Überall war sauber aufgeräumt, und natürlich war niemand darin. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sie reglos dasaß, die Hände aufs Videofon gelegt, und vor sich hin starrte.
»Wen haben Sie da gesucht?«, fragte sie kühl.
»Ich weiß nicht«, gestand ich aufrichtig. »Unser Gespräch ist ein wenig heikel, und ich wollte mich vergewissern, dass wir alleine sind.«
»Wer sind Sie?«, wollte sie wissen. »Aber lügen Sie nicht wieder.«
Ich präsentierte ihr die Legende Nummer zwei, gab die Erklärung über das Persönlichkeitsgeheimnis ab und fügte hinzu, dass ich mich für die Lügen nicht zu entschuldigen gedachte - ich hatte einfach versucht, meine Angelegenheit zu erledigen, ohne sie in unnötige Aufregung zu versetzen.
»Und jetzt haben Sie also beschlossen, nicht weiter Rücksicht auf mich zu nehmen?«
»Was sollte ich Ihrer Meinung nach tun?«
Sie gab keine Antwort.
»Jetzt sitzen Sie hier und warten«, sagte ich. »Aber er kommt nicht. Er führt Sie an der Nase herum. Uns alle führt er an der Nase herum; ein Ende ist nicht abzusehen. Aber die Zeit vergeht.«
»Warum glauben Sie, dass er nicht hierher zurückkehren wird?«
»Weil er sich versteckt hält«, erklärte ich. »Und weil er alle belügt, mit denen er zu sprechen hat.«
»Wozu haben Sie dann hier angerufen?«
»Weil ich ihn partout nicht finden kann!«, sagte ich verärgert. »Ich muss jede Gelegenheit ergreifen, selbst die idiotischste.«
»Was hat er getan?«, fragte sie.
»Ich weiß nicht, was er getan hat. Vielleicht nichts. Ich suche ihn nicht, weil er etwas getan hat. Ich suche ihn, weil er der einzige Zeuge eines großen Unglücks ist. Und wenn wir ihn nicht ausfindig machen, werden wir nie erfahren, was sich dort zugetragen hat.«
»Wo - dort?«
»Das spielt keine Rolle«, sagte ich ungeduldig. »Dort, wo er im Einsatz war. Nicht auf der Erde. Auf dem Planeten Saraksch.«
Es war ihr anzusehen, dass sie zum ersten Mal etwas von dem Planeten Saraksch hörte. »Warum verbirgt er sich denn?«, fragte sie leise.
»Das wissen wir nicht. Er befindet sich am Rande eines psychischen Zusammenbruchs. Man kann sagen, dass er krank ist. Vielleicht leidet er unter Wahnvorstellungen, vielleicht unter einer fixen Idee.«
»Krank …«, sagte sie und schüttelte still den Kopf.
»Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Was wollen Sie von mir?«
»Haben Sie ihn noch einmal gesehen?«
»Nein«, sagte sie. »Er hat versprochen anzurufen, hat es aber nicht getan.«
»Warum warten Sie dann hier auf ihn?«
»Ja, wo soll ich denn sonst auf ihn warten?«
In ihrer Stimme lag so viel Leid, dass ich den Blick abwandte und eine Weile schwieg. Dann fragte ich: »Und wo wollte er Sie anrufen? Im Büro?«
»Vielleicht. Ich weiß nicht. Beim ersten Mal hat er mich im Büro angerufen.«
»Er hat Sie im Museum angerufen und gesagt, dass er zu Ihnen kommt?«
»Nein. Er hat mich gleich zu sich bestellt. Hierher. Ich habe einen Gleiter genommen und bin losgeflogen.«
»Maja Toivowna«, sagte
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