Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
Vom Netzwerk:
vergessen, ihre Knöpfe zu schließen, rufe ich das Wesentliche noch einmal ins Gedächtnis: Die Gruppe bekommt einen Hauseingang zugewiesen. Sie teilt sich in vier Trupps: in drei Dreiertrupps und die äußere Reserve. Die Dreiertrupps, bestehend aus je zwei Soldaten und einem Anwärter, kontrollieren der
Reihe nach und möglichst unauffällig die Wohnungen. Haben sie eine Wohnung betreten, handeln sie folgendermaßen: Der Kandidat bewacht den Eingang, der zweite Soldat besetzt, ohne sich durch das Geringste ablenken zu lassen, die Hintertür, der Truppführer durchsucht die Räume. Die Reserve - drei Anwärter und der Gruppenführer, im gegebenen Fall also ich - bleibt unten im Treppenhaus, um erstens niemanden während der Operation herauszulassen und um zweitens sofort den Trupp zu unterstützen, der Hilfe braucht. Die konkrete Zusammensetzung der Trupps und der Reserve ist Ihnen bekannt … Achtung!« Er trat noch einen Schritt zurück. »In Dreiertrupps und Reserve - antreten!«
    Alle Männer nahmen ihren Platz ein. Niemand irrte sich dabei, niemand verhedderte seine Maschinenpistole, rutschte aus oder verlor das Barett, wie das bei früheren Übungen passiert war. Rechts außen ragte Maxim aus der Reserve hervor und grinste wieder breit. Jäh kam Gai der Gedanke: Womöglich betrachtete Mak alles nur als unterhaltsames Spiel? Doch nein, so war es natürlich nicht - weil es so nicht sein konnte. Schuld an diesem Eindruck war bloß das idiotische Lächeln.
    »Nicht übel«, brummte Gai, Korporal Serembesch nachahmend, und blickte wohlwollend Pandi an: ein Mordskerl, der Alte, hatte die Jungs gedrillt. »Achtung!«, rief er. »Gruppe - antreten!«
    Wieder kurze Bewegung, herrlich exakt und makellos, und die Gruppe stand in Linie. Gai war erstaunt, mehr noch, er war begeistert. Einfach hervorragend! Er legte die Hände wieder auf den Rücken und schritt auf und ab.
    »Gardisten!«, sagte er. »Wir sind die Stütze und die einzige Hoffnung des Staates in dieser schweren Zeit. Nur auf uns können sich die Unbekannten Väter bei ihrem großen Werk verlassen - bedenkenlos verlassen!« Das war die Wahrheit, die reine Wahrheit, und in ihr lagen Zauber und Hingabe. »Das Chaos, das der verbrecherische Krieg hervorgebracht
hat, ist kaum vorüber, seine Folgen sind noch immer zu spüren. Gardisten, Brüder! Wir haben nur eine Aufgabe: alles mit der Wurzel auszurotten, was uns ins Chaos zurückzieht. Der Feind an unseren Grenzen schläft nicht, er hat wiederholt und erfolglos versucht, uns in einen neuen Krieg zu Lande und zur See hineinzuziehen, und nur dank der Tapferkeit und Standhaftigkeit der Soldaten, der Armee, kann unser Land in Frieden und Ruhe leben. Doch auch die größten Anstrengungen der Armee werden nicht zum Ziel führen, wenn wir den Feind im Inneren nicht besiegen. Diesen zu vernichten, ist unsere und allein unsere Aufgabe, Gardisten. Dafür bringen wir viele Opfer. Wir stören die Ruhe unserer Mütter, Brüder und Kinder, bringen den rechtschaffenen Arbeiter, Beamten, Händler und Industriellen um seine verdiente Erholung. Sie wissen, was uns zwingt, in ihre Wohnungen einzudringen, und sie empfangen uns als ihre Freunde, als ihre Beschützer. Macht euch das klar und lasst euch bei der Erfüllung eurer Aufgabe nicht vom edlen Eifer hinreißen. Freund ist Freund, und Feind ist Feind … Noch Fragen?«
    »Nein!«, schrie es aus zwölf Kehlen.
    »Stillgestanden! Dreißig Minuten Pause und Überprüfen der Ausrüstung! Wegtreten!«
    Die Gruppe zerstreute sich; zu zweit und zu dritt gingen die Gardisten zur Kaserne. Gai folgte ihnen langsam. Er verspürte eine angenehme innere Leere. In einiger Entfernung wartete Maxim und lächelte schon im Voraus.
    »Los, spielen wir ›Wörter‹«, schlug er vor.
    Gai stöhnte innerlich auf. Zurechtweisen sollte er Mak, zurechtweisen! Wo gab es denn so etwas: ein Anwärter, ein unerfahrener Milchbart, der eine halbe Stunde vor Operationsbeginn seinen Korporal mit Vertraulichkeiten belästigte!
    »Dazu ist jetzt nicht die Zeit«, sagte er so kühl wie möglich.
    »Bist du aufgeregt?«, fragte Maxim mitfühlend.

    Gai blieb stehen und verdrehte die Augen. Was sollte er nur tun! Es war einfach unmöglich, diesem gutmütigen, naiven Riesenkerl böse zu sein, ihn zurechtzuweisen, zumal er der Retter seiner Schwester war und - wozu es verheimlichen - ihn beim Exerzieren in jeder Hinsicht weit übertraf … Gai sah sich um und sagte: »Hör zu, Mak, du bringst mich in eine

Weitere Kostenlose Bücher