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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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sagte er. »Gönnt einem Soldaten beim Ausgang ein wenig Entspannung.«
    Aber Gais Phantasie war geweckt; im Fernsehen lief Unsinn, und so begann er, von den wilden Entarteten zu erzählen. Er wusste ja manches über sie - schließlich hatte er, Gott sei Dank!, drei Jahre gegen sie gekämpft und nicht im Hinterland gehockt wie gewisse Philosophen … Rada war wegen des Onkels gekränkt und schimpfte Gai einen Angeber. Der Onkel und Mak hingegen ergriffen, wer weiß, warum, für ihn Partei und baten ihn weiterzureden. Gai aber stellte sich stur: Kein Wort würde er mehr sagen. Zum einen war er tatsächlich ein wenig beleidigt, zum anderen konnte er sich trotz aller Mühe an nichts erinnern, womit er die dummen Ideen des alten Säufers hätte widerlegen können. Die Entarteten des Südens waren in der Tat grausame, absolut gnadenlose Wesen und würden ohne Zweifel bei der ersten Gelegenheit die ganze Menschheit ausrotten; vielleicht hätten sie sogar Spaß dabei. Dann aber kam Gai die Idee, dem Onkel eine These aufzutischen, die er einmal von Sef, dem Ältesten der 134. Todeskandidaten-Gruppe, gehört hatte. Nach Auffassung der Rotvisage
rührten die zunehmenden Aktivitäten der Missgeburten daher, dass auch ihnen die radioaktive Wüste zu schaffen machte und sie nicht mehr wussten, wo sie bleiben sollten. Der einzige Ausweg für sie schien der gewaltsame Vorstoß nach Norden zu sein, in die nichtradioaktiven Gebiete des Landes.
    »Wer hat das behauptet?«, fragte der Onkel verächtlich. »Von welchem Vollidioten stammt dieser vollkommen primitive Gedanke?«
    Gai sah ihn schadenfroh an und antwortete gewichtig: »Das ist die Meinung eines gewissen Allu Sef, Träger des Kaiserlichen Forschungspreises, eines der bedeutendsten Psychiater unseres Landes.«
    »Und wo hast du ihn getroffen?«, erkundigte sich von oben herab der Onkel. »In der Kompanieküche?«
    Gai wollte schon herausplatzen, woher er Sef kannte, biss sich aber rechtzeitig auf die Zunge. Er setzte eine bedeutende Miene auf, schaute zum Fernseher und lauschte dann sehr aufmerksam dem Wetterbericht.
    In dem Moment aber, Massaraksch!, mischte sich schon wieder Mak ein. »Ich kann«, sagte er, »die Missgeburten im Süden als neue menschliche Rasse akzeptieren. Aber wo ist die Verbindung zwischen ihnen und dem Hausbesitzer Renadu, zum Beispiel? Renadu zählt auch als Entarteter, gehört aber sicher nicht zur neuen, sondern zur uralten Art von Menschen.« Darüber hatte Gai nie nachgedacht, und er war froh, dass jetzt der Onkel in die Bresche sprang: Onkelchen Kaan erklärte, dass die städtischen, »getarnten« Entarteten nichts anderes seien als zufällig heil davongekommene Exemplare dieser neuen Gattung, die ansonsten in den zentralen Gebieten fast völlig vernichtet wurde. Er entsinne sich noch an diese Gräuel. Man hatte die missgebildeten Säuglinge gleich nach ihrer Geburt getötet, manchmal auch die Mütter. Und nur diejenigen hätten überlebt, deren neue Artmerkmale
äußerlich nicht erkennbar gewesen seien. Onkel Kaan trank sein fünftes Glas leer, kam in Fahrt und entwickelte einen genauen Plan für die umfassende, totale medizinische Überprüfung der Bevölkerung. Diese müsse früher oder später unweigerlich durchgeführt werden - lieber früher als später. Und keine legalen Entarteten! Keine Nachsicht! Das Unkraut müsse schonungslos ausgerottet werden.
    Damit beendeten sie ihr Essen. Rada spülte das Geschirr. Der Onkel, der keine Einwände erwartete, sah sich siegesgewiss um, verschloss den Flachmann, steckte ihn ein und murmelte, er gehe jetzt, um diesem Nichtskönner Schapschu eine Antwort zu schreiben. Aus irgendeinem Grund nahm er sein Glas mit. Gai sah ihm hinterher - die abgewetzte Jacke, die alten, geflickten Hosen, die gestopften Socken und abgetragenen Pantoffeln, und der Alte tat ihm leid. Verfluchter Krieg! Früher gehörte dem Onkel eine große Wohnung, er hatte eine Frau, einen Sohn, ein Dienstmädchen, besaß kostbares Geschirr, Geld, sogar einen Landsitz - und jetzt? Ein verstaubtes Arbeitszimmer voller Bücher, in dem er auch schlief und wohnte, schäbige Kleider. Er war einsam, vergessen … Gai schob sich den Sessel näher zum Fernseher, räkelte sich und blickte schläfrig auf den Bildschirm. Mak saß noch einige Zeit neben ihm, war dann aber plötzlich verschwunden - vollkommen lautlos, wie nur er es konnte. Schon befand er sich in der anderen Ecke des Zimmers und stöberte in Gais kleiner Bibliothek. Er griff sich ein

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