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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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mich schon weiterempfohlen für eine gute Stelle. Mak, warum hast du deine Sachen überall verstreut? Räum sie in den Schrank! Ich hatte euch doch gebeten, nicht mit Stiefeln ins Zimmer zu kommen! Wo sind denn deine Stiefel, Gai? Deckt den Tisch, wir essen gleich. Mak, du hast abgenommen. Was machen sie dort mit dir?«
    »Los, los«, rief Gai. »Rede nicht so viel, bring lieber das Essen.«
    Sie streckte ihm die Zunge heraus und verließ das Zimmer. Gai blickte zu Mak hinüber. Der sah dem Mädchen nach, wie immer mit viel Zuneigung.

    »Na, ist sie hübsch?«, frotzelte Gai - und erschrak: Maks Miene war auf einmal wie versteinert. »Was hast du?«
    »Hör zu«, sagte Mak. »Alles darf man. Wahrscheinlich sogar foltern - das wisst ihr besser als ich. Aber Frauen erschießen, sie quälen …« Er nahm seine Stiefel und ging hinaus.
    Gai hüstelte, fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare und begann, den Tisch zu decken. Das Gespräch wirkte unangenehm in ihm nach. Sehr zwiespältig. Sicher, Mak war noch jung und nicht von dieser Welt. Aber er hatte wieder ganz erstaunliche Dinge gesagt. Er war Logiker, das war’s, ein hervorragender Logiker. Gerade hatte er zum Beispiel blanken Unsinn geredet - aber wie folgerichtig der aufgebaut war! Ohne Maks Geschwätz wäre er, Gai, gar nicht auf diesen eigentlich sehr einfachen Gedanken gekommen: Entscheidend an den Entarteten ist - sie sind entartet! Nimm ihnen diese Eigenschaft, und alle übrigen Anschuldigungen gegen sie - Verrat, Menschenfresserei und so weiter - werden plötzlich nichtig. Ja, der springende Punkt ist ihre Entartung, und dass sie alles Normale hassen. Das genügt, das ›Gold der Hontianer‹ ist gar nicht so wichtig. Aber was sind die Hontianer - auch Entartete? Das wurde uns nicht gesagt. Wären sie jedoch keine, müssten unsere Entarteten sie hassen, ebenso wie uns. Massaraksch! Diese verfluchte Logik …
    Als Mak zurückkam, fiel Gai über ihn her: »Woher wusstest du, dass Rada zu Hause ist?«
    »Wie - woher? Das war doch klar …«
    »Wenn es dir klar war, warum hast du mich nicht darauf hingewiesen? Und warum, Massaraksch, hältst du dein Mundwerk nicht, wenn Fremde dabei sind? Dreiunddreißigmal Massaraksch.«
    Mak wurde jetzt auch böse.
    »Wer ist hier fremd, Massaraksch? Rada? Sie steht mir näher als ihr alle mit eurem Rittmeister!«

    »Massaraksch! Was besagt die Vorschrift zum Dienstgeheimnis?«
    »Massaraksch und Massaraksch! Was willst du von mir? Ich wusste doch nicht, dass du nicht wusstest, dass sie hier ist. Ich dachte, du erlaubst dir einen Scherz mit mir. Außerdem, was für Geheimnisse haben wir schon ausgeplaudert …«
    »Alles, was den Dienst betrifft.«
    »Zum Teufel mit diesem Dienst, den ihr vor der eigenen Schwester geheim halten müsst! Und überhaupt vor allen, Massaraksch! In jedem Winkel steckt ein Geheimnis, man darf sich nicht mehr drehen, den Mund nicht aufmachen!«
    »Nun schreist du mich auch noch an! Ich bring dir was bei, du Esel, und du schreist mich an!«
    Aber Mak hatte sich schon wieder beruhigt. Plötzlich stand er neben Gai, der nicht einmal Zeit hatte, sich zu regen: Schon packten ihn starke Hände an den Hüften, das Zimmer drehte sich vor seinen Augen, und die Decke rückte näher. Gai stöhnte gepresst auf, als Mak ihn auf gestreckten Armen zum Fenster trug. »Na, wohin jetzt mit dir und deinen Geheimnissen?«, fragte er. »Da raus?«
    »Lass diese dummen Späße, Massaraksch!«, schrie Gai und ruderte krampfhaft mit den Armen, um Halt zu finden.
    »Durch das Fenster willst du nicht? Gut, dann bleib …«
    Gai wurde zum Wandschirm getragen und auf Radas Bett geworfen. Er setzte sich auf, zupfte seinen Pyjama zurecht und knurrte: »Kraftprotz.« Auch er war nicht mehr böse. Auf wen hätte er auch böse sein sollen - doch höchstens auf die Entarteten.
    Sie deckten den Tisch. Dann kam Rada mit einem Topf Suppe, gefolgt von Onkelchen Kaan und seinem Heiligtum: seinem Flachmann, der, wie er beteuerte, das einzig wirksame Mittel gegen Erkältungen und Alterswehwehchen darstellte. Sie setzten sich zum Essen. Der Onkel trank ein Gläschen, schniefte laut und fing an, über seinen Widersacher herzuziehen,
den Kollegen Schapschu. Der hatte wieder einmal einen Artikel über die Funktion eines bestimmten Knochens bei einer bestimmten Ureidechse geschrieben, und dabei beruhte der gesamte Artikel auf Unsinn, nichts als Unsinn und war nur etwas für Ignoranten.
    Für Onkel Kaan gab es eigentlich nur Ignoranten.

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