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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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Die Kollegen von der Fakultät: Stümper - einige eifrig, andere faul. Die Assistenten: seit ihrer Geburt Strohköpfe, sollten lieber Vieh hüten in den Bergen - ob sie aber damit zurechtkämen, das sei ebenfalls mehr als ungewiss. Und was die Studenten anging, so schien die heutige Jugend ohnehin wie ausgewechselt: Es studierten nur die allergrößten Idioten, die kein Unternehmer an seine Drehbank ließe und kein Kommandeur je als Soldaten aufnähme. Das Schicksal der Wissenschaft von den fossilen Tieren war also besiegelt. Gai allerdings bedauerte es nicht allzu sehr. Gott mit ihnen, diesen Fossilien - danach stand einem jetzt wahrhaftig nicht der Sinn; überhaupt war ungewiss, wozu und wem dieses Fach je nützen würde. Rada aber, die den Onkel sehr gern hatte, entrüstete sich jedes Mal genauso wie er über die Dummheit seines Kollegen Schapschu und war bekümmert, dass die Universitätsleitung die für Expeditionen nötigen Mittel verweigerte.
    Doch heute sprach man von etwas anderem. Rada hatte, Massaraksch!, hinter ihrem Schirm alles gehört und fragte nun den Onkel, worin sich die Entarteten von normalen Menschen unterschieden. Gai warf Mak einen drohenden Blick zu und bat die Schwester, ihren Lieben nicht den Appetit zu verderben, und stattdessen die entsprechende Literatur zu lesen. Onkelchen Kaan jedoch verkündete, diese Literatur sei für die dümmsten Dummköpfe geschrieben, denn die Herrschaften aus der Abteilung Volksbildung hielten alle anderen für ebensolche Analphabeten, wie sie es selbst waren. Die Frage der Entarteten sei aber ganz und gar nicht so einfach und belanglos, wie sie immer dargestellt werde - und das
nur, um eine bestimmte öffentliche Meinung zu erzeugen. Sie alle hätten nun die Wahl, sich entweder wie kultivierte Menschen zu benehmen oder wie die tapferen, doch leider ziemlich ungebildeten Offiziere in den Kasernen. Mak schlug vor, der Abwechslung halber einmal kultiviert zu sein. Der Onkel trank noch ein Gläschen und erläuterte dann eine zurzeit in wissenschaftlichen Kreisen verbreitete Theorie, nach der die Entarteten nichts anderes seien als eine neue, durch radioaktive Strahlung entstandene biologische Gattung.
    »Die Entarteten sind ohne jeden Zweifel gefährlich«, der Onkel hob den Zeigefinger, »und zwar noch viel gefährlicher, als das in deinen billigen Broschüren dargestellt wird, Gai. Die Entarteten sind aber nicht in sozialer oder politischer Hinsicht gefährlich; denn sie kämpfen nicht gegen ein bestimmtes Volk. Sie kämpfen gegen alle Völker, gegen alle Nationalitäten und Rassen gleichzeitig. Sie kämpfen um ihren Platz in der Welt, um die Existenz ihrer Spezies. Dieser Kampf ist unabhängig von den sozialen Gegebenheiten, und enden wird er erst, wenn entweder der letzte Mensch oder der letzte Mutant den Schauplatz der biologischen Geschichte verlässt. ›Gold der Hontianer‹ - so ein Quatsch!«, schrie der Professor aufgebracht. »›Diversionen gegen das Raketenabwehrsystem‹ - alles Blödsinn! Schaut nach Süden, meine Herren! Nach Süden! Hinter die Blaue Schlange! Dort droht die wirkliche Gefahr. Von da werden, sich immer weiter vermehrend, Kolonnen menschenähnlicher Ungeheuer über uns hereinbrechen, um uns zu zertreten und auszulöschen. Du bist ein Blinder, Gai. Auch deine Kommandeure sind blind. Es gilt, die Zivilisation zu retten. Nicht irgendein Volk, nicht unsere Mütter und Kinder - die gesamte Menschheit!«
    Gai hielt ihm zornig entgegen, das Schicksal der Menschheit interessiere ihn wenig. Er glaube nicht an solche Hirngespinste, und fände sich eine Möglichkeit, die wilden Entarteten auf Honti zu hetzen, damit sie seine Heimat verschonten,
so würde er dem sein ganzes Leben widmen. Der Professor nannte Gai nun, abermals aufbrausend, einen verblendeten Blinden. Die Unbekannten Väter seien wirklich Helden über alle Maßen: Sie müssten einen sehr ungleichen Kampf führen, wenn die gesamte Exekutive so erbärmlich sei und dermaßen mit Blindheit geschlagen, wie Gai … Gai widersprach lieber nicht. Seiner Meinung nach hatte Onkelchen Kaan keine Ahnung von Politik und wurde seinen Fossilen immer ähnlicher. Nun fiel Mak ins Gespräch ein und wollte von dem Entarteten erzählen, der schon vor dem Krieg gegen die Obrigkeit gekämpft hatte. Aber Gai schnitt ihm das Wort ab, damit er kein Dienstgeheimnis ausplauderte. Dann bat er Rada, das Hauptgericht zu bringen, und Mak, den Fernseher einzuschalten. »Heute wurde schon zu viel geredet«,

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