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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Musil
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Ulrich trachtete nun, zur Sprache zu bringen, was noch geschäftlich zu sagen war, um aufbrechen zu können.
    «Ich habe Ihnen noch nicht mitgeteilt, daß ich meine Sekretärstelle niederlege» begann, er.
    Diotima zeigte sich aber unterrichtet und erklärte, er müsse bleiben, es ginge nicht anders. «Die Arbeit, die wir leisten sollen, ist noch immer enorm» bat sie. «Haben Sie nur noch ein wenig Geduld, es muß bald die Lösung kommen! Man wird Ihnen einen richtigen Sekretär zur Verfügung stellen.»
    Dieses unbestimmte «Man wird» fiel Ulrich auf, und er wollte Näheres wissen.
    «Arnheim hat sich angeboten, Ihnen seinen Sekretär zu leihen.»
    «Nein, danke» erwiderte Ulrich. «Ich habe das Gefühl, das wäre nicht ganz selbstlos.» Er hatte in diesem Augenblick wieder nicht übel Lust, Diotima den schlichten Zusammenhang mit den Ölfeldern zu erklären, aber ihr war der zweifelhafte Ausdruck seiner Antwort nicht einmal aufgefallen, und sie berichtete einfach weiter:
    «Überdies hat sich auch mein Mann bereit erklärt, Ihnen einen Angestellten aus seinen Büros zu überlassen.»
    «Wäre Ihnen das rechte»
    «Offen gestanden, es wäre mir nicht ganz lieb» äußerte sich Diotima diesmal bestimmter. «Zumal da wir keinen Mangel leiden: Auch Ihr Freund, der General, hat mir eröffnet, daß er Ihnen mit Vergnügen eine Hilfskraft aus seiner Abteilung zur Verfügung stellen könnte.»
    «Und Leinsdorf?»
    «Diese drei Möglichkeiten sind mir freiwillig angeboten worden, darum hatte ich keine Ursache, Leinsdorf zu fragen: aber sicher würde er ein Opfer nicht scheuen.»
    «Man verwöhnt mich.» Mit diesen Worten faßte Ulrich die überraschende Bereitwilligkeit Arnheims, Tuzzis und Stumms zusammen, sich in billiger Weise eine gewisse Kontrolle über alle Vorgänge der Parallelaktion zu sichern. «Aber vielleicht wäre es doch das Klügste, ich nähme den Vertrauensmann Ihres Gatten zu mir.»
    «Lieber Freund –?» wehrte Diotima das noch immer ab, aber sie wußte nicht recht, wie sie fortfahren solle, und wahrscheinlich kam darum etwas sehr Verwickeltes heraus. Sie stützte sich wieder auf den Ellbogen und sagte lebhaft: «Ich lehne Ehebruch als eine zu plumpe Lösung ehelicher Konflikte ab: das habe ich Ihnen gesagt! Aber trotzdem: es ist nichts so schwer, wie mit einem Menschen in ein Schicksal verflochten zu sein, den man nicht genügend liebt!»
    Das war ein höchst unnatürlicher Naturlaut. Aber ungerührten Sinnes beharrte Ulrich auf seinem Entschluß. «Ohne Frage möchte Sektionschef Tuzzi auf diese Weise Einfluß auf das gewinnen, was Sie unternehmen: aber das möchten die anderen auch!» erklärte er ihr. «Alle drei Männer lieben Sie, und jeder muß das irgendwie mit seiner Pflicht vereinen.» Er wunderte sich geradezu darüber, daß Diotima weder die Sprache der Tatsachen noch die der Bemerkungen verstand, die er dazugab, und schloß, während er aufstand, um sich zu verabschieden, noch ironischer: «Der einzige, der Sie selbstlos liebt, bin ich; weil ich durchaus nichts zu tun und keine Pflichten habe. Aber Gefühle ohne Ablenkung sind zerstörend: das haben Sie inzwischen selbst erfahren, und Sie haben mir immer ein berechtigtes, wenn auch nur instinktives Mißtrauen entgegengebracht.»
    Diotima wußte zwar nicht warum, doch geschah es vielleicht gerade aus diesem manchmal so sympathischen Grund, daß es ihr angenehm war, Ulrich in der Frage des Sekretärs die Partei ihres Hauses nehmen zu sehen, und sie ließ seine Hand, die er ihr dargeboten hatte, nicht los.
    «Und wie steht damit Ihr Verhältnis mit ‹jener› Frau in Einklang?» fragte sie, übermütig an seine Bemerkung anknüpfend – soweit Diotima des Übermuts fähig war, was ungefähr so aussah, wie wenn ein Schwerathlet mit einer Feder spielt.
    Ulrich verstand nicht, wen sie meinen könne.
    «Mit der Frau des Gerichtspräsidenten, die Sie mir vorgestellt haben!»
    «Das haben Sie bemerkt, Kusine?!»
    «Doktor Arnheim hat mich darauf aufmerksam gemacht.»
    «So? Sehr schmeichelhaft, daß er glaubt, mir bei Ihnen damit schaden zu können. Aber natürlich sind meine Beziehungen zu dieser Dame völlig einwandfrei!» verteidigte Ulrich in der herkömmlichen Weise die Ehre Bonadeas.
    «Sie war während Ihrer Abwesenheit bloß zweimal in Ihrer Wohnung! «Diotima lachte. «Wir haben sie das eine Mal zufällig beobachtet, und das zweite Mal haben wir es anders erfahren. Ihre Verschwiegenheit ist also zwecklos. Dagegen möchte ich Sie

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