Gesammelte Werke
Ergebnis sind ein paar Dispositionen des persönlichen Verhaltens.
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Der Tischler [Vielleicht an Stelle der gestrichenen Eifersuchtskapitel]
[Entwurf]
Mobilisationszeit. Agathe hat trotzdem einen Tischler rufen lassen. Er mag etwas unter dreißig sein, ist groß und eigentlich wie ein Schlosser gebaut, das heißt schlank, mit breiten Schultern, trocken; lange wohlgeformte Hände von großer Kraft und sehnige Gelenke. Sein Gesicht ist klug und offen, sein Haar dunkelblond und sehr natürlich. Der Overall kleidet ihn gut. Er spricht Mundart, aber ohne Derbheit.
Agathe mit ihm im Nebenzimmer. Ulrich ist – in Gedanken – weggegangen. Nichts soll ihn mehr kümmern. Dann ist er aber umgekehrt und über eine Gartenterrasse wieder ins Haus und in sein Zimmer gekommen, ohne daß Agathe es bemerkte.
Er lauscht ins Nebenzimmer. Es fällt ihm der Ausdruck der beiden Stimmen auf. Die des Mannes erklärt etwas: beredt, mit Ruhe und einer gewissen Überlegenheit. Ulrich versteht nicht, was, errät aber aus seinem Vorwissen und Holzgeräusch, daß es sich um einen Rollsekretär Agathes handelt. Er wird auf- und zugerollt. Der junge Meister fordert Agathes Zustimmung zu einer umfassenderen Ausbesserung als ihr recht ist, und sie macht unsichere Einwände. Das alles weiß und versteht Ulrich. Es muß sich um ein Geheimnis der alten Rollvorrichtung drehn.
Und plötzlich löst sich das von der Wirklichkeit los. Denn genau so verliefe das Gespräch, wenn es eine Liebesunterhandlung wäre. Das Überreden, die leichte Überlegenheit, das Als-Nötig-Hinstellen oder Es-ist-nichts-dabei in der Mannesstimme. Als ob es sich um eine sexuelle Improvisation handelte. Und dann die geliebte Stimme! Widerstrebend, eingeschüchtert, unsicher. Sie möchte und will nicht. Sie gibt nach und hält sich noch da und dort fest. Sie sagt halblaut «Ja ...» «Ja» ... «Aber ...» Sie weiß schon längst, daß sie nachgeben wird. Wie Ulrich diese zurückhaltende, tapfere Stimme liebt und die Frau, die alles wie das Dunkel fürchtet und doch alles tut! Er brächte es nicht über sich, mit einer Waffe hineinzustürzen und Rache zu nehmen oder auch nur Rechenschaft zu fordern.
Dann kommt sogar eine Art Seufzer des Nachgebens über Agathes Lippen, und es läßt sich das Knacken von Holz täuschend hören.
Und trotz dieses durchträumten Sich-für-Agathe-Freuens geht Ulrich in den Krieg. Aber durchaus nicht mit Überzeugung.
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127
Studie zur Schluß-Sitzung und anschließendem Ulrich-Agathe
Agathe befindet sich von der Begegnung mit Ulrich bis gegen Ende der Reise in einer Art Produktionszustand; sie sagt und tut etwas, das etwas macht, formt; sie hat nicht oder bald nicht das Gefühl, es sei eine Fortsetzung ihres anderen Lebens, eher den Eindruck einer einmaligen Blütezeit. (Wenn man diesen Zustand beschreibt, läßt sich aktueller «anderer Zustand» zeigen und theoretisch dadurch ersparen!) Als das vorbei ist, wirft sie sich weg.
Galizien: sie muß Verhältnisse haben, müd sein, um nicht wieder den sich verändernden Bruder zu lieben.
Nach der Reise: Der Rechtsanwalt ist der, welcher Sie gegen Hagauer vertritt. Sie hat sich nun also mit Hagauer versöhnt, will aber doch Scheidung. Sie nützt ihre stupide Macht über die Männer aus. Das ist der Weg zu: Galizien.
Ulrich ist ganz einverstanden, aber erträgt es nicht.
Am Telefon. Leo Fischel ruft an – selbstlos, im Schwung – Kaufen Sie Schweizer Franks, Dollars, Hollandgulden. Ware ist zu kompliziert.
Verwunderlich, als Walter anruft. Aber er weiß Rückkunft von General,
Ulrich ruft nach Leo Fischels Anruf General an, um zu erfahren, was an Mobilisierung oder dergleichen Wahres ist. Eventuell: Ulrich ruft auf Wunsch Gerdas an. Denkt sich ihn in atemraubender Tätigkeit. Aber General – Bildungsreferat und Referat Graf Leinsdorf – hat unendlich viel Zeit. Was er vorher nicht sagt. Schickt ihm Passierschein.
Kommt Krieg oder nicht? fragt bei General an. Aussprache mit General. Rest des über die Nebenfiguren zu Erfahrenden. Ulrich fragt den General, ob er etwas über Clarisse gehört habe. Rundes Gesicht, Armbewegung.
Brief von Hagauer. Zögernd geöffnet. Aber jetzt muß man doch. Hagauer ist schon wochenlang hier. Telefongespräch. Erfährt: Graf Leinsdorf und Hagauer.
Bleibt übrig: Lindner, Peter, Agathe. ––––––– ironisch weltanschauliches Kapitel durch Aussprache mit Schmeißer.
Wiedersehen mit Agathe. Überstandene Infektion. Muß kein
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