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Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
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Methode in nuce gegeben (nach Freud ja sogar der Gang einer psychoanalytischen Betrachtung insgesamt): die einfache Erinnerung als Rechtsausweis des unbewußten Seelendinges, in unserem Falle also des individualgesetzlichen Zusammenhanges der »Traurigkeit«, die als Fehlleistung »erscheint«; und die Methode der »freien Assoziation«, das Heranziehen der nächstbesten beliebigen Einfälle zur Erkenntnis des Unbewußten, eine Methode, die nicht allein durchwegs von der Psychoanalyse gehandhabt wird, sondern die auch, wie sich unserer Interpretation ergeben wird, geeignet ist, das Verhältnis der Psychoanalyse zum Problem des
Determinismus
in einer erkenntnistheoretisch befriedigenden Weise sicherzustellen.
    Die Begründung, die Freud jener Methode oder, wenn man will, Technik der Psychoanalyse gibt, um sie vor dem Angriff zu beschützen, sie nehme Zufälliges als gesetzmäßig in Anspruch, verdient darum vor allem gewürdigt zu werden, weil der Ausschluß der Zufälligkeit gerade es ja ist, der die Psychoanalyse in Beziehung setzt zu der transzendentalphilosophischen Auffassung von der Gesetzmäßigkeit des Bewußtseinsverlaufs und weil weiter jene nach unseren Ergebnissen intangible Voraussetzung gerade die Psychoanalyse den heftigsten, der Form nach bisweilen kraß unwissenschaftlichen Angriffen aussetzte. Der Einwand meint: mit dem ersten besten Einfall sei ein Beweis nicht gegeben, daß die Fehlleistung so und nicht anders vor sich gegangen sei. »Es könne so sein, aber ebensowohl auch anders. Es hätte« dem Befragten »auch etwas anderes einfallen können, was ebensogut und vielleicht besser gepaßt hätte«, läßt Freud den präsumtiven Gegner argumentieren (Vorl., 37). Er hält ihm entgegen, er habe zu »wenig Respekt ... vor einer psychischen Tatsache« (Vorl., 37). So wenig das Ergebnis einer chemischen Analyse, das ein bestimmtes Gewicht und kein anderes des betreffenden Körpers ergebe, als kontingent betrachtet und darum angezweifelt werde, so wenig sei es erlaubt, eine psychische Tatsache, die doch da sei und dem Bewußtseinszusammenhang sinnvoll angehöre, für zufällig, durch eine andere ersetzbar und zweifelhaft zu halten. Freud wendet sich damit gegen die »Illusion einer psychischen Freiheit«, womit natürlich allein der Glaube gemeint ist, es gäbe psychische Tatbestände, die der Gesetzlichkeit des Bewußtseinsganzen enthoben wären; nicht etwa die Möglichkeit von
Willenshandlungen
generell geleugnet. Diese Möglichkeit gesteht die Psychoanalyse selbstverständlich zu und schließt sie auch für die »freie Assoziation« nicht aus, sie könnte also sehr wohl auch etwa die Antwort jenes Gefragten als Willenshandlung auffassen. In ihrer Therapie ist die Psychoanalyse sogar gewohnt, einen großen Teil der »freien Assoziationen«, die ihr während einer Phase der Therapie vorgetragen werden, als Willenshandlungen anzusehen und für die Erkenntnis des »Sinnes« der Symptome entsprechend zu bewerten. Aber als Willenshandlungen sind jene Tatbestände nicht etwa zufällig. Sondern die unmittelbaren Gegebenheiten, mit denen man es hier zu tun hat, die Erlebnisse sind als »Willenshandlungen« charakterisiert, der Tatbestand, daß wir ein Erlebnis als Willenshandlung gegeben haben, ist nicht weiter zurückführbar, und wir sind bei unseren Begriffsbildungen, den Gesetzen, denen wir die betreffenden Phänomene einordnen, gehalten zu berücksichtigen, daß die unter ihnen befaßten Phänomene eben Willenshandlungen sind und daß wir phänomenal Willenshandlungen von allen anderen Arten von Erlebnissen unterscheiden können. Der Begriff des
Willens
selber bietet das geläufigste Beispiel für jene Art der Begriffsbildung, die auch der Psychoanalyse nicht fremd ist, die ja zu den phänomenalen Grundtatsachen, auf die sie stößt, die »Strebungen« rechnet. Soviel mag hier zum Problem der »psychischen Freiheit« und der Vereinbarkeit jener Freiheit mit dem Begriff des psychischen Gesetzes gesagt sein.
    Wir geben mit der letzten Erörterung unsere Beschränkung auf das Gebiet der Fehlleistungen als generelles Beispiel auf und wenden uns der Übertragung der hier gewonnenen Grundbegriffe auf die anderen psychoanalytischen Sachbereiche, ihrer Differenzierung und ihren allgemeineren Zusammenhängen zu.
    In der
Traumtheorie
erweitert Freud den Begriff des Unbewußten, den selber er in der Theorie der Fehlleistungen noch nicht ins Zentrum der Betrachtung rücken mußte, da hier die unbewußten Tatbestände

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