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Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
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Sinn – die gestörten sind ja ausdrücklich erinnert und darum kein Problem – zusammenfaßt und die allen bisher beobachteten störenden Tendenzen gemeinsamen Merkmale zur Definition eines alle jene Fälle umspannenden Gesetzes vereint. Diese Zusammenfassung gibt er exemplarisch zunächst für die Versprechungen; sie mag um ihrer allgemeinen und konstitutiven Bedeutung für die gesamte psychoanalytische Methode willen hier angeführt sein, trotzdem sie als solche sich auf ein enges Sachgebiet beschränkt. Die störende Tendenz
»ist ... zurückgedrängt worden. Der Sprecher hat sich entschlossen, sie nicht in Rede umzusetzen, und dann passiert ihm das Versprechen, d.h. dann setzt sich die zurückgedrängte Tendenz gegen seinen Willen in eine Äußerung um, indem sie den Ausdruck der von ihm zugelassenen Intention abändert, sich mit ihm vermengt oder sich geradezu an seine Stelle setzt.
Dies ist also der Mechanismus des Versprechens.« (Vorl., 55f.; Hervorhebungen von Freud.) Diesen empirisch erwiesenen Tatbestand des Versprechens (für die empirische Richtigkeit der gemachten Beobachtungen müssen wir die ganze Verantwortung der psychoanalytischen Forschung überlassen, uns kommt es ja allein auf die Erkenntniskritik der psychoanalytischen
Methode
an, das Unbewußte zu bestimmen) faßt Freud auch in der Form des Gesetzes:
»die Unterdrückung der vorhandenen Absicht, etwas zu tun, [ist] die unerläßliche Bedingung dafür ..., daß ein Versprechen zustande kommt.«
(Vorl., 56; von Freud hervorgehoben.) Damit gibt die Psychoanalyse eine allgemeine Bestimmung der Fehlleistungen und zugleich die ersten empirisch gültigen Erkenntnisse über die Dynamik des Bewußtseinsverlaufs, d.h. die Gesetzmäßigkeit, unter die wir die Veränderung von Seelendingen bringen: »Wir wissen nicht nur, daß [die Fehlleistungen] seelische Akte sind, an denen man Sinn und Absicht erkennen kann, nicht nur, daß sie durch die Interferenz von zwei verschiedenen Intentionen entstehen, sondern außerdem noch, daß die eine dieser Intentionen eine gewisse Zurückdrängung von der Ausführung erfahren haben muß, um sich durch die Störung der anderen äußern zu können.« (Vorl., 56f.) Dieser Tatbestand der Zurückdrängung einer Intention, die »unbewußt« ist und deren Zurückgedrängtheit die Regel für das Zustandekommen anders unerklärlicher Phänomene, nicht nur der Fehlleistungen, sondern auch der Träume und der neurotischen Symptome ist – dieser Tatbestand wird von Freud für das gesamte Gebiet der psychoanalytischen Forschung unter dem Begriff der
»Verdrängung«
zusammengefaßt.
     
    Ehe wir die Übertragung der im Bereich der Fehlleistungen gewonnenen Grundbegriffe auf andere psychische Gebiete, die Differenzierung des Unbewußten, die sich daraus ergibt, die allgemeineren Bestimmungen der Dynamik, die sie mit sich bringt, im Umriß wenigstens betrachten und die prinzipielle Stellung der Psychoanalyse zum Problem des Determinismus und der Abhängigkeit psychischer Gesetzmäßigkeiten von physischen ins Auge fassen, haben wir uns des näheren der
Methode
zu versichern, die uns zur Erkenntnis des Unbewußten und seines Mechanismus führt. Diese Methode steht im engsten Zusammenhang mit dem Aufbau der unbewußten Zusammenhänge und ist mit der Darstellung von deren Mechanismus gegeben oder vielmehr: unsere Erkenntnis des Unbewußten vollzieht sich, indem wir eben die Methode anwenden, nach der wir allgemein die Erforschung des Bewußtseinszusammenhanges zu vollziehen haben, weil sie uns durch diesen Zusammenhang vorgezeichnet ist. Damit ist nichts anderes behauptet, als was wir in unserer transzendentalen Erörterung der psychischen Dinglichkeit und des Begriffs des Unbewußten allgemein über den Begriff der
Analyse
ausführten: daß nämlich die Analyse nicht bloß das Mittel ist, einzelner seelendinglicher Tatbestände habhaft zu werden, die unter Umständen auch durch sie gefälscht sein könnten, sondern daß die Analyse allein den Erkenntnisgrund abgibt für die Begriffsbildungen, die wir unter den Titeln des psychischen Dinges und des Unbewußten zusammenfassen, weil nur sie die transzendentalen Elemente liefert, die uns zu den Begriffsbildungen eines bleibenden, von der gegenwärtigen Wahrnehmung unabhängigen psychischen Seins berechtigen. Wir machen uns also nicht etwa einer petitio principii schuldig, wenn wir vertreten, daß der Mechanismus des Unbewußten und der Mechanismus der Erkenntnis des Unbewußten

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