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Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
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verhältnismäßig leicht zu erinnern, »bewußt zu machen« waren – hier also erweitert er den Begriff des Unbewußten zum Begriff des
unbewußten Wissens.
Es ist uns nach unseren Überlegungen deutlich, daß damit nicht
gegenwärtiges
Wissen gemeint sein kann. So ist es in der Tat. Bezeichnenderweise wählt Freud als Beispiel den Fall eines aus der Hypnose Erweckten, der sich nach dem Erwachen zunächst auf keines der Erlebnisse besinnen kann, die er während der Hypnose hatte, auf eindringliches Befragen durch den Arzt, der die Hypnose durchgeführt hatte, sich zu erinnern beginnt und schließlich die Vorgänge, die sich während der Hypnose mit ihm abspielten, lückenlos aufführen kann. Dies Wissen erweist sich bestimmt als ein von der gegenwärtigen Wahrnehmung unabhängiges, ja als eines, dessen Wahrnehmung mit Schwierigkeit verknüpft ist; zugleich aber als eines, dessen Begründung durch die einfache Erinnerung zureichend geleistet werden kann; also als ein »Seelending«; es ist streng unserem Begriff des Unbewußten angemessen.
    Da bei der Traumdeutung der »Sinn« der Erlebnisse, also die gesetzmäßige Stellung der Träume, nicht ebenso leicht zu ermitteln ist, wie bei den Fehlleistungen, die ja noch dem wachen Bewußtseinsleben angehören, so gewinnt die Methode der freien Assoziation hier erhöhte Bedeutung und findet nach Art und Technik hier erst ihre zureichende Begründung. Bei der Traumdeutung geschieht die Assoziation in der Weise, daß man »unter Festhaltung einer Ausgangsvorstellung«, nämlich eines Traumelementes, ›sich etwas einfallen läßt‹ (Vorl., 101), d.h. daß man
willkürlich
Vorstellungen produziert, die zwar durch die Assoziation an eine bestimmte Vorstellung – nämlich die Ausgangsvorstellung – gebunden sind, mit denen aber außer dieser Ausgangsvorstellung keine »ausdrückliche und deutliche« Erinnerung gegeben ist. Die festgehaltene Ausgangsvorstellung ist nun nach der psychoanalytischen Theorie zwar die Bedingung, nach der sich die anschließenden Assoziationen richten, keineswegs aber das Gesetz, das bestimmt, daß hier gerade diese und keine andern Erlebnisse sich einstellen. Da mir aber außer der Ausgangsvorstellung in meinen assoziierten Erlebnissen keine andere klare und deutliche Erinnerung gegeben ist, wir zugleich jedoch auf Grund unserer Kenntnis der allgemeinen Gesetzmäßigkeit des Bewußtseinszusammenhanges wissen, daß kein Erlebnis »zufällig« ist, sondern jedes einen Sinn hat: so dürfen wir vermuten, daß die Gesetzmäßigkeit der Assoziation die der
unbewußten
Erinnerung in dem von uns in transzendentaler Methode bestimmten Sinn sei. Die Erkenntnis dieser Gesetzmäßigkeit vollzieht sich im Fall der Assoziation unter Festhaltung eines erinnerten Traumelementes so, daß wir zwischen der Assoziation und dem Traumelement eine Beziehung herstellen, ebenso wie zuvor zwischen der Fehlleistung und dem Einfall des Fehlleistenden, was »er habe sagen wollen«, nämlich dem Einfall der störenden Intention – daß wir also zwischen dem Einfall und dem Traumelement eine Beziehung herstellen, diese Beziehung, etwa unter Benutzung anderer Assoziationen, weiterverfolgen und derart solange verfahren, bis uns nicht allein die unbewußt erinnerten Tatbestände in einfacher, deutlicher, ausdrücklicher Erinnerung gegeben sind, sondern auch die Art ihres Zusammenhanges uns aus der Abfolge der einzelnen Assoziationen und Erinnerungen so deutlich ist, daß wir eine Kenntnis der
Gesetzmäßigkeit
besitzen, die das Traumelement bzw. das erste assoziierte Erlebnis hier und in keinem anderen Augenblick des zeitlichen Verlaufs »verursachte«, bis wir also das unbewußte Seelending kennen, dessen »Erscheinung« Traumelement sowohl wie assoziierte Vorstellung ist. Diese heuristische Technik zur Erkenntnis des Unbewußten ist nun keineswegs an das in der Erinnerung festgehaltene Traumelement als Ausgangsvorstellung gebunden. Im Gegenteil, nach Freud gibt es »einen höheren Grad von Freiheit der Assoziation, wenn ich ... auch diese Ausgangsvorstellung fallen lasse und etwa nur Art und Gattung des Einfalles festlege, z.B. bestimme, daß man sich einen Eigennamen oder eine Zahl frei einfallen lassen solle. Dieser Einfall müßte« – unter der falschen Voraussetzung der Möglichkeit eines zufälligen Psychischen nämlich – »noch willkürlicher, noch unberechenbarer sein als der bei unserer Technik verwendete. Es läßt sich aber zeigen, daß er jedesmal strenge

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