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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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begann Edik. »So kommen wir nicht weiter. Wir verhalten uns wie Dilettanten. Wie diese Hobbyforscher mit ihren Briefen: ›Werte Wissenschaftler! Bei mir ertönt seit Jahren ein unterirdisches Klopfen unter den Dielen. Erklären Sie mir bitte, worum es sich dabei handelt.‹ Uns fehlt einfach ein System. Hast du mal ein Blatt Papier, Vitka? Jetzt schreiben wir mal alles ganz genau auf.«
    Und schon schrieben wir mit Ediks schöner Handschrift alles auf ein Blatt.
    Zunächst einigten wir uns darauf, dass das Ganze keine Halluzination war, denn dann wäre es uninteressant gewesen. Anschließend formulierten wir die Fragen, die die gesuchte Hypothese beantworten sollten. Die Fragen unterteilten wir in zwei Gruppen: a) in die Gruppe »Papagei« und b) in die Gruppe »Janus«. Die Gruppe »Janus« kam auf Drän gen von Roman und Edik zustande, die behaupteten, einen Riecher dafür zu haben, dass zwischen Janus’ Eigenheiten und den Eigenheiten der Papageien ein Zusammenhang bestehe. Vitkas Frage, was der Begriff »Riecher« physikalisch bedeute, konnten sie zwar nicht beantworten, beteuerten aber, dass Janus selbst ein außerordentlich interessantes Forschungsobjekt darstelle und der Apfel nicht weit vom Stamm falle. Da ich hierzu keine Meinung hatte, waren sie in der Überzahl, und so sah die endgültige Liste von Fragen aus wie folgt:
    Weshalb bestand zwischen den am 10., 11. und 12. beobachteten Papageien Nummer eins, zwei und drei eine solche Ähnlichkeit, dass wir sie auf den ersten Blick für ein und dasselbe Exemplar hielten?
    Warum hat Janus den ersten Papagei und wahrscheinlich auch den, der vor dem ersten auftauchte (den nullten), von dem nur eine Feder übrig blieb, verbrannt?
    Wo ist diese Feder abgeblieben?
    Wohin ist der zweite (tote) Papagei verschwunden?
    Woraus erklärt sich der merkwürdige Wortschatz von Papagei Nummer zwei und drei?
    Wie kommt es, dass Papagei Nummer drei uns alle kennt, während wir ihn zum ersten Mal sehen?
    (Warum und wieso sind die Papageien krepiert?, wollte ich hinzufügen, Vitka aber brummte: »Warum und wieso ist das erste Anzeichen für eine Vergiftung, dass die Leiche blau anläuft?« Und meine Frage entfiel.)
    Was hat Janus mit den Papageien zu tun?
    Warum weiß Janus nie, mit wem und worüber er am Vortag gesprochen hat?
    Was geschieht um Mitternacht mit Janus?
    Wieso hat W-Janus im Gegensatz zu V-Janus die seltsame Angewohnheit, im Futur zu sprechen?
    Warum gibt es überhaupt zwei Janus’, und woher stammt eigentlich die Legende, dass Janus Poluektowitsch ein Mann mit zwei Gesichtern sei?
    Dann dachten wir eine Zeit lang angestrengt nach und sahen dabei jeden Augenblick auf die Liste. Ich hoffte, dass mir wieder eine Idee mit einer Spur edlen Wahnsinns käme, konnte mich aber nicht konzentrieren und neigte mehr und mehr zu Sanja Drosds Ansicht, dass in diesem Institut noch ganz andere Dinge passierten. Natürlich war mir klar, dass dieser billige Skeptizismus nur eine Folge meiner Unwissenheit war sowie der noch nicht genügend ausgeprägten Gewohnheit, in den Kategorien einer veränderten Welt zu denken. Aber dafür konnte ich ja nichts. Alles, was hier geschehen ist, sagte ich mir, ist nur dann wirklich sonderbar, wenn man davon ausgeht, dass die drei oder vier Papageien ein und derselbe Vogel sind. Und tatsächlich sahen sie alle einander so ähnlich, dass ich mich anfangs täuschen ließ. Das ist ganz natürlich. Als Mathematiker habe ich großen Respekt vor Zahlen, und wenn zwei Zahlen – noch dazu sechsstellige – übereinstimmen, folgere ich daraus automatisch, dass auch die so nummerierten Gegenstände übereinstimmen. Dabei konnte es gar nicht ein und derselbe Papagei sein. Das hätte ja das Gesetz von Ursache und Wirkung aufgehoben – ein Gesetz, dem ich ein paar lausiger Papageien wegen, die obendrein krepiert waren, längst nicht abzuschwören gedachte. War es jedoch nicht ein und derselbe Papagei, so wurde das ganze Problem null und nichtig. Schön, die Nummern stimmten überein. Schön, jemand hatte hinter unserem Rücken einen toten Papagei weggeworfen. Und was noch? Der Wortschatz? Was war daran schon so besonders? Dafür gab es sicher eine ganz simple Erklärung.
    Als ich mich gerade darüber auslassen wollte, sagte Vitka plötzlich: »Jungs, ich glaube, ich hab’s.«
    Niemand sagte ein Wort. Wir drehten uns nur zu ihm um – gleichzeitig und ziemlich geräuschvoll. Vitka stand auf.
    »Es ist glasklar«, erklärte er. »Und so trivial. Fade und

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