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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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du?«
    »Ein Tourist«, antwortete ich kurz angebunden.
    »Ach, ein Tourist. Und ich dachte schon, es wäre wieder die Alte. Keine Ruhe habe ich vor der! Immerzu fischt sie mich heraus, schleppt mich auf den Markt und verkauft mich, angeblich für Fischsuppe. Was bleibt mir dann anderes übrig, als dem Käufer zu sagen: So und so, lass mich zu meinen kleinen Kindern zurück. Dabei habe ich gar keine kleinen Kinder – die, die noch leben, haben längst Enkelkinder. Wenn du mich freilässt, erfülle ich dir jeden Wunsch. Sag nur: ›Auf des Hechtes Geheiß, nach meinem Willen sei’s.‹ Und schon lässt er mich frei. Der eine vor Schreck, der andere aus Gutmütigkeit und manch einer auch aus Habgier. Dann schwimme ich im Fluss herum – da ist’s kalt, und das Rheuma zwackt –, und kaum habe ich wieder in den Brunnen zurückgefunden, da ist auch schon die Alte mit dem Eimer zur Stelle.« Der Hecht tauchte unter, ließ ein paar Blasen aufsteigen und kam wieder nach oben. »Nun, und was für einen Wunsch hast du, Kamerad? Aber wünsch dir bloß nicht so was Schweres – es muss ja nicht gleich ein Fernseher oder ein Kofferradio sein. Einer hatte mal einen ganz verrückten Wunsch: ›Erfülle für mich‹, sagte er, ›den Jahresplan im Sägewerk.‹ Als ob ich auf meine alten Tage noch Holz sägen könnte.«
    »Aha«, überlegte ich. »Aber einen Fernseher könnten Sie …«
    »Nein«, bekannte der Hecht. »So was kann ich nicht. Und auch keine Musikbox. An so was glaub ich nicht. Wünsch dir lieber was Einfacheres. Vielleicht Siebenmeilenstiefel oder eine Tarnkappe, hm?«
    Die kleine Hoffnung, heute um die Autopflege herumzukommen, erlosch wieder.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, beruhigte ich ihn. »Ich brauche eigentlich nichts. Ich lasse Sie gleich wieder frei.«
    »Auch gut«, erwiderte der Hecht langsam. »Solche Leute mag ich. Neulich ist mir auch so einer begegnet: Er kauft mich auf dem Markt, und ich verspreche ihm eine Zaren tochter. Dann schwimme ich im Fluss herum, weiß vor Scham nicht, wo ich hinsehen soll, und lande in meiner Blindheit bei einem im Netz. Er zieht mich raus. Jetzt musst du schon wieder jemandem die Hucke vollschwindeln, dachte ich. Und was macht er? Er packt mich so am Kopf, dass ich das Maul nicht mehr aufkriege. Na, denke ich, jetzt landest du im Suppentopf. Aber nein. Er klemmt mir bloß die Flosse ab und wirft mich zurück in den Fluss. Hier!« Der Hecht schob sich aus dem Eimer und zeigte mir die Flosse, in der eine Metallklammer steckte. Auf der Klammer stand zu lesen: »Anno 1854 im Fluss Solowa ausgesetztes Exemplar. Abzugeben bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg.«
    »Sag der Alten nichts davon«, bat mich der Hecht. »Sonst reißt sie mir die Flosse mitsamt der Klammer aus. Sie ist so furchtbar habgierig.«
    Was könnte ich ihn bloß fragen?, überlegte ich fieberhaft.
    »Wie vollbringen Sie Ihre Wunder?«
    »Was für Wunder?«
    »Na, die Erfüllung der Wünsche.«
    »Ach, das? Wie ich das vollbringe? Eben so, wie ich’s von klein auf gelernt hab. Woher soll ich wissen, wie ich’s vollbringe? Das Goldene Fischlein hat’s noch besser gekonnt und ist trotzdem gestorben. Seinem Schicksal entgeht man nicht.«
    Mir war, als ob der Hecht seufzte.
    »An Altersschwäche?«, erkundigte ich mich.
    »Ach was – Altersschwäche! Es war noch jung und gut beisammen. Eine Wasserbombe haben sie nach ihm geworfen, Kamerad, und schon schwamm’s mit dem Bauch nach oben. Auch ein U-Boot, das zufällig in der Nähe war, hat’s erwischt. Das Goldene Fischlein hätte sich ja losgekauft, aber sie haben’s gar nicht erst gefragt. Kaum hatten sie’s entdeckt, da warfen sie auch schon die Bombe. Tja, so was kommt vor.« Der Hecht verstummte. »Also, lässt du mich nun frei? Heute ist’s so schwül, als ob’s noch ein Gewitter gibt.«
    »Ja, natürlich«, besann ich mich. »Soll ich Sie reinwerfen, oder wollen Sie im Eimer …«
    »Wirf mich nur rein, Kamerad, wirf mich nur rein.«
    Ich langte vorsichtig in den Eimer und hob den Hecht heraus – er wog bestimmt seine acht Kilo.
    Der Hecht murmelte: »Na, und wenn du mal ein Tischleindeckdich oder einen fliegenden Teppich brauchst, weißt du ja, wo du mich findest – du kannst mit mir rechnen.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte ich und ließ den Hecht los. Gleich darauf hörte ich ein lautes Klatschen.
    Eine Weile stand ich reglos da und starrte auf meine mit grünlichem Schleim beschmierten Hände. Mir war ganz

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