Gesammelte Werke 6
noch Abteilungsleiter in der Inspektion für Pflanzenschutz und Pflanzenquarantäne war, ist mir auch mal so einer untergekommen. Der sitzt in der Versammlung, und alle denken, er hört zu, ja, er schreibt sogar etwas ins Notizbuch, aber in Wirklichkeit schläft er, der Spitzbub! In den Büros haben heute viele den Bogen raus, mit offenen Augen zu schlafen. Darum frage ich mich: Wie ist das mit dem hier? Vielleicht lügt er uns die Hucke voll? Es kann doch keinen Beruf geben, bei dem sich nicht kontrollieren lässt, ob der Mensch arbeitet oder schläft?«
»Das ist alles nicht so einfach«, mischte sich nun Edik ein, der bis dahin seinen Remoralisator eingestellt hatte. »Schließlich liest er nicht nur, sondern man schickt ihm auch alle Verse, die sich des Amphibrachus bedienen. Die muss er lesen und verstehen; er muss in ihnen eine Quelle höchsten Genusses entdecken, muss sie liebgewinnen und natürlich auch ein paar Mängel feststellen. Er muss den Autoren regelmäßig seine Gefühle und Überlegungen mitteilen und auf Leserkonferenzen und Abendveranstaltungen der Autoren auftreten – und zwar so, dass die Autoren zufrieden sind und merken, dass sie gebraucht werden … Das ist ein schwerer Beruf«, erklärte er abschließend. »Konstantin Konstantinowitsch ist ein echter Held der Arbeit.«
»Gut«, erwiderte Chlebowwodow. »Jetzt weiß ich Bescheid. Es ist ein nützlicher Beruf. Auch das System gefällt mir. Ein gutes, gerechtes System.«
»Tragen Sie weiter vor, Genosse Subo«, bat Lawr Fedotowitsch.
Wieder hielt sich der Kommandant die Mappe mit dem Vorgang vor die Augen. »Punkt neun. Aufenthalte im Aus land: ja. Wegen eines Motorschadens verbrachte er vier Stun den auf der Insel Rapa Nui.«
Farfurkis stieß ein undeutliches Quieken aus, und sofort schaltete sich Chlebowwodow ein. »Zu wessen Territorium gehört das heute?«, wollte er von Wybegallo wissen.
Professor Wybegallo verwies ihn mit einem gütigen Lächeln und einer herablassenden Geste an mich. »Erteilen wir der Jugend das Wort«, meinte er.
»Chilenisches Territorium«, teilte ich mit.
»Chilenisch«, murmelte Chlebowwodow und warf Lawr Fedotowitsch beunruhigte Blicke zu. Lawr Fedotowitsch rauchte jedoch ungerührt weiter. »Na ja, chilenisch, das mag noch angehen«, entschied Chlebowwodow. »Und bloß vier Stunden. Gut. Was haben Sie noch?«
»Einspruch!«, flüsterte Farfurkis tollkühn, aber der Kommandant las bereits weiter.
»Punkt zehn. Kurz umrissenes Profil des Unerklärten: Ver nunftbegabtes Wesen vom Stern Antares. Pilot eines Raumschiffs namens Fliegende Untertasse.«
Lawr Fedotowitsch hatte nichts einzuwenden. Chlebowwodow, der kein Auge von ihm ließ, nickte zustimmend, und der Kommandant fuhr fort: »Punkt elf. Angaben über die nächsten Angehörigen … Das ist eine lange Liste.«
»Lesen Sie, lesen Sie«, forderte Chlebowwodow ihn auf.
»Hier sind siebenhundertdreiundneunzig Personen aufgeführt«, warnte der Kommandant.
»Dann sollten Sie keine Zeit verlieren«, riet Chlebowwodow. »Du bist hier, um zu lesen, also bitte. Und zwar klar und deutlich.«
Der Kommandant seufzte und legte los: »Eltern: A, B, C, D, E, F, G, H …«
»Was soll das? Aufhören«, befahl Chlebowwodow, der vor Erstaunen jede Höflichkeit vergaß. »Sind wir hier in der Schule? Hältst du uns für kleine Kinder?«
»Ich lese nur vor, was hier steht«, gab der Kommandant bissig zurück und fuhr fort: »I, J, K, L, M, N …«
»Hrrrm«, stieß Lawr Fedotowitsch hervor. »Es gibt eine Frage an den Vortragenden. Der Vater des Vorgangs Nummer zweiundsiebzig: Familienname, Vorname, Vatersname.«
»Einen Augenblick«, schaltete ich mich ein. »Konstantin Konstantinowitsch hat vierundneunzig Erzeuger fünffachen Geschlechts, sechsundneunzig Ehepartner vierfachen Geschlechts, zweihundertsieben Kinder fünffachen Geschlechts und dreihundertsechsundneunzig Mitembryonen fünffachen Geschlechts.«
Die Wirkung meiner Mitteilung übertraf alle Erwartungen. Lawr Fedotowitsch griff verwirrt nach dem Theaterglas und hielt es sich vor den Mund. Chlebowwodow beleckte sich pausenlos die Lippen. Farfurkis blätterte verbissen in seinem Notizbuch.
Mit Wybegallo brauchte ich nicht zu rechnen, und so bereitete ich mich auf die Generalschlacht vor: Ich vertiefte die Grabenprofile, verminte die durch Panzer gefährdeten Richtungen und baute die Riegelstellungen aus. Die Bunker barsten vor Munition, die Artilleristen standen an den Geschützen, den Infanteristen
Weitere Kostenlose Bücher