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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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die verfluchte Schutzglocke entfernen und einen Experten auf sein Schiff holen zu können, doch im Grunde war er pessimistisch und stellte sich darauf ein, dass die irdische Technik ihm in frühestens zweihundert Jahren würde helfen können.
    Konstantins fliegende Untertasse stand nicht weit vom Wegrand. Sie strahlte wie eine riesige Gaslampe. Wir konnten allerdings nur seine Füße in den Sprinterpantoffeln Größe 44 sehen, und diese wehrten gerade strampelnd eine Mäusefamilie ab, die hartnäckig ihr Abendbrot forderte.
    Fjodor klopfte gegen die Schutzglocke, und Konstantin kroch unter der Untertasse hervor. Er schnauzte die Mäuse an und trat auf uns zu. Die besagten Hausschuhe blieben natürlich unter der Glocke, und sofort nistete sich die Mäusefamilie darin ein. Wir stellten uns vor, brachten unser Mitgefühl zum Ausdruck und erkundigten uns, wie er vorankomme. Konstantin teilte uns tapfer mit, dass es nun anscheinend vorwärtsgehe, und zählte zwei Dutzend uns unbekannter Geräte auf, die er unbedingt brauchte. Er erwies sich als sehr mitteilsames, freundliches und vernünftiges Wesen, aber vielleicht sehnte er sich auch nur nach Gesprächs partnern. Wir fragten ihn weiter aus, und er antwortete bereitwillig. Besonders frisch sah er allerdings nicht aus, weshalb wir ihm erklärten, dass es ungesund sei, so viel zu arbeiten; jetzt sei es Zeit schlafen zu gehen. Etwa zehn Minuten lang suchten wir ihm vergeblich klarzumachen, was »schlafen« bedeutete, woraufhin er zugab, daran absolut kein Interesse zu haben und lieber aufs Schlafen verzichte. Außerdem werde es langsam Zeit, die Mäuse zu füttern. Er schüttelte jedem von uns die Hand und kroch wieder unter seine Untertasse. Wir verabschiedeten uns auch von Fjodor und Quasselstrippe und machten uns auf den Weg ins Hotel. Es war spät geworden. In der Stadt erloschen die Lichter, und nur in weiter, weiter Ferne erklang eine Harmonika, zu der helle Mädchenstimmen sangen:
    »Dir dreiäugig’ Kreatur
    sag ich heute mit Bravour:
    Die Küsserei ist mir zu stur,
    Verstandesbrüder sind wir nur!«

VORGANG NR. 72
    Konstantin, der Außerirdische
    Die Morgensonne kam hinter dem Gebäude hervor und warf ihre warmen Strahlen durch die weit geöffneten Fenster des Sitzungssaals, als Lawr Fedotowitsch mit steinerner Miene über die Schwelle trat und augenblicklich dazu riet, die Vorhänge zuzuziehen. Das Volk brauche so etwas nicht, erklärte er. Nach ihm kam Chlebowwodow, der Wybegallo vor sich her schubste. Wybegallo fuchtelte mit seiner Aktentasche herum und versuchte erhitzt, ihm etwas auf Französisch zu erklären, Chlebowwodow aber murmelte nur: »Schon gut, schon gut, mach nicht so einen Lärm.« Als der Kommandant die Vorhänge zugezogen hatte, erschien Farfurkis auf der Schwelle. Noch kauend, wischte er sich den Mund ab. Er nuschelte eine unverständliche Entschuldigung, würgte den Brocken, den er noch im Mund hatte, unzerkaut hinunter und beschwerte sich: »Einspruch! Sie sind wohl verrückt geworden, Genosse Subo! Ziehen Sie sofort die Vorhänge auf! Was ist das für eine Art, sich vom Volk abzuschirmen und es im Dunkeln zu lassen?«
    Es entspann sich ein äußerst unangenehmer Zwischenfall, und diese ganze Zeit über, in der die Mitglieder der Troika Farfurkis erniedrigten, attackierten, sich an ihm die Füße abtraten und auf ihn einhieben, schüttelte Wybegallo vorwurfsvoll den Kopf und warf mir beredte Blicke zu, als wollte er sagen: Das ist der Fluch der bösen Tat! Dann überließen sie den völlig zerfledderten und durch die Mangel gedrehten Farfurkis seinem Schicksal, setzten sich schnaufend an den Tisch und krempelten die Ärmel wieder herunter. Sie polkten sich die Hautfetzen aus den Krallen, leckten sich die blutigen Hauer und brüllten, unwillkürlich laut wie die Löwen, bereit zu sein für die morgendliche Sitzung.
    »Hrrrm«, stieß der Vorsitzende Lawr Fedotowitsch Wunjukow mit einem letzten Blick auf das Häufchen Elend hervor, das einmal Farfurkis gewesen war. »Der Nächste! Tragen Sie vor, Genosse Subo.«
    Der Kommandant verkrallte sich in die aufgeschlagene Mappe, blickte aus blutunterlaufenen Augen über die Papiere hinweg ein letztes Mal auf den niedergestreckten Feind, schlug noch einmal nachträglich aus und beruhigte sich endgültig, als seine gierig geweiteten Nasenflügel den süßlichen Verwesungsgeruch wahrnahmen.
    »Vorgang Nummer zweiundsiebzig«, leierte er. »Konstantin Konstantinowitsch Konstantinow, zweihundertdreizehn

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