Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
im Weg, die gerade in die Pfortenstraße eingebogen waren. Nur mit viel Glück hatte es keine Auffahrunfälle gegeben. Der Fahrer des vorderen Fahrzeugs hatte das Seitenfenster heruntergelassen und schrie mit hochrotem Kopf hässliche Beleidigungen in den schönen Morgen.
Jeannette beruhigte sich schnell. Sie brauchte jedoch etliche Energie, um das Lächeln, das sich soeben auf ihrem Gesicht zeigte, zu vertreiben. Mit strenger Miene straffte sie ihre Haltung und beschloss kurzerhand, weiterzugehen. Ganz ohne ihren Ex-Freund zu beachten.
„Jeannette!“
Das klang so – erfreut, dennoch voller Schmerz und auch verzweifelt, dass sie es nicht übers Herz brachte, grußlos davonzugehen.
Der Verursacher der Verkehrsbehinderung rannte los wie von der Kette gelassen. Der kleine Stau löste sich sogleich auf. Karlo drang allerdings noch ein wütend artikuliertes „Arschloch“ ins Bewusstsein, dann stand er vor Jeannette. Mit trockenem Mund schluckte er und räusperte sich verlegen. Auch Jeannette wusste nicht so recht, wie sie reagieren sollte.
„Na? Hast du frei heute?“, eröffnete Karlo ungeschickt.
„Ja, ausnahmsweise.“
„Und? Alles klar bei dir?“, stocherte Karlo weiter.
„Ja, alles klar. Alles bestens. Und selbst?“
„Auch gut, ja klar, auch gut.“
„Na, dann ist es ja gut.“
„Ja, alles gut, alles super.“
„Schön für dich.“
Karlo musterte seine Ex-Freundin prüfend. Etwas schien eben
nicht
gut zu sein. „Na ja, eigentlich nicht ganz“, gab sie schließlich kleinlaut zu. Sie machte mit einem Mal einen bedrückten Eindruck.
„Nicht ganz? Was meinst du damit?“ Karlo schaute erwartungsvoll. In ihm keimte die Hoffnung auf, Jeannette könne ihn möglicherweise vermissen. Diese Hoffnung wurde augenblicklich zerstört.
„Bei mir wurde eingebrochen“, platzte es aus Jeannette heraus.
„Eingebrochen!“ Karlo legte die Stirn in Falten. „Wann denn? Und – fehlt was?“
„Was denkst du denn, warum jemand einbricht?“, kam es gereizt zurück. „Letzten Freitag, als ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin, hab ich’s gemerkt. Muss wohl vormittags passiert sein. Und klar, natürlich fehlt was, du Schlaumeier.“
„Ist ja schon gut. Was hat er mitgenommen?“
„Was man eben so mitnimmt. Der Fernseher ist weg, die Stereoanlage, meine kleine Kasse, die immer im Wohnzimmerschrank stand. Fast dreihundert Euro waren drin. Und meine Armbanduhr.“
Sie atmete kurz durch und überlegte. „Ach ja“, fuhr sie dann etwas verlegen fort, „die schöne rote Lederjacke, die du mir im Januar zum Geburtstag geschenkt hast. Die ist auch weg.“ Eine leichte Verlegenheit huschte hellrot über ihr Gesicht. Sie hoffte, dass Karlo es nicht bemerkte.
Doch Karlos Sorgen waren anderer Natur. In ihm stieg Zorn auf. Gewaltiger Zorn. „Diesen Typen kauf ich mir“, presste er mit zusammengekniffenen Lippen heraus. Jeannette betrachtete Karlo besorgt. Sie kannte diesen Gesichtsausdruck.
„Wie willst du das denn machen? Lass das lieber bleiben. Wenn ihn schon die Polizei nicht kriegt. Glaubst du denn, dass es das Phantom war?“ Jeannette beäugte Karlo intensiv. Die schlimmsten Befürchtungen kamen hoch. Doch Karlo gab nicht nach.
„Phantom, wenn ich das schon höre. Keine Ahnung. Aber ich krieg ihn. Du kennst mich doch.“
„Ja! Eben.
Weil
ich dich kenne. Du bringst dich nur wieder in Schwierigkeiten. So, und jetzt muss ich weiter, ich habe noch zu tun“, brach sie das zufällige Treffen schroff ab, wandte sich zum Gehen und ließ einen ziemlich geknickten Karlo zurück. Mit hängendem Kopf schlich er in den Supermarkt.
Eine Viertelstunde später verließ Karlo das Geschäft mit einigen Lebensmitteln in seiner Umhängetasche. Er schlenderte zur Eisdiele und kaufte sich noch ein Hörnchen mit drei Kugeln Eis, mehr zur Ablenkung als aus echtem Verlangen nach der kalten Süßigkeit.
Weiter oben in Alt-Fechenheim beobachtete er, wie eine ältere Dame in die Leinwebergasse einbog. Es waren nur noch ungefähr zwanzig Meter, die er von der kleinen Seitenstraße entfernt war, als er die Frau schreien hörte.
„Hilfe, Hilfe, bleib stehen, du Spitzbube. Gib mir meine Tasche wieder. Hilfe! Ist denn niemand da?“
Karlo reagierte schnell. Er setzte zum Spurt an, flog förmlich um die Ecke, hinein in die kleine Seitenstraße und sah einen Mann in dunkler Kapuzenjacke davonrennen. Seine rechte Hand hatte sich um die Handtasche der Frau gekrallt.
„Ich kauf mir den Kerl. Rufen Sie die Polizei,
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