Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
brünette Frau wünschte sich, er würde die Haare ruhig noch etwas länger wachsen lassen. Die ungewohnte Frisur gab ihm etwas Entspanntes, ja vielleicht sogar etwas Verwegenes oder auch Künstlerisches. Gerade als sie ihn darauf ansprechen wollte, beugte er sich nach vorne und stieß mit ihr an.
„Auf den tollen Urlaub“, wiederholte Georg Gehring und lächelte strahlend, „und vor allem auf dich!“
In der Diele standen noch die Koffer. Die Gehrings waren erst vor einer Viertelstunde in ihrem Haus in der Birsteiner Straße in Frankfurt-Fechenheim eingetroffen. Martina Gehring hatte die Flasche Winzersekt schon vor der Abreise im Kühlschrank platziert. Schweigend und zufrieden leerten die beiden ihre Gläser. Als Georg Gehring sein Glas auf dem Küchentisch abstellte, erhob sich seine Frau.
„So, ich werde mal die Koffer auspacken und die Waschmaschine anwerfen. Was meinst du, wollen wir später noch eine Kleinigkeit essen gehen oder bist du zu müde?“
„Gute Idee, Martina. Ich bin zwar müde, aber mein Hunger ist stärker, schätze ich. Kann ich dir beim Auspacken helfen?“
„Ach nein, lass nur“, winkte Martina Gehring ab. „Aber du kannst mal schauen, ob die Westreichs zu Hause sind und unsere Zweitschlüssel zurückholen.“
Als Gehring schon an der Tür angelangt war, hielt ihn die Stimme seiner Frau zurück. „Warte einen Moment, hier hab ich noch das Geschenk für die Westreichs. Kannst du gleich mit rüber nehmen.“
Fünf Minuten später drückte Gehring auf die Haustürklingel von Maria und Klaus Westreich. Es dauerte nicht lange und die Tür öffnete sich.
„Ach. Da schau mal an. Die Urlauber sind wieder da. Das ist ja schön. Komm rein, Georg. Darf ich dir was anbieten? Ein schönes kaltes Bierchen vielleicht? Ja? Sag mal: Haben die überhaupt Bier in Italien?“
Westreich hielt inne und schaute den Nachbarn grinsend an. „He, du hast ja deinen Bart abgeschnitten. Hat Martina dich endlich so weit gekriegt?“ Er legte den Kopf schräg und musterte Gehring noch einmal eingehend. „Sieht aber gut aus. Wirkst viel jünger, wirklich. Bin gespannt, was Maria dazu meint. Willst du das jetzt so lassen?“
„Ja, ich glaube schon. Und danke für die Blumen. Zuerst war ich ja skeptisch, aber mittlerweile finde ich es auch nicht so schlecht.“
Gehring wäre zwar gerne gleich wieder nach Hause gegangen, sich duschen und umziehen, doch er wollte nicht unhöflich erscheinen. Er stellte die Tüte mit dem Präsent auf den Wohnungstisch, nahm die Flasche Bier und schenkte das schmale Pilsglas voll, das der Nachbar daneben gestellt hatte. Er nickte in Richtung der Tüte.
„Hier, eine Kleinigkeit für euch. Ist Maria nicht da?“
„Nein, sie ist beim Einkaufen. Wird noch einen Moment dauern, denke ich.“ Er schaute lächelnd zur Tüte. „Ja, vielen Dank auch, das ist wirklich nett von euch.“ Westreich zögerte einen Moment, dann verkündete er: „Ich packe das später aus, zusammen mit Maria. Ist das recht?“
„Na klar, wie du möchtest.“
Das schätzte Gehring an seinem Nachbarn. Er war frei von überflüssigen Floskeln, wie zum Beispiel:
Das wäre doch nicht nötig gewesen
. Oder auch:
Na, da habt ihr euch aber in Unkosten gestürzt, das sollt ihr doch nicht
oder ähnlichem Unsinn.
Westreich setzte sich auf die Couch und legte die Zweitschlüssel zu Gehrings Haus auf den Tisch. Dann sprang er wieder auf.
„Ach, Georg. Da ist ein Paket für dich gekommen. Ist schon ein paar Tage her. Ich hätte es zu der übrigen Post gelegt, aber Maria konnte es erst gestern abholen. Heute waren wir noch nicht drüben gewesen. Wir wussten ja, dass ihr nach Hause kommt. Ich hole es gleich, ehe es vergessen geht.“
Westreich stiefelte aus dem Wohnzimmer.
Gehring runzelte die Stirn. Ein Paket? Hatten sie vor dem Urlaub etwas bestellt?
Keine Minute später hielt er das Paket in der Hand. Braunes Packpapier umspannte eine schuhkartongroße Schachtel. Er drehte das Paket hin und her. Kein Absender. Die Empfängeradresse war auf ein Etikett gedruckt. Über der Adresse las der Ex-Polizist:
Herrn Hauptkommissar Georg Gehring persönlich
. Als er seinen ehemaligen Dienstgrad las, spürte er einen kleinen Stich. Eine gewisse Nostalgie befiel ihn, und ein leichter Schatten legte sich über seine gute Laune. Er gab sich einen Ruck, goss den Rest aus der Flasche und trank das Glas in einem Zug leer. Dann erhob er sich.
„Sei mir nicht böse, Klaus. Ich will Martina noch ein wenig beim Auspacken zur
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