Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
Buchhandlung.“ Der plötzlich im Raum stehende Sarkasmus war unbeabsichtigt. Brause biss sich auf die Lippen und versuchte, ein verbindliches Lächeln zustandezubringen.
Ein kleiner Schatten der Verärgerung huschte dann auch über das Gesicht des Kunden, verflog aber augenblicklich, als der Buchhändler fortfuhr und feststellte: „Sie suchen sicher ein Geschenk.“
Mit Genugtuung stellte Brause die Veränderung fest, die sich nun im Gesicht des Mannes vollzog. Er schien sich zu entspannen und die Unsicherheit wich schnell einer Art Erleichterung.
„Ja“, strahlte der Hagere zurück, „genau, ein Geschenk.“
„Haben Sie da an etwas Bestimmtes gedacht?“
Der Mann blickte unbehaglich um sich, als wolle er nicht belauscht werden, dann ging er einen Schritt auf den Tresen zu. Er beugte sich zu Gunter Brause über die Theke.
„Na ja, ein Buch eben. Für eine …“
„… eine Frau. Ein Buch für eine Frau“, ergänzte der Buchhändler, leicht verschwörerisch.
„Ja, genau“, kam es gequält zurück. „Aber es ist nicht so einfach, wie es sich anhört. Es darf nicht so ein typisches Frauending, na ja, nicht so ein komischer Schmalzroman sein. Glaube ich jedenfalls.“
„Wie wäre es mit einem guten Kriminalroman?“, schlug Brause vor.
„Ja, ich glaube, Krimis liest sie. Aber …“
„Ja?“
„Nun, ich …“ Der Mann brach seine Rede ab, strich mit beiden Händen durch seine silbergrau melierten Haare und unterstrich damit seine fortgeschrittenen Geheimratsecken. Es schien, als müsse er überlegen, ob er weiterreden solle. Er zögerte eine ganze Weile, dann fuhr er fort.
„Ach, ist ja egal. Wissen Sie, ich habe etwas gutzumachen. Hab wohl ziemlichen Mist gebaut und will nun mit einem schönen Geschenk versuchen …“
„Verstehe“, kam die nachdenkliche Antwort. „Aber ob es da mit einem Buch getan ist?“
„Was denn sonst? Blumen? Einen Blumenstrauß verschenkt jeder. Das ist doch eher Klischee, Kitsch. Es wirkt außerdem bestimmt unbeholfen, wenn ausgerechnet ich das mache. Und außerdem“, ein verschmitztes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, „wenn sie mir die Blumen hinterherwirft, kann ich nichts damit anfangen. Wenn sie mir das Buch an den Kopf schmeißt, kann ich es immer noch selbst lesen.“
„Praktisch denken – Särge schenken“, witzelte Brause und erschrak augenblicklich über sich selbst und seinen unbeabsichtigten schwarzen Humor. Als sein Kunde aber ein lautes Lachen ertönen ließ, atmete er erleichtert auf und fiel, wenn auch etwas verhaltener, in die Fröhlichkeit des Mannes mit ein.
Nach einem routinierten Griff ins Krimiregal präsentierte Gunter Brause seinem neuen Kunden einen dicken gebundenen Kriminalroman.
„Hier, das ist eine Neuerscheinung. Charlotte Link. Normalerweise nicht ganz meine Sache. Aber erfahrungsgemäß mögen speziell Frauen diese Autorin. Ich persönlich bin eher kein großer Krimileser. Den hier allerdings habe ich in einem Rutsch durchgelesen. Eine ungewöhnliche Geschichte, wirklich gut geschrieben. Allerdings hat das Buch einen entscheidenden Nachteil.“ Er wog den dicken, schweren Band in beiden Händen.
„Und der wäre?“
„Na, wenn Sie das Ding an den Kopf bekommen …“
Kurze Zeit später war das Buch bezahlt, als Geschenk eingepackt und in einer Plastiktüte verstaut. Brauses neuer Kunde war gerade dabei, sich zu verabschieden, da betrat ein weiterer Mann den Laden. Er quetschte seinen massigen Körper umständlich durch die Tür. Als er den hageren Typen erkannte, machte er seinem Erstaunen Luft.
„He, Karlo, na so was! Was machst du denn hier? Ich wusste gar nicht, dass du lesen kannst.“
Karlo Kölner drehte sich und schaute Harry Weber, dem Wirt der
Bluesmühle
, ins Gesicht.
„Ach, du bist das, Harry“, entgegnete er überrascht. Dann setzte er ein heimtückisches Grinsen auf und schlug zurück.
„Und du? Du kaufst jetzt sicher ein Kochbuch für Anfänger, damit deine Gäste endlich mal was Gescheites zu essen kriegen, ja?“
Wenig später saß Karlo Kölner an einem Tischchen vor der Eisdiele, trank einen Cappuccino und dachte unruhig über sein weiteres Vorgehen nach.
Eigentlich war überhaupt nichts passiert. Und Karlo war sich – fast – keiner Schuld bewusst. Alles war noch in Ordnung gewesen, als sie gemeinsam eine Woche in die Rhön gefahren waren.
Zuerst hatte Jeannette noch vorgeschlagen, man könne sich abends mit den Rhöner Freunden Paul Perlig und Sina Mehler treffen und eventuell
Weitere Kostenlose Bücher