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Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman

Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman

Titel: Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Vogelfrei
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nicht. Es ist so: Martin, also der Junior, Sie haben ihn ja vorhin gesehen, würde wohl gerne die Firma verkaufen. Ursprünglich wollte der Chef sich Anfang des Jahres aus dem Geschäft zurückziehen, aber als er davon Wind bekommen hat – Sie verstehen?“
    „Klar. Kann man ja auch nachvollziehen. Ich wäre an Herrn Berwalds Stelle auch nicht entzückt.“ Nach einer kurzen Pause hakte Karlo nach. „Ist dieser Martin das einzige Kind von Berwald?“
    „Ja. Martin ist sein einziges Kind.“
    Karlo spürte, wie Marianne Giebitz zögerte. Er ließ einen Augenblick verstreichen, dann legte er den Kopf schräg und schaute die Sekretärin fragend an.
    „Und?“
    „Tja, es gibt noch einen weiteren Streitpunkt“, fuhr Frau Giebitz fort. „Dieses Haus in Fechenheim, in der Baumertstraße. Das ist dem Junior auch ein gewaltiger Dorn im Auge.“
    „Wie soll ich das verstehen? Welches Haus? Und was ist damit?“, erkundigte sich Karlo mit unschuldigem Blick.
    „Na ja, Herr Berwald wohnt dort, seit seine Frau …“, sie machte eine zögerliche Pause, „… nicht mehr da ist. Aber darum geht es gar nicht.“
    „Ja und? Um was geht es?“ Karlo versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
    „Herr Berwald hat das Haus komplett umgebaut und lässt dort jetzt irgendwelche gestrauchelten Menschen wohnen.“
    Karlo spielte den Erstaunten. „Gestrauchelte? Was heißt denn das?“
    „Gestrauchelte, das heißt so viel wie ehemalige Häftlinge. Straffällige eben, die aus dem Gefängnis entlassen wurden und danach nicht wissen, wo sie wohnen sollen. Die Miete ist sehr gering. Wissen Sie, der Chef war schon immer sozial engagiert. Sein Sohn meint jedoch – und eigentlich hat er da auch nicht ganz Unrecht –, dass der Familie dadurch jeden Monat ein paar Tausend Euro verloren gehen. In dem Haus könnten gut und gerne vier Wohnungen vermietet werden. Bei den heutigen Preisen ist das kein Pappenstiel, wie Sie sich denken können. Ganz abgesehen davon, dass man solchen Subjekten nicht trauen kann. So jedenfalls denkt der Junior.“
    Karlo fühlte sich unbehaglich. Er rutschte auf seinem Stuhl herum und hoffte inständig, dass sie nicht dahinterkäme, wo er wohnte. „Nun ja, das mag ja sein“, gab er zu. „Aber das Haus gehört immer noch dem Seniorchef, stimmt doch?“
    „Ja, natürlich. Ich weiß ja auch nicht, was ich von der Sache halten soll.“ Sie beugte sich mit verstohlenem Blick über den Tisch. Ihre Stimme klang sensationslüstern, als sie Karlo zuflüsterte: „Aber ich glaube, das ist immer noch nicht alles.“
    „Nein?“ Karlo merkte auf.
    „Ja. Aber das ist nur so ein Gefühl. Irgendetwas ist da noch. Die ganze Stimmung ist seit einigen Tagen so – gereizt. Nein, gereizt ist das falsche Wort. Eher bedrückt. Ja, bedrückt. Das trifft es besser.“ Sie lehnte sich zurück.
    Karlo fühlte instinktiv, dass es momentan nicht mehr zu erfahren gab. Er überprüfte erneut die Uhrzeit. Zu lange durfte er Reinfeld auch nicht warten lassen. So versuchte er, dem Treffen ein schnelles und doch angemessenes Ende zu geben. Er lächelte die schwarzhaarige Frau gewinnend an.
    „Mögen Sie noch einen Nachtisch, Frau Giebitz?“
    „Nein, danke. Das wird mir zu viel. Aber bitte – sag doch Marianne zu mir.“ Ihr Blick fuhr Karlo durch die Augen geradewegs in jene Regionen, die er gerade jetzt nicht aktiviert haben wollte.
    Eigentlich ging ihm das fast ein wenig zu schnell. Wenn er es überhaupt wollte. Er versuchte, sich zu entspannen, doch vergebens. Und augenblicklich setzte wieder das schlechte Gewissen ein. Jeannette schien wie ein Geist mit am Tisch zu sitzen und die Szene entrüstet zu verfolgen.
    „Karlo“, erwiderte er dennoch unbeholfen. „Dann müssen Sie, äh, musst du, auch Karlo zu mir sagen.“
    Mit einem Winken machte er die Bedienung auf sich aufmerksam. „Die Rechnung bitte. Zusammen.“
    Er dachte bekümmert an die wenigen Scheine in seiner Tasche, doch er konnte nicht anders. Insgeheim aber hatte er auf Marianne Giebitz’ Reaktion gehofft.
    „Kommt überhaupt nicht infrage“, brauste sie auf. „Ich habe dich hierher gebeten. Da musst du mir auch gestatten, dich einzuladen.“
    Karlo atmete verstohlen auf. Er wäre nach dem Bezahlen der Rechnung nahezu pleite gewesen. Und so verplante er im Gegenzug den erhofften Vorschuss. „Aber das nächste Mal bin ich dran.“
    „Du willst mich also wiedersehen?“
    „Ja, wieso denn nicht?“
    „Da gäbe es möglicherweise viele Gründe. Klingt aber gut.

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