Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
nicht mehr bei uns ist, ist alles ziemlich schwierig geworden.“
Sie unterbrach sich mit schuldbewusstem Gesicht, als hätte sie das Gefühl, schon zu viel preisgegeben zu haben. Dann lenkte sie ab. „Aber deswegen sind Sie ja nicht da. Es ist nur – ich möchte jetzt nicht gerade …“ Sie stockte erneut und richtete ihren Blick vielsagend auf die Tür, hinter der die Stimmen immer noch tobten. Dann wandte sie sich wieder zu Karlo. Als er gerade sein Verständnis bekunden wollte, flog die Tür auf. Die Stimmen wurden lauter und nun konnte man gut verstehen, was einer der erregten Männer brüllte. „Das wirst du noch bereuen, du kleiner Bastard.“ Karlo stand mit offenem Mund da und lauschte ungläubig. „Du glaubst wohl, ich bin schon scheintot. Aber nicht mit mir, das wirst du schon noch merken.“
Dann herrschte Stille.
Das Streitgespräch schien beendet zu sein und ein jüngerer Mann in einem beigen Leinenanzug verließ das Zimmer. Er hatte das Gesicht zu einer verächtlichen Grimasse verzogen, als er die Tür mit Schwung zuwarf. Dann schien er es sich anders überlegt zu haben, griff nach der Klinke und riss die Tür wieder auf. Ein drohender Unterton lag in seiner Stimme. „Vater, du machst einen schweren Fehler. Deine Ignoranz wird dir noch Ärger einbringen. Jede Menge Ärger.“
„Meine Ignoranz geht dich einen Scheißdreck an“, donnerte es zurück. „Ich habe einige Dinge viel zu lange ignoriert, da hast du schon recht. Aber das wird sich ändern, jetzt sehe ich endlich klar, was hier läuft. Und überhaupt – willst du mir drohen, du Mistkerl? Mach bloß, dass du mir aus den Augen gehst, ehe ich mich vergesse!“
Der junge Mann strich sich wütend durch seine dichten dunklen Haare. Dann beugte er sich durch den Türrahmen. „Das wird dir noch leid tun, das garantiere ich dir!“, zischte er giftig zurück. Daraufhin warf er die Tür erneut zu und verließ den Empfangsraum eilig, ohne die Anwesenden auch nur eines Blickes zu würdigen.
Karlo schaute ihm konsterniert hinterher. „Himmel, was war denn das?“, murmelte er mehr zu sich selbst.
Frau Giebitz schien etwas erwidern zu wollen, als die Bürotür abermals aufschwang. Ein wütender Wilhelm Berwald trat hinter den Empfangstresen. Sein Kopf war hochrot vor Erregung und seine Fäuste waren geballt.
Die Verwandlung, die sich vollzog, als er Karlo erkannte, war spektakulär. Das leuchtende Purpur seines Zorns verschwand in Sekundenschnelle aus seinem Gesicht. Ein ebenso freundliches wie unpassendes Lächeln erblühte und Berwald breitete die Arme einladend aus. Die Stimme von Karlos Vermieter klang plötzlich warm und freundlich.
„Na, so was, Herr Kölner, welche Überraschung. Entschuldigen Sie bitte den kleinen Disput. Eine kleine Meinungsverschiedenheit mit meinem Sohn, nichts Ernstes. Wir sind beide – wie soll ich sagen – etwas impulsiv, wenn unseren persönlichen Auffassungen vom jeweils anderen kein Verständnis entgegengebracht wird.“
Er kicherte ein wenig verlegen, ging auf Karlo zu und streckte ihm die Hand entgegen. „Was führt Sie zu uns?“
Karlo fühlte sich ziemlich unbehaglich, gab seinem Vermieter aber die Hand und erklärte betont freundlich, warum er vor Ort war. „Ich habe eine Lieferung der Firma Reinfeld für Sie. Wenn Sie mir vielleicht sagen könnten, wohin damit?“
„Natürlich, Herr Kölner, wir haben schon darauf gewartet. Ich kümmere mich persönlich darum. Folgen Sie mir bitte.“
Karlo winkte der Sekretärin zu und blinzelte verschwörerisch, als er mit Berwald den Raum verließ.
Als Karlo wieder in Reinfelds Transporter einsteigen wollte, hatte er die hübsche Frau Giebitz fast vergessen. Jeannette drängte wieder in seine Gedanken, und er spürte ein Ziehen im Bauch. Hatte sie tatsächlich kurz gelächelt, als er sie vor dem Supermarkt getroffen hatte? Gab es doch noch Hoffnung für ihre Beziehung? Fest stand jedenfalls: Er hatte es gründlich verbockt, neulich in der Rhön. Sehnsucht ergriff ihn und der Kloß im Hals schwoll an.
„Auf Wiedersehen, Herr …?“
Karlo schoss herum. Frau Giebitz.
„Ach, habe ich Sie erschreckt? Das tut mir leid“, klang es ihm kokett entgegen.
„Nein, nein, schon in Ordnung“, beeilte sich Karlo mit der Antwort. Er schaute auf die Uhr. „Haben Sie schon Feierabend?“
„Aber nein, ich mache bloß Mittagspause. Ganz in der Nähe gibt es einen Italiener. Etwas Gutes zu essen wäre jetzt nicht schlecht. Ich habe fast nichts
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