Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
Reichard bedeutungsschwer zu Karlo.
„Jetzt reden Sie schon, Reichard. Sonst kommen wir hier nicht weiter.“
„Wenn Sie meinen. Also, die Kugel, mit der Habicht erschossen wurde, stammt aus der gleichen Waffe wie die beiden aus Berwalds Wohnung. Wir haben im Wald auch eine Patronenhülse gefunden. Es könnte sich demnach vielleicht um eine alte italienische Militärpistole handeln, eine Beretta M 1934, die italienische Polizei hat sie übrigens auch geführt. Die Dinger sind weit verbreitet, wie Sie wissen.“
Karlo verzog keine Miene und speicherte die Information ab.
Reichard fuhr fort. „Damit ist Habichts Mörder identisch mit demjenigen, der auf Berwald geschossen hat.“
„Oder derjenigen“, warf Karlo ein.
„Wie bitte?“
Gehring und Reichard schauten erstaunt zu Karlo.
„Es könnte ja auch eine Frau gewesen sein, oder?“
„Natürlich könnte es auch eine Frau gewesen sein. Aber wie kommen Sie darauf?“
Karlo berichtete von seinen Beobachtungen bezüglich der Schusskanäle und seine Vermutung, dass die Schüsse eigentlich nur aus der Wohnung gegenüber abgefeuert worden sein konnten. Und dass kurz vor dem Anschlag sein Mitbewohner Leibach genau diese Wohnung betreten hatte. Schließlich beschrieb er die rothaarige Dame, die ebenfalls kurz vor den Schüssen im Haus verschwunden war.
Reichard und Gehring schwiegen eisern, als Karlo eine Pause einlegte. Er wartete einen Moment. Als niemand das Wort ergriff, rang er sich schweren Herzens ab: „Außerdem glaube ich, dass in dieser Wohnung gegenüber die Sekretärin von Herrn Berwald wohnt.“
Gehring spürte, dass da noch mehr war. Er schüttelte unmerklich den Kopf, als Reichard den Mund öffnete, und sah Karlo fragend an. „Das war aber noch nicht alles.“
„Nein“, gab Karlo zu. „Natürlich nicht.“ Er kramte sein Handy hervor und begann im Display zu suchen. Als er das erste Bild gefunden hatte, reichte er das Telefon weiter zu Gehring. „Hier. Das habe ich in Berwalds Kommode gefunden. Ich denke, das sollten Sie wissen.“
Gehring schnappte sich das Handy, vergrößerte das Bild und scrollte es hin und her.
Es schien sich um den Briefbogen einer ärztlichen Praxis zu handeln.
Dr. med. Markus Moser, Allgemeinmedizin
.
Was sollte das denn bedeuten? Er schenkte Karlo einen kurzen Blick, dann schaute er sich in der Kneipe um und begann mit gedämpfter Stimme vorzulesen.
Lieber Wilhelm
,
der Test liegt mir nun vor und es tut mir leid, dass ich Dir keine besseren Nachrichten übermitteln kann. Deine Vermutungen sind leider richtig, und zwar nicht nur in Bezug auf deinen Filius, sondern auch in Bezug auf seine Herkunft
.
Wie bist du eigentlich dahintergekommen? Na, egal, es geht mich ja nichts an und eigentlich will ich es auch gar nicht wissen
.
Anbei bekommst du auch die alte Laboruntersuchung zurück, die du mir zum Vergleich gegeben hast
.
Um die ganze Sache für ein gerichtliches Verfahren verwendbar zu machen, braucht es allerdings eine richterliche Anordnung. Das vorliegende Ergebnis dient also lediglich deiner persönlichen Klarheit
.
Wenn ich Dich noch irgendwie unterstützen kann, sag einfach Bescheid, ansonsten bleib bitte gesund
,
beste Grüße, Markus
.
„Das hört sich an, als hätte Berwald einen Vaterschaftstest machen lassen“, mutmaßte Reichard. „Wie viele Kinder hat er denn?“
„Nur seinen Sohn Martin, glaube ich. Und mit dem hat er ziemlichen Krach wegen der Firma.“ Karlo berichtete rasch vom interfamiliären Streit der Berwalds.
„Und Berwalds Frau?“
„Die scheint vor längerer Zeit verstorben zu sein. Der Ordner mit dem Brief und dem älteren Vaterschaftstest lag bei den Sachen, die im Zimmer seiner Frau zurückgeblieben waren. Sein Sohn hatte Interesse an dem Zimmer angemeldet, er wollte den Raum unbedingt für sich nutzen. Und beim Durchsehen der Sachen hat der alte Berwald wohl den Test entdeckt.“
Reichard grinste Karlo unverschämt an. „Das heißt ja dann, dass seine Frau ihm – sozusagen posthum – mitgeteilt hat, dass sein Sohn gar nicht von ihm ist. Und er hat das nachträglich noch einmal überprüfen lassen.“
„Sieht ganz so aus.“
Harald Reichard schaute mitleidig. „Das arme Schwein. Und dann versucht noch jemand, ihn umzubringen. Möchte nicht in seiner Haut stecken.“
„Verwenden können Sie das nur als interne Information“, warnte Gehring seinen ehemaligen Kollegen. Dann wandte er sich an Karlo. „Ich möchte auch gar nicht erfahren, unter welchen
Weitere Kostenlose Bücher