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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Lächerliche. Die Erklärung vom 27. März wurde nicht nur von der gesamten Versöhnlerpresse begrüßt, sondern auch von der Prawda Kamenjew-Stalins, die vier Tage vor Lenins Ankunft in einem Leitartikel schrieb: "Klar und deutlich hat die Provisorische Regierung ... vor dem ganzen Volke erklärt, daß das Ziel des freien Rußland nicht die Herrschaft über andere Völker ist" usw. Die englische Presse legte sofort mit Befriedigung den Verzicht Rußlands auf Annexionen als Verzicht auf Konstantinopel aus, wobei sie natürlich keinesfalls daran dachte, die Enthaltungsformel auch auf sich zu beziehen. Der russische Gesandte in London schlug Alarm und verlangte von Moskau dahingehende Erläuterungen, daß das Prinzip "Frieden ohne Annexionen von Rußland nicht bedingungslos angenommen wird, sondern nur insofern es unseren Lebensinteressen nicht widerspricht". Aber das war ja gerade Miljukows Formel: das Versprechen, nicht zu rauben, was wir nicht brauchen können. Im Gegensatz zu London unterstützte Paris nicht nur Miljukow, sondern trieb ihn durch Paléologue an zu einer entschlosseneren Politik den Sowjets gegenüber.
    Der damalige Premier Ribot, außer sich über die kläglichen Litaneien Petrograds, befragte London und Rom, ob "sie es nicht für notwendig erachten, die Provisorische Regierung aufzufordern, mit jeglicher Zweideutigkeit (équivoque) ein Ende zu machen". London erwiderte, es sei klüger, "den nach Rußland entsandten französischen und englischen Sozialisten Zeit zu lassen, auf ihre Gesinnungsgenossen einzuwirken".
    Die Entsendung der alliierten Sozialisten nach Rußland war auf Initiative des russischen Hauptquartiers, das heißt der alten zaristischen Generalität, unternommen worden. "Wir rechnen auf ihn", schrieb Ribot über Albert Thomas, "um den Beschlüssen der Provisorischen Regierung einige Festigkeit zu verleihen." Miljukow jedoch beklagte sich, Thomas halte sich zu eng an die Sowjetführer. Ribot antwortete darauf, Thomas sei "aufrichtig bestrebt", den Standpunkt Miljukows zu unterstützen, versprach aber, seinen Abgesandten zu einer noch aktiveren Unterstützung zu veranlassen.
    Die durch und durch leere Deklaration vorn 27. März beunruhigte immerhin die Alliierten, die in ihr eine Konzession an den Sowjet erblickten. Aus London drohte man, den Glauben "an die Kampfkraft Rußlands" zu verlieren. Paléologue beschwerte sich über die "Schüchternheit und Unbestimmtheit" der Deklaration. Gerade das brauchte Miljukow. In der Hoffnung auf Hilfe der Alliierten ließ sich Miljukow in ein großes Spiel ein, das seine Geldmittel weit überstieg. Sein Leitgedanke war, den Krieg gegen die Revolution zu wenden, die nächste Aufgabe auf diesem Wege - die Demokratie zu demoralisieren. Doch begannen die Versöhnler gerade im April in Fragen der Außenpolitik immer nervöser und betriebsamer zu werden, denn man bedrängte sie unablässig von unten. Die Regierung brauchte eine Anleihe. Die Massen jedoch waren bei aller Stimmung zugunsten der Landesverteidigung nur bereit, eine Friedensanleihe, nicht aber eine Kriegsanleihe zu unterstützen. Man mußte ihnen mindestens den Schein einer Friedensperspektive zeigen.
    Indem er die Rettungspolitik der Gemeinplätze entwickelte, schlug Zeretelli vor, von der Provisorischen Regierung zu fordern, daß sie an die Alliierten eine der innenpolitischen Erklärung vom 27. März analoge Note richte. Dafür verpflichtete sich das Exekutivkomitee, im Sowjet die Abstimmung für eine "Freiheitsanleihe" vorzunehmen. Miljukow ging auf den Betrug ein: Anleihe gegen Note, - beschloß aber, den Handel doppelt auszunutzen. Unter dem Schein einer Erläuterung zu der "Erklärung" desavouierte die Note diese. Sie betonte, daß die Friedensphrasen der neuen Macht "nicht den geringsten Vorwand geben, zu glauben, daß die Rolle Rußlands im Gesamtkampfe der Alliierten durch die vollzogene Umwälzung eine Schwächung erlitten hat. Ganz im Gegenteil, - das allgemeine Bestreben des Volkes, den Weltkrieg bis zum endgültigen Siege zu führen, hat sich nur verstärkt" ... Die Note sprach ferner die Überzeugung aus, daß die Sieger "das Mittel finden werden, jene Garantien und Sanktionen zu erlangen, die notwendig sind zur Vermeidung neuer blutiger Zusammenstöße in der Zukunft". Die Worte "Garantien" und "Sanktionen", die auf Drängen Thomas' aufgenommen wurden, bedeuteten in der Diebessprache der Diplomatie, besonders der französischen, nichts anderes als Annexionen und

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