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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Kontributionen. Am Tage der Maifeier übergab Miljukow seine unter dem Diktat der alliierten Diplomatie verfaßte Note telegraphisch an die Regierungen der Entente, und erst danach wurde sie dem Exekutivkomitee übermittelt und gleichzeitig den Zeitungen. Die Kontaktkommission war von der Regierung übergangen worden, und die Führer des Exekutivkomitees gerieten in die Lage einfacher Bürger. Erfuhren die Versöhnler aus der Note auch nichts, was sie nicht schon vorher von Miljukow gehört hatten, so konnten sie doch den mit Vorbedacht kindlichen Akt nicht übersehen. Die Note entwaffnete sie vor den Massen und stellte sie direkt vor die Wahl zwischen Bolschewismus und Imperialismus. Lag nicht gerade darin Miljukows Absicht? Alles spricht dafür, daß seine Absicht noch weiter ging.
    Schon seit März war Miljukow mit allen Mitteln bestrebt, den unglückseligen Plan der Eroberung der Dardanellen durch eine russische Landung wieder aufleben zu lassen. Er führte darüber zahlreiche Verhandlungen mit General Ale-xejew und suchte diesen zur energischen Durchführung der Operation zu bewegen, die, seiner Meinung nach, die gegen Annexionen protestierende vor eine vollendete Tatsache stellen würde. Die Note Miljukows vom 18. April war gleichsam eine Parallellandung auf dem schlecht verteidigten Ufer der Demokratie. Zwei Aktionen - die militärische und die politische - ergänzten sich und rechtfertigten einander für den Fall eines Sieges. Mit Siegern wird im allgemeinen nicht gerichtet. Doch Miljukow war es nicht beschieden, Sieger zu bleiben. Zur Landung waren 200.000 bis 300.000 Soldaten nötig. Die Sache scheiterte indes an einer Kleinigkeit: der Weigerung der Soldaten. Die Revolution zu verteidigen waren sie bereit, nicht aber anzugreifen. Das Dardanellenattentat Miljukows erlitt Fiasko. Und dies untergrub alle seine weiteren Pläne. Man muß zugeben, sie waren nicht schlecht berechnet ... unter der Voraussetzung des Sieges.
    Am 17. April fand in Petrograd eine grauenerregende patriotische Demonstration der Kriegsinvaliden statt: eine riesige Zahl Verwundeter aus den Lazaretten der Hauptstadt, beinlose, armlose, bandagierte Soldaten, bewegte sich zum Taurischen Palais. Die nicht gehen konnten, wurden in Lastautos gefahren. Auf den Fahnen stand: "Krieg bis zum Ende." Das war eine Verzweiflungsdemonstration der menschlichen Überreste des imperialistischen Krieges, die nicht wollten, daß die Revolution die von ihnen gebrachten Opfer für sinnlos erkläre. Doch hinter den Demonstranten stand die Kadettenpartei, genauer gesagt Miljukow, der für morgen seinen großen Schlag vorbereitete.
    Am 19., nachts, beriet das Exekutivkomitee in einer außerordentlichen Sitzung die am Vorabend den alliierten Regierungen übermittelte Note. "Nach der ersten Lesung", berichtet Stankewitsch, "wurde von allen einmütig und ohne Diskussion anerkannt, die Note sei etwas ganz anderes, als das Exekutivkomitee erwartet hatte." Für die Note aber war die Regierung in ihrer Gesamtheit, einschließlich Kerenskis, verantwortlich. Man mußte folglich zuallererst die Regierung retten. Zeretelli begann, die unchiffrierte Note zu "dechiffrieren" und immer mehr und mehr Vorzüge an ihr zu entdecken. Skobeljew wies tiefsinnig nach, man könne "völlige Übereinstimmung" zwischen den Bestrebungen der Demokratie und der Regierung überhaupt nicht verlangen. Die Weisen quälten sich bis zum Morgengrauen, fanden aber keine Lösung. Gegen Morgen ging man auseinander, um sich nach einigen Stunden wieder zu versammeln. Man rechnete offenbar mit der Fähigkeit der Zeit, jegliche Wunden zu heilen.
    Am Morgen erschien die Note in allen Zeitungen. Die Rjetsch kommentierte sie im Geiste reiflich erwogener Provokation. Die sozialistische Presse äußerte sich höchst gereizt. Die menschewistische Rabotschaja Gaseta (Arbeiterzeitung), die gemeinsam mit Zeretelli und Skobeljew noch nicht Zeit gefunden hatte, sich von dem Dunst der nächtlichen Empörung zu erholen, schrieb, die Provisorische Regierung veröffentliche einen "Akt, der ein Hohn auf die Bestrebungen der Demokratie ist", und forderte vom Sowjet entschlossene Maßnahmen, "um seine schrecklichen Folgen abzuwenden". In diesen Sätzen war der wachsende Druck der Bolschewiki deutlich fühlbar.
    Das Exekutivkomitee nahm seine Sitzung wieder auf, jedoch nur, um sich wieder von seiner Unfähigkeit, irgendeinen Entschluß zu fassen, zu überzeugen. Es wurde beschlossen, eine außerordentliche Plenarsitzung des

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