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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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vor dem russischen Volke nichts zu verbergen ..." Der Petrograder Sowjet nahm eine besondere Entschließung an, die "die Autoren, Verbreiter und Helfershelfer der Verleumdung mit Verachtung brandmarkt".
    Die Bolschewiki traten die Erbschaft an. Sie erwies sich als grandios und äußerst kläglich zugleich. Das ZentralExekutivkomitee beraubte rechtzeitig den Petrograder Sowjet der beiden von ihm geschaffenen Zeitungen, sämtlicher Verwaltungsabteilungen, aller finanziellen und technischen Mittel, einschließlich der Schreibmaschinen und Tintenfässer. Die zahlreichen Automobile, die seit den Februartagen dem Sowjet zur Verfügung gestellt worden waren, wurden bis auf das letzte dem Versöhnlerolymp überwiesen. Die neuen Leiter besaßen keine Kasse, keine Zeitungen, keinen Kanzleiapparat, keine Verkehrsmittel, keine Bleistifte. Nichts außer nackten Wänden und - dem flammenden Vertrauen der Arbeiter und Soldaten. Dies erwies sich als völlig ausreichend.
    Nach dem grundlegenden Umschwung in der Sowjetpolitik begannen die Versöhnlerreihen noch rascher hinzuschmelzen. Am 11. September, als Dan vor dein Petrograder Sowjet die Koalition verteidigte und Trotzki für die Macht der Sowjets sprach, wurde die Koalition mit allen gegen zehn Stimmen, bei sieben Stimmenthaltungen, abgelehnt! Am gleichen Tage verurteilte der Moskauer Sowjet einstimmig die Repressalien gegen die Bolschewiki. Die Versöhnler sahen sich bald in einen schmalen Sektor nach rechts zurückgeworfen, ähnlich dem, wie ihn die Bolschewiki zu Beginn der Revolution links innegehabt hatten. Doch welcher Unterschied! Die Bolschewiki waren stets stärker unter den Massen als in den Sowjets. Die Versöhnler dagegen behielten noch immer einen größeren Platz in den Sowjets als unter den Massen. Die Bolschewiki hatten in der Periode ihrer Schwäche eine Zukunft. Den Versöhnlern blieb nur die Vergangenheit, auf die stolz zu sein sie keinen Grund hatten.
    Zusammen mit der Kursänderung veränderte der Petrograder Sowjet sein äußeres Bild. Die Versöhnlerführer verschwanden restlos vom Horizont, indem sie sich im Exekutivkomitee vergruben; sie wurden im Sowjet durch Sterne zweiten und dritten Grades ersetzt. Gemeinsam mit Zeretelli, Tschernow, Awksentjew, Skobeljew verschwanden die Freunde und Verehrer der demokratischen Minister von der Bildfläche, radikale Offiziere und Damen, halbsozialistische Schriftsteller, gebildete und namhafte Menschen. Der Sowjet wurde einheitlicher, grauer, düsterer, ernster.

Kapitel 13: Die Bolschewiki und die Sowjets
    Mittel und Werkzeuge der bolschewistischen Agitation scheinen bei näherer Betrachtung nicht nur in keinem Verhältnis zu dem politischen Einfluß des Bolschewismus zu stehen, sondern verblüffen geradezu durch ihre Geringfügigkeit. Bis zu den Julitagen besaß die Partei einundvierzig Presseorgane, Wochen- und Monatsschriften mitgezählt, mit einer Gesamtauflage von nicht über 320.000; nach der Juliniederschlagung verringerte sich die Auflageziffer um die Hälfte. Ende August wurde das Zentralorgan der Partei in fünfzigtausend Exemplaren gedruckt. In den Tagen, als sich die Partei des Petrograder und des Moskauer Sowjets bemächtigte, betrug der Kassenbestand des Zentralkomitees annähernd dreißigtausend Papierrubel.
    Aus der Intelligenz hatte die Partei fast gar keinen Zustrom. Die breite Schicht der sogenannten "alten Bolschewiki" aus Studentenkreisen, die zur Revolution von 1905 gekommen waren, hatte sich in prosperierende Ingenieure, Ärzte und Beamten verwandelt und zeigte der Partei ungeniert feindliche Rückenumrisse. Selbst in Petrograd gebricht es auf Schritt und Tritt an Journalisten, Rednern, Agitatoren. Die Provinz bleibt völlig benachteiligt. Es fehlen Führer, es fehlen politisch aufgeklärte Menschen, die dem Volke begreiflich machen können, was die Bolschewiki wollen! - das ist der Schrei aus Hunderten entlegener Winkel und besonders von der Front. Auf dem Lande gibt es fast überhaupt keine bolschewistischen Zellen. Die Postverbindungen sind völlig desorganisiert: sich selbst überlassen, beschuldigten die Lokalorganisationen mitunter nicht zu Unrecht das Zentralkomitee, es beschäftige sich nur mit der Leitung Petrograds. Wie konnten nun bei einem derart schwachen Apparat und so geringer Presseauflage Ideen und Losungen des Bolschewismus vom Volke Besitz ergreifen? Die Erklärung ist sehr einfach: Losungen, die dem akuten Bedürfnis der Klasse und Epoche entsprechen, schaffen sich tausende

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