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Geschichte der Tuerkei

Geschichte der Tuerkei

Titel: Geschichte der Tuerkei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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ein. Im östlichen Schwarzmeerraum forderten Griechen eine autonome Republik «Pontos» bzw. «Trapezunt». Die Armenier legten in Paris eine Karte vor, mit der sie Gebietsansprüche anmeldeten, die sich unvermeidlich mit türkischen, kurdischen und georgischen Siedlungsräumen überschnitten. Allerdings hatte das Ausscheiden Russlands nach der Oktoberrevolution der Resttürkei am Schwarzen Meer und im Südkaukasus wieder etwas Bewegungsfreiheit verschafft.
    Nach einem Dekret über die Schaffung von Gerichtshöfen zur Verurteilung von Kriegsverbrechern (9. März) ließ die Sultansregierung in Istanbul unter Damad Ferid Paşa führende Mitglieder der «Gesellschaft für Einheit und Fortschritt» (
İttihad ve Terakki Cemiyeti,
İTC) verhaften, soweit sie nicht nach Anatolien oder ins Exil gegangen waren. Am 28. April wurde der Istanbuler «Jungtürken-Prozess» eröffnet, in dessen Mittelpunkt der Vorwurf stand, die Deportationen der Armenier hätten das Ziel gehabt, sie zu vernichten, um damit die «Orientalische Frage» zu lösen. Todesurteile wurden nur gegen die abwesenden Führer ausgesprochen, die anwesenden Angeklagten erhielten mildere Strafen.
    In den letzten Kriegstagen hatten sich bereits osmanische Offiziere und zivile Amtsträger in der Geheimorganisation
Karakol
(«Wacht») zusammengeschlossen, um den Kampf gegen Griechen und Armenier vorzubereiten. Sie wurde nach 1920 mehr oder weniger bruchlos in die Widerstandskomitees überführt, die sich seit dem Frühjahr 1919 in verschiedenen Landesteilen gebildet hatten, darunter die einflussreiche «Gesellschaft zur Verteidigung der Rechte der östlichen Provinzen». Admiral Calthorpe klagte schon am 21. März in einem Bericht über die wachsende Zahl dieser Komitees zwischen Sivas und Erzurum. Vermutlich Mitte April fasste Atatürk den Plan, nach Anatolien zu gehen. Er war zunächst zum Inspekteur der 3. Armee ernannt worden mit dem Auftrag, osmanische Truppenteile im nördlichen Kleinasien zu demobilisieren. Seine Landung in Samsun am 19. Mai 1919 gilt als offizieller Beginn des anatolischen Widerstands,auch wenn er zu diesem Zeitpunkt noch mit der Sultansregierung kooperierte und im Osten des Landes osmanische Einheiten unter Kâzım Karabekir Paşa (1882–1948) bereits in Kämpfe mit armenischen Truppen verwickelt waren.
    Vier Tage vor dem 19. Mai waren in İzmir (Smyrna) griechische Truppen ausgeschifft worden. Das in der «Kleinasiatischen Katastrophe» endende Abenteuer des griechischen Ministerpräsidenten Venizelos nahm seinen Lauf. Die Muslime Istanbuls protestierten am 23. Mai auf dem Hippodrom in einem berühmtem
miting
gegen die griechische Landung. Nach einer zweiten Versammlung im Herzen Istanbuls verbot Calthorpe weitere derartige Veranstaltungen. Auch ohne diese Manifestationen, so wichtig sie waren, um den Patriotismus wieder zu entfachen, hätten sich die Türken mit der Besetzung ihres Landes nicht abgefunden. Erste Kämpfe zwischen griechischen Einheiten, die im Raum Ayvalık (gegenüber von Lesbos) gelandet waren, und türkischen Kräften waren im Mai ausgebrochen.
    Vergeblich versuchte die Istanbuler Regierung, einen großen Kongress der Widerstandsorganisationen in Erzurum zu unterbinden. Statt dem Rat des Sultans zu folgen, zwei Monate «Urlaub» zu nehmen, legte Atatürk förmlich seine Uniform als Befehlshaber der 3. Armee ab. In Erzurum trafen sich unter seinem Vorsitz im Sommer 1919 neben Notabeln und Glaubensmännern vor allem die Kommandeure der wichtigsten verbliebenen Truppenteile wie etwa Kâzım Karabekir und Ali Fuad Cebesoy (1882–1968). Karabekir, der sich als zweiter Mann sah, war zweifellos die stärkste Persönlichkeit unter den Paschas, die in der Folge Gegenpositionen zu Atatürk vertraten. Später ließ er sich er sogar überreden, an die Spitze einer kurzlebigen Oppositionspartei zu treten. Zu den Beschlüssen von Erzurum gehörte die Untrennbarkeit der Ostprovinzen vom Rest des Reiches. Sämtliche Muslime seien Brüder und bildeten innerhalb der Waffenstillstandsgrenzen eine unteilbare Nation. Alle griechischen und armenischen Souveränitätsansprüche auf Gebiete innerhalb dieser Grenzen würden zurückgewiesen. Man respektiere zwar die Rechte der Christen, mache jedoch keine neuen Zugeständnisse. Zugleich warnten die in Erzurum VersammeltenIstanbul, dass man, falls die Regierung die Ostprovinzen vernachlässige oder aufgebe, eine vorübergehende Verwaltung etablieren werde. Im engsten Kreis eröffnete

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