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Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Titel: Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Osterhammel , Emily S. Rosenberg , Akira Iriye
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Waren wie Stahl, Aluminium und Gummi einen Schub erfuhr; der gigantische Handel mit Weizen stand in Verbindung mit der Entstehung von Terminmärkten, dem Managementkapitalismus, dem Eisenbahnbau, der Mechanisierung der Landwirtschaft, der Werbung – Innovationen, die auch alle anderen Bereiche des Wirtschaftslebens erfassten; die Verpackung der Getreidekörner beförderte den Anbau von Jute in Indien, von Hanf auf den Philippinen und von Sisal in Yucatán; die Warenströme, die sich mit den widerstreitenden Logiken von Imperium und dem Aufbau von Industriekonglomeraten verflochten, leisteten einen Beitrag zum Krieg und wurden ihrerseits von ihm geprägt; die sich beschleunigende Kommodifizierung veränderte die Ökosysteme, während die Naturgewalten umgekehrt die Warenketten modifizierten; und Werbung sowie Branding verwandelten alle möglichen Waren in neue Produkte wie Kräcker, Limonade und Instantkaffee.
    Für die Warenketten dieser Zeit gibt es kein simples Muster. Einige Waren wie Zucker wurden überall auf der Welt unter ganz unterschiedlichen Umständen und mit unterschiedlichen Auswirkungen angebaut. Andere wie Kaffee spielten eher an einzelnen Orten eine dominante Rolle (wie in den großen halbtropischen Gebieten Brasiliens). Einige – wie etwa in diesem Zeitraum der Tee – folgten den Routen formeller oder informeller Imperien; andere wie Kaffee richteten sich nach keinerlei Imperialgrenzen und zogen sogar Vorteile daraus, wenn sie außerhalb imperialer Gebilde blieben. Bei den meisten Waren änderten sich im Laufe der Zeit die Menschen und die Orte, welche die Preise und den Marktanteil bestimmten. An den entgegengesetzten Enden der Warenketten standen Arbeiter und Konsumenten – wobei die einen für die anderen jeweils kaum sichtbar waren. Getrennt waren beide zudem durch viele verschiedene gewinnbringende Verbindungen, die für die jeweils andere Gruppe ebenfalls nur schwer zu erkennen waren. So wussten beispielsweise unabhängige Kautschukzapfer in Brasilien oder die Zwangsarbeiter auf den Kautschukplantagen anderswo kaum etwas von der Welt, in der die Automobilbesitzer lebten, deren neue «Bedürfnisse» die Nachfrage nach Gummi sprunghaft ansteigen ließen, und keine der beiden Seiten verstand so recht die «Vermittlungsebenen» – Mittelsmänner, Transporteure, verarbeitendes Gewerbe, Werbebranche und Einzelhändler –, die ökonomisch und gesellschaftlich in dieser Zeit so wichtig wurden.
    Als sich die Glieder der Warenketten immer weiter über den Globus erstreckten, wurden immer mehr Güter zu finanzierten Markenwaren, die den Industrieländern, die in dieser Zeit einen Sprung nach vorn machten, wachsende Gewinne verschaffen konnten. Und als das Volumen von Welthandel und globaler Vermarktung deutlich zunahm und einige begünstigte Regionen prosperieren ließ, profitierten davon vor allem die Volkswirtschaften Europas und «Neu-Europas». Die Kontrolle über die weltwirtschaftliche Infrastruktur – Transport-, Kommunikations- und Finanzwesen, die immer mehr Ressourcen mobilisieren konnten – brachte denen riesige Gewinne, die die Systeme besaßen und verwalteten, und vertiefte die Kluft zwischen verschiedenen Weltgegenden und verschiedenen Bevölkerungsschichten. Topik und Wells zeigen, wie wertvoll der Einsatz von Warenketten war, und wollen damit die interaktiven Transformationen des hier in Rede stehenden Zeitraums sichtbar machen. Ihre Ausführungen lassen deutlich werden, wie sich die weltweite Zirkulation von Agrar- und Industrieprodukten zwischen 1870 und 1945 beschleunigte und Produktion und Konsum auf vielfältige Weise beeinflusste.
    Mein eigener Beitrag widmet sich den verschiedenen transnationalen soziokulturellen Strömungen – Ideen, Zugehörigkeiten und Bildern –, die in der vernetzten Welt dieser Epoche in Umlauf waren. Er zeigt, dass diese Strömungen nicht von Nationen und Imperien abgekoppelt waren und auch kein wie auch immer geartetes einheitliches Globalisierungsprojekt oder den Beginn einer evolutionären Phase jenseits von Nation und Imperium darstellten. Vielmehr waren sie eng mit den Themenfeldern der anderen Kapitel verwoben: Sie stärkten und unter gruben nationale und imperiale Strukturen; sie entstanden aus den Migrationen von Menschen und Waren und trugen ihrerseits zu diesen Mobilitäten bei.
    Mit Hilfe des Begriffs der «differenzierten Gemeinsamkeiten» versucht mein Beitrag die sowohl universalisierenden als auch differenzierenden Aspekte der

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