Geschichte des Kapitalismus
schnell durchsetzten, Völker unterwarfen, Beute in groÃem Stil machten und sich durch einen ständigen Zustrom von Sklaven, meist aus dem Bestand der geschlagenen Feinde, ergänzten. In wenigen Jahren (bis 632) wurde die arabische Halbinsel unterworfen, in zwei weiteren Jahrzehnten der Nahe und Mittlere Osten sowie Ãgypten und Libyen besetzt, und im späten 7. und frühen 8. Jahrhundert folgte die Einverleibung Nordwest-Indiens, des westlichen Nord-Afrika und der Iberischen Halbinsel.
Es war auf der Basis dieser Reichsbildung, dass persische und arabische Kaufleute und Händler, Reeder und Seefahrer, Karawanenbetreiber und Agenten aller Art die Handelswege durch den Eurasischen Kontinent und die groÃen Seehandelswege seit dem 8. Jahrhundert zu dominieren begannen und zugleich neue Handelsverbindungen erschlossen: nach Afrika, nach Südostasien und ins westliche Europa. Am wichtigsten blieb die groÃe West-Ost-Verbindung vom Mittelmeer über die arabischen Wüsten, den Persischen Golf und den Indischen Ozean nach Indien, Südostasien und China. In den groÃen Häfen, in denen Seide und Porzellan, Gold und Silber und allerlei Metalle, aber auch Leinenstoffe und Metallwaren, edle Hölzer, Gewürze und Ãle, Sklaven, Möbel und Schmuck und vieles andere umgeschlagen, gestapelt, gekauft und weiterverkauft wurden, befanden sich die dafür notwendigen Einrichtungen in den Händen von Persern und Arabern, die auch immer häufiger die Besatzungen der Schiffe stellten, die Karawanen leiteten und die nötigen Informationen bereitstellten. Offensichtlich bot das muslimisch geprägte Recht eine gute Basis, um gewerblich-kaufmännische Verträge abzuschlieÃen, Kredite aufzunehmen und Schulden einzutreiben. Es stellte die über Grenzen hinweg realisierbaren Regeln bereit, ohne die der ohnehin riskante Fernhandel rasch verfällt. Auf der Grundlage gemeinsamer Sprache, Religion und zum Teil auch Kultur entstanden Netzwerke arabischer Kaufleute, in denen trotz aller Konflikte, Konkurrenzen und Regel-Verletzungenauf ein Potential von Vertrauen zurückgegriffen werden konnte, um Unsicherheit zu reduzieren, Kooperation zu ermöglichen und damit Marktbeziehungen über groÃe Distanzen und heterogene Räume hinweg zu stiften.
Doch der Aufstieg des Handels wirkte auch nach innen. Entlang den Handelswegen sammelte sich Wohlstand. Zwar dominierten in der Fläche noch überall die Subsistenzwirtschaft und die Abschöpfung erarbeiteter Werte durch herrschaftliche, nicht-marktmäÃige Mittel. Aber die Einbindung vieler Orte und Regionen in die sich entwickelnden Marktbeziehungen führte zur Ausdifferenzierung der landwirtschaftlichen und gewerblichen Produkte. So kann man an Beispielen aus dem nordöstlichen Persien zwischen dem 7. und dem 11. Jahrhundert zeigen, dass sich einige Orte auf Damast oder Satin spezialisierten, andere dagegen auf die Verarbeitung von Fellen und Tierhäuten. Es gab dort Orte, die sich auf die Herstellung von Seife, Salben und Parfüm konzentrierten, andere auf Waffen, Metallgeschirr und Werkzeuge. Die handwerklich arbeitenden, aber in schwankende Preisentwicklungen einbezogenen Werkstätten beschäftigten auch Lohnarbeiter. Früchte, Rohrzucker, Gewürze und getrockneter Fisch gehörten zu den Produkten, mit denen sich spezialisierte Bauern auf überlokale Märkte wagten. Auf diese Weise wurde auch das Verhältnis zwischen Grundbesitzern, Pächtern und Sklaven/Arbeitern indirekt von sich verändernden Marktbeziehungen mitbestimmt. Zu all dem wurde die Hilfe von Händlern und Kaufleuten benötigt, auch wenn diese in der Regel noch nicht organisierend in die Produktion eingriffen.[ 23 ]
Das Kapital der Kaufleute stammte
teilweise
aus den groÃen Vermögen, die aus den vorangehenden Eroberungen und Raubzügen entstanden waren: ein Beispiel für gewaltsame «ursprüngliche Akkumulation», wie sie nicht selten an der Wiege des Kapitalismus stand. Familienbeziehungen mochten den Zugang zu Ressourcen aus dem Bereich der grundbesitzenden Eliten eröffnen. Geschäftspartnerschaften waren möglich und wurden für die Finanzierung und die Risikoverteilung in groÃen Unternehmungen genutzt, jedoch meistens nur für begrenzteZeit (z.B. ein oder zwei Jahre), bis das jeweilige Unternehmen, beispielsweise eine groÃe Einkaufs- und Verkaufsreise per Schiff, beendet war. Die
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