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Geschichte des Kapitalismus

Geschichte des Kapitalismus

Titel: Geschichte des Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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wie Nowgorod, Bergen, London und Brügge. Die Kaufleute der Hanse schlossen sich gern zu zweit auf mehrere Jahre zu kleinen Handelsgesellschaften zusammen und teilten sich den oftmals hohen Gewinn – man spricht für das 14. und 15. Jahrhundert von einer jährlichen Rendite von 15–20 %, nach Maßgabe des eingezahlten Kapitals. Die meisten Kaufleute gehörten mehreren solchen Handelsgesellschaften an, schon um die im Seehandel hohen Risiken zu streuen. Oft schlossen sich Verwandte zusammen, die an verschiedenen Orten tätig waren. Die Methoden der Buchführung waren einfach. Die Kaufleute fungierten zugleich als ihre eigenen Bankiers und Wechsler. Kauf und Verkauf auf Kredit war die Regel, man bediente sich des bargeldlosen Geldverkehrs durch Wechsel (Eigenwechsel und Tratten). Die Kreditwürdigkeit war für den kaufmännischen Erfolg essentiell, man beobachtete sich gegenseitig und kontrollierte sich indirekt so, wenngleich jeder den Stand seines Geschäfts als Geheimnis hütete. Diese Form des Kaufmannskapitalismus blieb noch genossenschaftlich überformt und in eine enge Verbindung von Wirtschaft und Politik eingespannt. Nicht nur bestanden gemeinsame Einrichtungen, die wie die Kontore Aufgaben für die Kaufleute kollektiv wahrnahmen. Vielmehr wurden wichtige strategische Entscheidungen nicht nur von den einzelnen Kaufleuten jeweils für sich, sondern in den (nicht selten von Kaufleuten dominierten) Ratsversammlungen und Regierungen der beteiligten Städte getroffen und auf den unregelmäßig stattfindenden Hansetagen diskutiert. Der lange währende Erfolg der Hanse basierte ebenso sehr auf der korporativen, Privilegien suchenden und vergebenden, auch kriegerische Auseinandersetzungen nicht scheuenden Politik der Städte wie auf der Wahrnehmung von Marktchancen durch die einzelnen Handelsunternehmer.
    Eine insgesamt dynamischere und zukunftsträchtigere Variante des Kaufmannskapitalismus wurde zwischen dem 12. und dem 15. Jahrhundert in den oberitalienischen Städten (vor allem Venedig, Pisa, Genua und Florenz) und in den oberdeutschen Städten (vor allem Nürnberg und Augsburg) entwickelt, und zwar ebenfalls vor allem im Fernhandelsgeschäft. Dazubrauchte man Methoden, um große Entfernungen zu überbrücken, wenn möglich ohne Säcke von Münzen zu transportieren. Die Projekte – etwa mehrere Monate, oft zwischen einem und zwei Jahren dauernde Schiffsreisen in entfernte Häfen, mit mehreren Zwischenstationen und mehrfachem Umschlag jeweils neuer und anderer Waren – wurden größer und erforderten mehr Kapital. Das Geschäft auf der Basis von Vorschüssen und Krediten war in Venedig schon im 12. Jahrhundert die Regel, zum Teil auf der Basis sehr hoher Zinsen (20–40 % Mitte des 12. Jahrhunderts, in einigen Fällen). Das Bedürfnis zur Risikominderung war immens. Mehrere Kaufleute und stille Geldgeber taten sich zusammen und formten Gesellschaften auf Zeit. Die allermeisten betrieben Geschäfte in verschiedenen Sparten zugleich, mit verschiedenen Artikeln und Funktionen, für Spezialisierung bestand weder Raum noch Anreiz. Oft arbeitete ein Kaufmann mit mehreren Schiffen, während in anderen Fällen mehrere Kapitalbesitzer gemeinsam ein Schiff betrieben. Man strebte nach Profit, um das Kapital zu vermehren. Ein großer Teil des erforderlichen Kapitals wurde im Handel selbst generiert, aber große Summen flossen aus politisch, auch gewaltsam angeeigneten oder in der Landwirtschaft erzielten Vermögen ein. Große, ja riesige Reichtümer wurden akkumuliert, zunächst (im 12. Jahrhundert) nur im Rahmen einzelner Lebensläufe, später im Generationswechsel der Familie vererbt und noch später mit dem Ziel einer generationenübergreifenden Firma akkumuliert. Romano Mairano, ein aus kleinen Verhältnissen stammender, ungemein erfolgreicher Reeder, Kaufmann und Geldverleiher in Venedig zwischen 1150 und 1200 schenkte, was von seinem Vermögen am Ende übrig blieb, dem Kloster «San Zaccaria» (wo auch seine hinterlassenen Papiere die Jahrhunderte überdauerten). Das Vermögen der Medici in Florenz bewegte sich zwar in extremen Sprüngen mit den Zeitläuften auf und nieder, wurde aber von Generation zu Generation weitergegeben. Die Fugger in Augsburg bemühten sich erfolgreich um die Gründung eines «Hauses», das, eindeutig familienbezogen, die

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