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Geschichte des Kapitalismus

Geschichte des Kapitalismus

Titel: Geschichte des Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Demonetarisierung und Reagrarisierung. Die Handelsbeziehungen, die einstmals von der Ostsee bis China gereicht hatten, zerrissen, Städte und Handelsplätze verkümmerten, die Landstraßen verödeten. Im Großen und Ganzen herrschten nun Hauswirtschaft und Selbstversorgung vor, wenngleich beispielsweise die Klöster oft viel mehr produzierten, als sie selbst verbrauchten, den Überschuss mit Gewinn zu verkaufen suchten, Kapital sammelten und Vorschüsse vergaben – ohne Zins, aber nicht ohne nutzbringende Sicherheiten. Der Handel war weitgehend aufs Lokale beschränkt, obwohl an den Küsten der Seehandel nie ganz abbrach und am Mittelmeer römische Traditionen überlebten.
    Kapitalistische Praktiken setzten sich auch im mittelalterlichen Europa vor allem im Fernhandel durch. Zwischen dem 12. und dem 15. Jahrhundert erstreckte sich der bis dahin eher sporadische Handelsverkehr zwischen Europa und Asien mit zunehmender Dichte und Regelmäßigkeit von den norditalienischen, südfranzösischen und katalonischen Küstenstädten nach Ägypten, Palästina, Syrien und Byzanz und von dort weiter nach Osten.[ 26 ] Die Kreuzzüge des 12. Jahrhunderts, die teilweise Raubzüge waren, haben den West-Ost-Handel einerseits gestört, andererseits kräftig angekurbelt. Führend waren lange die Reeder, Kaufleute und Schiffskapitäne von Venedig, Genua und etwas später Florenz zusammen mit Pisa und Livorno, von wo Schiffe sehr bald auch durch die Meerenge von Gibraltar nach Frankreich, Flandern und England geschickt wurden. Eine andere wichtige Handelsstraße verlief durch die Meere im Norden und verband Russland, Polen und Skandinavien mit Flandern, Brabant und England. Doch entwickelten sich auch regelmäßig benutzte und zunehmend ausgebaute Handelswege über Land: so die Alpenübergänge von Italien nach Oberdeutschland und weiter nach Norden, mit Fortsetzung auf der Rhein-Straße, die von Basel bis in die Niederlande führte, wo Anschluss über die See nach England bestand; und die Verbindungen, die zwischen diesen Handelsgebieten durch den Besuch regelmäßiger Messenseit der Mitte des 12. Jahrhunderts (zunächst in der Champagne) entstanden.
    Die Kaufleute, die diesen Fernhandel betrieben, folgten nicht nur kapitalistischen Grundsätzen. Vielmehr entwickelten sie, im Bemühen um die Reduzierung der erheblichen, mit langen Reisen über große Entfernungen verbundenen Risiken, genossenschaftliche Lösungen. Zur Reise über Land schlossen sie sich zu Karawanen zusammen, und ihre Schiffe schickten sie in Flotten los, nicht selten 50 bis 100, durchaus bewaffnet, um sich gegen Überfälle von Räubern und Piraten (manchmal auch von Konkurrenten!) zu schützen. In einer Zeit verbreiteten Misstrauens gegenüber Fremden und schwacher Staatlichkeit blieben reisende Kaufleute gleicher landsmannschaftlicher oder ethnischer Herkunft oft auch an den Zielorten in enger Verbindung und lebten dort gar, meist vorübergehend, getrennt von der einheimischen Bevölkerung in Faktoreien, Logen, Kontoren oder speziellen Stadtvierteln, oft mit separater Selbstverwaltung und eigener Gerichtsbarkeit: dies auf der Grundlage von Privilegien, die sie von der jeweiligen Obrigkeit für Gegenleistungen erworben hatten. In der Regel handelte es sich dabei um vorübergehende Verbindungen hoch mobiler Personen, jedoch konnten sie sich auch zu langfristigen Zusammenschlüssen weiter entwickeln. Das bekannteste Beispiel ist die Hanse.[ 27 ]
    Zunächst ein Zusammenschluss fahrender Kaufleute mit gemeinsamer Herkunft aus bestimmten, meist norddeutschen Städten und
zugleich
ein mächtiges, wenn auch locker gefügtes Bündnis von zeitweise mehr als fünfzig Städten, bestimmte die «Deutsche Hanse» vom 13. bis zum 16. Jahrhundert Schifffahrt, Handel und Politik im Nord- und Ostseeraum. Man handelte mit Luxusgütern wie Gewürzen und Bernstein, aber auch mit Massengütern des täglichen Verbrauchs für breite Käuferschichten, darunter Wolle, Tuch, Pelze und Felle, Fisch, Salz und Getreide, Holz und Metallwaren. Hafenstädte wie Lübeck, Hamburg, Stettin, Danzig, Bremen, Wismar und Rostock stellten die Vororte dar, aber Städte im Binnenland wie Köln, Magdeburg und Braunschweig gehörten dem Bund ebenfalls an. Der besaß außerdem Stützpunkte (sogenannte «Kontore») an so diversenPlätzen

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