Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Kapitalismus

Geschichte des Kapitalismus

Titel: Geschichte des Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
rechtlichen Voraussetzungen dafür bestanden, auch für Beteiligungsformen, die später in Europa mit dem Begriff «Commenda» bezeichnet wurden.
Teilweise
ergab sich das nötige Kapital aus der Reinvestition von Profiten, die zuvor durch Handel erzielt worden waren.
Schließlich
nahm man Kredite auf.
    Es war in diesen islamisch geprägten Gesellschaften möglich und häufig, Geld mit Gewinn zu verleihen, und auch auf diese Weise das eigene Kapital «fruchtbar zu machen», arbeiten zu lassen – diese Vorstellung bestand. Das im Koran und im Alten Testament wie im Talmud verankerte Zinsverbot ließ sich umgehen. Einerseits bezog es sich nicht auf «Fremde»: Juden und Christen waren deshalb in der frühen islamischen Welt zum Geld- und Kredithandel prädestiniert (so wie die Juden und Araber im christlichen Abendland später). Andererseits gab es schon seit dem frühen 9. Jahrhundert eine spezielle Ratgeberliteratur, die öffentlich die Tricks erläuterte, mit denen das Zinsverbot zu umgehen war. In Arabien wurden avancierte Kreditinstrumente entwickelt, Schecks und Wechsel kamen schon vor dem Jahrtausendwechsel in Gebrauch. Schecks konnten auch über Distanzen übertragen, wenngleich wohl noch nicht richtig gehandelt werden. Das waren Techniken, die in Europa erst seit dem 12. und 13. Jahrhundert eingesetzt wurden.[ 24 ]
    Der Islam nahm von Anfang an eine positive Haltung gegenüber dem Handel ein. Kaum ein islamischer Denker scheint das Gewinnstreben als solches als unmoralisch oder schädlich für den Glauben zurückgewiesen zu haben. Auch die für das frühe Christentum typische Reichtumskritik fehlte. Einflussreiche muslimische Gelehrte des 11. und 12. Jahrhunderts, so die Perser Ghazali und at-Tusi, betrachteten den Markt nicht primär als Ort der Konkurrenz oder des Kampfes, sondern als Ort der Kooperation und der Erweiterung gegenseitiger Hilfe via Arbeitsteilung und Tausch, ein wenig wie Adam Smith im 18. Jahrhundert. Staatlichen Eingriffen in die Preisbildung wurde die Legitimität abgesprochen, dabei berief man sich auf das Beispieldes Propheten. Unverschnörkelt und ohne Kritik stellte Ibn Chaldun, der arabische Historiker des 14. Jahrhunderts, fest, dass es Sache des Handels sei, Gewinn zu erzielen und Kapital zu akkumulieren, «durch Einkauf zu niedrigem und Verkauf zu hohem Preis, ganz gleich, ob es sich bei den Waren um Sklaven, Getreide, Tiere, Waffen oder Kleidung handelt». Im 11. Jahrhundert arbeitete die Literatur Qualifikationen der unterschiedlichen Kaufmannstypen heraus: dazu gehörten die Fähigkeit zur Prognose künftiger Preisentwicklungen, Kenntnisse über die Währungs- und Preisverhältnisse in anderen Ländern und der Zugang zu verlässlichen Mittelspersonen und Lagerhäusern, um günstige Verkaufsbedingungen finden und abwarten zu können. Der Kaufmann genoss gesellschaftliche Anerkennung, er besaß sogar das Zeug, wie Sindbad der Seefahrer, zum fiktionalen Helden der volkstümlichen Geschichtenerzähler zu werden. In den beiden letzten Jahrhunderten des ersten Jahrtausends entstand in einigen Teilen Arabiens ansatzweise eine kaufmannskapitalistische Bourgeoisie, deutlicher als irgendwo sonst auf der damaligen Welt. Doch an der von traditionellen Eliten, adligen Großgrundbesitzern und militärischen Führern ausgeübten politischen Macht nahmen die Kaufmannskapitalisten keinen Anteil. Die zeitweise und in Ansätzen entstehende Bourgeoisie herrschte nicht. Die arabischen Kaufleute blieben vom Staat weiter entfernt als die chinesischen – und die europäischen.[ 25 ]
3. Europa: dynamischer Nachzügler
    Im globalgeschichtlichen Vergleich entwickelte sich der Handelskapitalismus im mittelalterlichen Europa relativ spät, dann aber anders als in Asien. Mit dem politischen Zusammenbruch des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert und in den Instabilitäten der Völkerwanderungszeit war das wirtschaftliche Leben desintegriert und damit auch all das zusammengebrochen, was in der Antike an Kapitalismus entstanden war: ein Beispiel für den engen Zusammenhang zwischen Staats- und Marktbildung, diesmal ex negativo. Es kam in den vom Römischen Reich beherrschten und beeinflussten Teilen Europas (ausgenommendas östliche Mittelmeergebiet, das zum weiterhin bestehenden Oströmischen Reich gehörte) zur Rückentwicklung der Marktwirtschrift,

Weitere Kostenlose Bücher