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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Forderungen der Schleswig-Holsteiner vortragen sollte. Die Führer der Nationalliberalen aber wollten handeln und vollendete Tatsachen schaffen, ehe die Abgesandten der Schleswig-Holsteiner in Kopenhagen eingetroffen waren.
    Am Tag nach der Versammlung im «Casino», dem 21. März, begab sich eine große Abordnung zum Schloß Christiansborg, um dem König die Adresse zu überreichen. Dieser hatte inzwischen den Ernst der Lage erkannt. Um einer Revolution zuvorzukommen, stellte sich Friedrich VII. nunmehr voll und ganz auf den Boden der dänischen Nationalbewegung. Noch am 21. März entließ er die alte Regierung und ersetzte sie durch eine neue, in der auch die Führer der Nationalliberalen, an ihrer Spitze der Rechtsanwalt Orla Lehmann, vertreten waren. Der Kabinettswechsel bedeutete nicht mehr und nicht weniger als das Ende der absoluten Monarchie in Dänemark und einen Pakt zwischen Königtum und Nationalismus.
    Mit dem historischen Recht war die Forderung nach der Annexion Schleswigs nicht zu vereinbaren. Der Vertrag von Ripen aus dem Jahr 1460 sah vor, daß die Herzogtümer Schleswig und Holstein für immer zusammen und ungeteilt bleiben sollten. Von den Deutschen in den beiden Herzogtümern, vor allem in Holstein, das, anders als Schleswig, zum Deutschen Bund und vollständig zum deutschen Sprachgebiet gehörte, wurde sofort energisch gegen den Bruch des alten Rechts protestiert, besonders wirkungsvoll von den Provinzialständen in Rendsburg am 17. Februar, die der Gesamtstaatsverfassung eine klare Absage erteilten. In ganz Deutschland ergriffen wie schon 1846 die Liberalen und Demokraten die Partei der Schleswig-Holsteiner und verlangten vom Deutschen Bund und den deutschen Regierungen eine Zurückweisung der dänischen Absichten.
    König Friedrich VII. ließ sich von dem Widerspruch aus Schleswig-Holstein und Deutschland nicht beeindrucken. Am 24. März 1848 verfügte er, entsprechend einem Beschluß der neuen Regierung vom Vortag, die Einverleibung von ganz Schleswig in das Königreich Dänemark. Am gleichen Tag wurde von deutscher Seite in Kiel eine Provisorische Regierung für Schleswig-Holstein gebildet. Seitdem lag Krieg in der Luft – und das zu einer Zeit, als auch Deutschland von jener revolutionären Welle ergriffen wurde, deren erster Vorbote der Umsturz in Palermo vom Januar 1848 gewesen war.[ 85 ]
    Das Ende der Julimonarchie
    Der Ausgang der Orient- und der Rheinkrise von 1840 hatte in Frankreich ein verbreitetes Gefühl nationaler Zweitrangigkeit hinterlassen, das dem Ansehen des Julikönigtums schweren Schaden zufügte. Nichts lag in dieser Situation näher als der Versuch, die diplomatische Scharte von 1840 durch prestigeträchtige Erfolge in anderen Weltregionen auszuwetzen. Vergleichsweise mühelos gelang das 1842 durch die Einrichtung eines französischen Protektorats über Tahiti, die größte der Gesellschaftsinseln in der Südsee. Sehr viel schwieriger war es, der Herausforderung Herr zu werden, vor die sich Frankreich in Nordafrika durch den arabischen Rebellenführer Abd el-Kader gestellt sah. Dieser hatte seit 1832 Marokko unter seine Kontrolle gebracht und den Franzosen in Algerien einige empfindliche Schläge versetzt. Im Mai 1843 gelang es zwar dem Herzog von Aumale, dem Sohn Louis Philippes, die Smala, den Zelthofstaat der Aufständischen, einzunehmen, und im August des folgenden Jahres schlug General Bugeaud, seit 1840 Generalgouverneur von Algerien, die Marokkaner in Wadi Isly. Doch der blutige Guerillakrieg ging weiter. Erst Ende Dezember 1847 mußte sich Abd el-Kader den überlegenen französischen Verbänden unter General Lamoricière ergeben. Bis Algerien der militärischen Herrschaft Frankreichs unterworfen war, vergingen danach noch mehr als zwei Jahrzehnte.
    Vor 1840 hatte Frankreich nur einen schmalen Küstenstreifen mit den Hafenstädten Algier und Oran erobert. Generalgouverneur Bugeaud, der 1834 in Paris im Auftrag der Regierung ein Massaker unter den aufständischen Republikanern angerichtet hatte, hielt es angesichts des anhaltenden Widerstands der einheimischen Bevölkerung für unabdingbar, das ganze Land unter französische Kontrolle zu bringen. Seine Strategie war die der verbrannten Erde oder, anders gewendet, des totalen Krieges. Wie bei der Niederwerfung der gegenrevolutionären Erhebung in der Vendée ein halbes Jahrhundert zuvor wurden Dörfer niedergebrannt, die Ernte und das Saatgut vernichtet, das Vieh konfisziert oder geschlachtet. Am Anfang der

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